Zunehmend schwarze Unterstützung für Anzengruber
Willi sah am Montag seine Chance auf eine Wiederwahl "Fifty-fifty", wie er im APA-Gespräch sagte. Der Bürgermeister äußerte zudem eine deutliche Präferenz für eine "Mitte-Links"-Dreierkoalition mit Anzengruber und der SPÖ. "Das ist durchaus naheliegend", meinte der Stadtchef zu einer solchen Konstellation, die im Gemeinderat auf eine komfortable Mehrheit von 22 von insgesamt 40 Mandaten kommt und fünf von sieben Stadtsenatsmitgliedern aufweisen würde, sollte die Stadtsenatsgröße dieselbe bleiben. Entscheiden über Koalitionsfragen wolle er aber erst nach der Stichwahl, betonte Willi, der Innsbruck seit dem Jahr 2018 regiert. Schließlich komme dem Bürgermeister laut dem Stadtrecht eine "entscheidende Rolle" zu.
Wie Willi ortete auch Anzengruber ein Rennen mit ungewissem Ausgang: "Es ist alles offen." In puncto Koalitionen ließ er sich indes nicht in die Karten schauen. Weder wollte er gegenüber der APA eine Präferenz für Willis offenbarer Lieblingsvariante abgeben noch für eine solche rechts der Mitte, die aus seiner Liste, dem "Neuen Innsbruck" von Florian Tursky, der FPÖ sowie der Liste Fritz bestehen könnte bzw. würde. Eine solche Konstellation würde über 21 Mandate im Gemeinderat sowie vier Stadtsenatssitze verfügen. "Wir werden mit jedem reden, der konstruktiv für die Sache einsteht und für die Innsbrucker arbeiten will."
Zwei Wochen vor der Stichwahl beginne man nun "wieder bei Null", sah Willi unterdessen ein offenes Rennen und wollte nicht von einer Favoritenrolle seinerseits sprechen. Er werde jedenfalls in den verbleibenden beiden Wochen seine Erfahrung im Amt sowie seine Kompetenz "in die Auslage stellen." "Wir hatten in den vergangenen Jahren viele Krisen zu meistern - und wir haben sie gut meistern können", betonte der grüne Stadtchef. Zudem wolle er einmal mehr und noch deutlicher hervorstreichen, dass in den vergangenen sechs Jahren allen Unkenrufen zum Trotz auch viel weitergegangen sei. Auch werde man deutlich machen, was "alles bereits in der Schublade ist", von den "Blockierern" verhindert worden sei und von einer neuen "Fortschrittskoalition" nur noch umgesetzt werden müsse: Von der "Verkehrsberuhigung" bis hin zu Fragen des Klima- und Umweltschutzes sowie der Stadtplanung.
Anzengruber sei jedenfalls ein "schwierigerer Gegner" als es etwa FPÖ-Bürgermeisterkandidat Markus Lassenberger gewesen wäre. Im Falle eines Duells mit Lassenberger hätte man von grüner Seite die "Unterschiede noch viel klarer herausarbeiten können." Aber auch so gebe es Divergenzen zwischen ihm und dem früheren Vizebürgermeister Anzengruber, so Willi: "Der Hannes sagt vielen Leute Dinge zu. Aber es geht auch darum, ob man sie letztlich erfüllen kann". Er hingegen sei ein "Realist", der genau wisse, was gehe und was nicht - und was man erfüllen könne.
Der frühere Almwirt Anzengruber attestierte Willi hingegen mangelnde "Management- und Führungsqualität". Genau dies bringe er als früherer Unternehmer und als jemand, der "keine Politik von der Schule heraus macht", hingegen mit. Es brauche klare Strukturen und einen effizienten öffentlichen Dienst. Er und seine Liste stünden "klar für die Mitte bzw. in der Mitte" und würden sich gegen ideologische Extreme sowohl auf linker, als auch auf rechter Seite aussprechen. Als Duell zwischen einem bürgerlichen Kandidaten (Anzengruber) und einem linken Kandidaten (Willi), wollte der Ex-ÖVP-Vizebürgermeister das Stichwahl-Duell nicht verstanden wissen. Anzengruber war in der Direktwahl auf 19,37 Prozent gekommen, in der Listenwahl lag "JA-Jetzt Innsbruck" mit 16,83 Prozent und acht Mandaten ebenfalls auf Platz zwei.
Montagmittag sorgte dann der bei der Wahl erfolglose Ex-ÖVP-Staatssekretär Tursky ("das Neue Innsbruck") für einen kleinen Paukenschlag: Er gab eine Wahlempfehlung für Anzengruber ab. "Mit einem alten Bürgermeister kann ein neues Innsbruck nicht möglich sein", lieferte Tursky die Begründung. Die Unterstützung komme sowohl von ihm "persönlich" als auch vom Wahlbündnis, sagte er bei einer eilig einberufenen "Erklärung".
Tursky bekräftigte indes, trotz der herben Stimmenverluste und des "schmerzlichen" Ergebnisses, weiter in der Innsbrucker Kommunalpolitik zu bleiben. Nachdem er selbst als Spitzenkandidat ins Rennen gegangen war, erhebe er auch den Anspruch, den seiner Fraktion zustehenden Stadtratsposten zu übernehmen. Der Ex-Staatssekretär betonte in seiner "Erklärung" in der Tiroler ÖVP-Landesparteizentrale außerdem, dass es mit Anzengruber "keinen Deal" oder Ähnliches betreffend etwaiger künftiger koalitionärer Zusammenarbeit oder gar einer möglichen Wiedervereinigung gebe. "Ich bin kein Oppositionspolitiker", bekannte Tursky jedoch.
Auf die Frage, ob Anzengruber für das Wahlbündnis der bessere Kandidat gewesen wäre, wollte der Ex-Staatssekretär nicht eingehen: "Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für Vergangenheitsbewältigung." "Es hat sich eben so entwickelt", meinte er. Die Abspaltung Anzengrubers von der ÖVP habe nicht auf einem "persönlichen Konflikt" zwischen dem Ex-Almwirt und ihm beruht, relativierte Tursky Differenzen aus dem Wahlkampf. "Ich stehe zu diesem Bündnis", verteidigte der 35-Jährige indes den Zusammenschluss von ÖVP, Für Innsbruck und Seniorenbund. Es sei darum gegangen "das bürgerliche Lager zu einen", man lasse sich "auch nicht mehr trennen". In den Gemeinderat einziehen werde man so, wie man als Liste angetreten sei. Nach den Erkenntnissen der Innsbrucker Wahl für die Bundespolitik gefragt meinte Tursky, vielleicht sei die FPÖ in Umfragen auch im Bund überschätzt. "das Neue Innsbruck" erreichte bei der Listenwahl nur 10,15 Prozent bzw. vier Mandate, in der Bürgermeisterdirektwahl konnte Tursky nur 10,41 Prozent auf sich vereinen.
Mit Wirtschaftsbundobfrau Barbara Thaler gab am Freitag indes eine weitere Tiroler ÖVP-Parteigröße eine Wahlempfehlung für Anzengruber ab. Dieser sei ein "Kandidat der bürgerlichen Mitte" und könne "die Periode des grünen Stillstands beenden", so Thaler in einer Aussendung.
FPÖ-Vizebürgermeister und Bürgermeisterkandidat Lassenberger machte indes gegenüber der APA klar, dass sich Anzengruber "klar deklarieren" müsse, sollte eine Wahlempfehlung der FPÖ in Betracht gezogen werden. Deklarieren heißt für Lassenberger eine Absage an eine Mitte-Links-Koalition mit den Grünen und der SPÖ sowie ein Bekenntnis zu einer Zusammenarbeit mit der FPÖ, dem "Neuen Innsbruck" sowie der Liste Fritz. "Er muss an die Öffentlichkeit gehen und das klarstellen", richtete der FPÖ-Frontmann dem ehemaligen ÖVP-Vizebürgermeister aus. Und gab ihm folgendes als Denkaufgabe mit auf den Weg: "Es gibt eine ganz klare linke Mehrheit bei dieser Wahl. Ohne die Hilfe der bürgerlichen Parteien wie der FPÖ wird es Anzengruber nicht schaffen, gegen Willi zu gewinnen." Der ehemalige ÖVP-Vize habe "alle Fäden in der Hand", denn Willi bekomme ohne ihn keine Koalitionsmehrheit links der Mitte zustande: "Anzengruber muss sich einmal klar bekennen. Aber ich wage jetzt schon vorauszusagen: Er wird es nicht tun." Er, Lassenberger, brauche jedenfalls Klarheit, denn er könne seinen Wählern nicht eine Anzengruber-Wahl empfehlen, wenn dieser daraufhin mit Willi und der SPÖ ein Bündnis eingehe. Mit zwei Parteien, die die Freiheitlichen beständig ausgrenzen würden.
Zusammenfassung
- Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi sieht seine Wiederwahlchancen bei der Stichwahl am 28. April als 'Fifty-fifty' und spricht sich für eine 'Mitte-Links'-Koalition mit der SPÖ aus.
- Willi betont die Bedeutung seiner Amtserfahrung seit 2018 und die in der Schublade liegenden Projekte, die von einer neuen Koalition umgesetzt werden könnten, wie Verkehrsberuhigung und Klimaschutz.
- Trotz Verlusten führten die Grünen mit 18,87 Prozent bei der Listenwahl und Willi äußert Genugtuung über das Scheitern der politischen Konkurrenten, insbesondere des 'Gerechte Innsbruck'.