Goggia wieder Abfahrtssiegerin, Österreicherinnen nicht unter den Vorderen
Italiens Speed-Queen Sofia Goggia ließ sich am Sonntag vom Trainingssturz, verzögertem Rennbeginn und schlechter Sicht bei Schneetreiben nicht beeindrucken und gewann in Crans-Montana vor Federica Brignone (ITA/+0,15) und Laura Gauché (FRA/+0,43). Die bei der WM so starken ÖSV-Frauen konnten nicht um die vorderen Plätze mitreden, Mirjam Puchner war als Zehnte (+0,78) noch die beste.
Ort der schlimmen Stürze
Das Sportliche rückte bei so mancher Österreicherin in den Hintergrund. Am Ort ihrer schlimmen Stürze fanden die WM-Medaillengewinnerinnen Nina Ortlieb (27./+1,97) und Cornelia Hütter (31./+2,30) nicht die notwendige Überwindung, die es für ganz vorne braucht. Aus Hütter brach es danach im Zielraum heraus. "Für mich war die ganze Woche schon schwierig. Ich habe versucht, das Ganze auszublenden", sagte Hütter und ließ rasch erkennen, dass ihr das nicht gelungen war. "Es war mehr Traumabewältigung", sagte die Steirerin im ORF mit Tränen in den Augen.
Hütter hat mit den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas zu kämpfen, das sie sich im März 2022 in Crans-Montana zugezogen hatte, als sie beim Zielsprung der Abfahrt schwer gestürzt war. Immer wieder muss sie Trainings streichen, weil Kopfschmerzen akut werden. Von der verhängnisvollen Woche hat sie Gedächtnislücken. "Ich habe den Sturz vor Crans-Montana extrem gut ausblenden können, es hat mich nicht belastet. Jetzt bin ich zurück gekommen, und auf einmal war es wieder da." Das Rennen, das durch die Wetter- und Pistenbedingungen noch schwieriger wurde, nahm Hütter trotzdem in Angriff. "Ich habe gewusst, ich muss mich dem stellen, kann keinen Rückzug machen. Schnell war es nicht, aber ... ich habe es probiert."
Abfahrt verschoben
Nachdem am Vortag die Abfahrt abgesagt wurde, klappte die Durchführung am Sonntag - mit halbstündiger Verspätung. Wieder sorgte Nebel und diesmal auch Schneefall für eine Geduldsprobe bei den Läuferinnen. Bei (noch) schlechter Bodensicht und fortgesetztem Schneefall demonstrierte Goggia wieder einmal ihre mentale Widerstandsfähigkeit mit der wildesten Fahrt im Feld.
Die Vollgas-Pilotin war erst am Freitag im einzigen Training gestürzt. "Es war nicht leicht, den Zugang für das Rennen zu finden. Aber ich habe die anderen Athletinnen viel studiert", sagte die Abfahrtsdominatorin, die bei der WM in Méribel überraschend ohne Medaille geblieben war. "Man muss das Vertrauen haben, es war heute keine Frage der Linie." Erst spät war ihr 22. Weltcupsieg, ihr dritter im Wallis, in trockenen Tüchern, weil die Verhältnisse sukzessiv besser wurden. Goggias Teamkollegin Brignone und Gauche waren die Nutznießer.
"Ich habe mich richtig schlecht gefühlt"
Die Top-Asse unter den Österreicherinnen waren da schon alle im Ziel. "Ich habe mich richtig schlecht gefühlt unter dem Fahren", sagte die zehntplatzierte Puchner, die im Gleitstück wieder einmal die Schnellste war. "Es ist nach wie vor die gleiche Baustelle", sprach die Salzburgerin für sich und stellvertretend für das Team. "Wir tun uns bei schlechter Sicht einfach schwer, St. Moritz war zum Beispiel auch so ein Rennen."
Ortlieb hatte keine Widerworte. "Ich habe das Vertrauen nicht gefunden, das Bodenlicht war extrem flach. Ich habe das Falsche gemacht, statt dass ich noch aggressiver werden, war ich hinten drauf", sagte die Vize-Weltmeisterin. "Die Sicht war die größte Challenge."
Christina Ager wurde 15. ("Ein cooles Rennen, ich freu' mich") und Ariane Rädler 18. Stephanie Venier (28.), Nadine Fest (36.) und Ramona Siebenhofer (42.) landeten wie Hütter und Ortlieb im Feld der Abgeschlagenen. Weltmeisterin Jasmine Flury (SUI) rangierte als 17. ebenfalls unter ferner liefen. Goggia ist die kleine Kristallkugel bei den noch zwei ausstehenden Abfahrten und 179 Punkten Vorsprung auf Ilka Stuhec (Tages-9.) kaum mehr zu nehmen.
Der Weltcup-Tross zieht nun nach Norwegen weiter. In Kvitfjell stehen zwei Super-G und eine Abfahrt am Programm. Auch die überlegen Führende des Gesamtweltcups, Mikaela Shiffrin, wird dort wieder einsteigen.
Zusammenfassung
- Sofia Goggia hat der WM-Enttäuschung mit ihrem fünften Abfahrtssieg der Saison gekontert.
- Italiens Speed-Queen ließ sich am Sonntag vom Trainingssturz, verzögertem Rennbeginn und schlechter Sicht bei Schneetreiben nicht beeindrucken und gewann in Crans-Montana vor Federica Brignone und Laura Gauché.
- Bei den Österreicherinnen stand das Sportliche nicht im Fokus.