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Wolfgang Sobotka zieht sich aus Politik zurück

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird im Herbst nicht mehr zur Wahl antreten. Sein Politik-Rückzug kam für die Bundes-ÖVP angeblich überraschend.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird bei der Nationalratswahl im Herbst auf keinem Wahlzettel mehr zu finden sein. Das bestätigte sein Sprecher gegenüber PULS 24. 

Eigentlich sei es mit der Bundespartei abgesprochen gewesen, dass er noch auf der Bundesliste stehen werde, berichtete zuvor der "Kurier". Den Rückzug habe der 68-Jährige nach einem Gespräch mit seiner Familie entschieden, hieß es. In seiner Heimat Niederösterreich sollte Sobotka ohnehin nicht mehr auf der Liste stehen - das verkündete Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bereits im Februar.

Ende der politischen Karriere

Nun strebe der umstrittene Politiker gar kein politisches Amt mehr an. Auf seinem aktuellen Posten verbleibe er aber bis nach der anstehenden Wahl. "Bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments nach der Wahl werde ich mit vollem Einsatz weiterarbeiten", so Sobotka zum "Kurier". 

Warum genau er sich zurückzieht, ist nicht bekannt. Laut "Kurier" seien dafür aber nicht die Kritik der Opposition, die schlechten Vertrauenswerte in der Bevölkerung oder gar die Rücktrittsaufforderungen verantwortlich. "Ich wollte immer selbstbestimmt aus der Politik ausscheiden und nicht darauf warten, dass andere mir sagen, ich soll gehen", wird er zitiert. 

Viel kritisierter Nationalratspräsident

Immer wieder stand Sobotka in der Kritik. Auch im APA/OGM-Vertrauensindex lag Sobotka zuletzt immer auf dem letzten Platz, wie auch im Mai. Die Gründe dafür dürften wohl vor allem in den Diskussionen um Sobotkas Vorsitzführung im Ibiza- und ÖVP-U-Ausschuss liegen.

Die Opposition warf dem Präsidenten von Anfang an Befangenheit vor. Vorgehalten wurde ihm auch, dass er sich in der Zeit der türkis-blauen Regierung mehrfach mit Novomatic-nahen Personen getroffen habe. In den aktuellen U-Ausschüssen ließ sich Sobotka als Vorsitzender vertreten.

Wegen strafrechtlicher Vorwürfe wurde im Dezember auch die Immunität von Sobotka aufgehoben, damit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen aufnehmen kann. 

In der Sache geht es um eine Steuer-Causa, in der der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid belastenden Schriftverkehr vorgelegt haben soll. Laut Schmids Darstellung soll Sobotka bei einer steuerlichen Prüfung der (mittlerweile aufgelösten) Erwin-Pröll-Stiftung bei ihm interveniert haben. Der Nationalratspräsident bestreitet das.

Tonbandaufnahmen belasten Sobotka

Im vergangenen Herbst belasteten Tonaufnahmen des verstorbenen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek den Nationalratspräsidenten. Immer habe Wolfgang Sobotka versucht, bei Pilnacek zu intervenieren und ihn dazu zu bringen, im Sinne der ÖVP Ermittlungen einzustellen und zu beeinflussen. Das zumindest behauptete der inzwischen verstorbene Christian Pilnacek in geheimen Tonbandaufnahmen.

Die ÖVP sprach in diesem Zusammenhang von einer "Skandalisierungskampagne" und stritt die Vorwürfe stets ab. 

Video: Pilnacek-Tape - Opposition fordert Sobotka-Rücktritt

In Erinnerung bleiben wohl auch Sobotkas Aussagen in einem Interview Ende 2020. Angesprochen auf Inserate des Glücksspielkonzerns Novomatic in einer Zeitschrift des Alois-Mock-Instituts meinte er damals: "Sie kennen das Geschäft. Fürs Inserat gibt's ein Gegengeschäft, natürlich. Das wird man wohl machen dürfen, wenn man einen Thinktank hat."

Goldener Flügel im Parlament

Zuletzt schloss Sobotka als Nationalratsprädient ein Prestige-Projekt - den Umbau des Parlaments - ab. Vor allem die Anmietung eines vergoldeten Klaviers, das im Parlament aufgestellt wurde, brachte die Opposition gegen ihn auf. 

APA/HANS KLAUS TECHT

Die Klavier-Anmietung im Hohen Haus ist vermutlich auch Sobotkas musischer Seite geschuldet: Neben einer Tätigkeit als AHS-Lehrer war Sobotka auch Pädagoge und letztlich Leiter der Musikschule in Waidhofen/Ybbs. Bis heute schwingt er gerne den Dirigentenstab. Das zweite bekannte Hobby Sobotkas ist die Gärtnerei. Im "Kurier" sagte Sobotka, dass er aber ein politischer Mensch" bleiben werde.

ribbon Zusammenfassung
  • Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird im Herbst nicht mehr zur Wahl antreten.
  • Sein Politik-Rückzug kam für die ÖVP angeblich überraschend.
  • Warum genau er sich zurückzieht, ist nicht bekannt. Laut "Kurier" seien dafür aber nicht die Kritik der Opposition, die schlechten Vertrauenswerte in der Bevölkerung oder gar die Rücktrittsaufforderungen verantwortlich.