Ex-Judoka Seisenbacher könnte enthaftet werden
Der wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu einer fast fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilte zweifache Judo-Olympiasieger Peter Seisenbacher könnte demnächst auf freien Fuß kommen. Der mittlerweile 62-Jährige hat mit kommender Woche zwei Drittel seiner Strafe verbüßt. Damit ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich das zuständige Vollzugsgericht mit seiner bedingten Entlassung auseinandersetzen muss.
Zwei Drittel der Strafe abgesessen
Das österreichische Strafrecht sieht vor, dass ein Häftling grundsätzlich spätestens nach zwei Dritteln der über ihn verhängten Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen wird, es sei denn, so genannte besondere Gründe lassen befürchten, dass er wieder straffällig wird. Die bedingte Entlassung wird mit einer Probezeit von einem bis zu drei Jahren verknüpft, während dieser sich der Betroffene wohl zu verhalten und allfällige gerichtliche Weisungen zu befolgen hat. Verstößt er gegen Auflagen oder tritt er gar wieder strafrechtlich in Erscheinung, kann die bedingte Entlassung widerrufen werden. Dann geht es wieder zurück ins Gefängnis, um die Reststrafe abzusitzen.
Prozedere im Laufen
Im Fall Seisenbacher ist das Grazer Landesgericht für Strafsachen für die bedingte Entlassung zuständig. Grund: Peter Seisenbacher, den das Wiener Landesgericht für Strafsachen im Dezember 2019 in sämtlichen Anklagepunkten für schuldig befunden und zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte - das Oberlandesgericht (OLG) Wien reduzierte die Strafe später um zwei Monate - verbüßt seine Strafe in der Justizanstalt Graz-Karlau. Das Prozedere hinsichtlich einer allfälligen bedingten Entlassung ist bereits im Laufen, wie die Sprecherin des Grazer Landesgerichts, Barbara Schwarz, auf APA-Anfrage mitteilte: "Der Akt befindet sich in Bearbeitung. Wir warten noch auf diverse Stellungnahmen. Es wurde auch ein psychologischer Sachverständiger für die Prognose-Begutachtung bestellt."
Mehrmaliger Missbrauch von Minderjährigen
Den gerichtlichen Feststellungen zufolge hatte das einst gefeierte Sportidol erstmals 1997 ein Kind körperlich bedrängt. Die Betroffene war damals neun Jahre alt. Von 1999 an kam es zu geschlechtlichen Handlungen, die sich bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres der Betroffenen wiederholten.
Ab Sommer 2004 machte sich der Ex-Judoka an ein damals 13 Jahre altes Mädchen heran, das er ebenfalls als Trainer in der Kindergruppe in seinem Judo-Verein betreute. Auch mit diesem Mädchen kam es zu sexuellen Handlungen. Zuvor hatte Seisenbacher auf einem Judo-Sommerlager im August 2001 versucht, einer damals 16-Jährigen näher zu kommen. Die 16-Jährige wehrte ihn ab, dieser Vorgang wurde daher von der Justiz als versuchter Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses qualifiziert.
Ehemaliges Idol
Nicht nur die Judo-Szene, auch weite Teile der Öffentlichkeit hatten ungläubig reagiert, als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Wien 2013 gegen Seisenbacher Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen aufgenommen hatte. Der Olympiasieger von 1984 in Los Angeles, der vier Jahre später in Seoul seinen Titel erfolgreich verteidigte, war nach dem Ende seiner aktiven Karriere für viele ein Idol geblieben. 1996 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Er gründete in Wien einen eigenen Judo-Verein, wo es zu Missbrauchshandlungen kam, über die nicht mehr berichtet werden darf, da es sich um gerichtlich abgetane strafbare Handlungen handelt. Die Betroffenen waren zwei in den jeweiligen Tatzeiträumen noch unmündige Mädchen.
Seisenbacher hatte sich dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zu entziehen versucht, indem er sich Ende 2016 in die Ukraine absetzte. Er wurde im August 2017 in einer Wohnung in Kiew festgenommen. Erst im September 2019 wurde er ausgeliefert und an die Wiener Justiz übergeben, wo er in U-Haft genommen wurde. Die in der Ukraine verbrachte Zeit in Haft sowie die U-Haft in Wien wurden Seisenbacher auf die fünfjährige Freiheitsstrafe angerechnet.
Zusammenfassung
- Der wegen Kindesmissbrauchs verurteilte zweifache Olympiasieger hat zwei Drittel seiner Strafe verbüßt, das Grazer Landesgericht entscheidet "in zwei, drei Wochen" über eine bedingte Entlassung.
- Seisenbacher war wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu einer fast fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.