AFP

Deutschland-Wahl

AfD historisch stark, SPD historisch schwach, Merz wohl nächster Kanzler

23. Feb. 2025 · Lesedauer 5 min

Friedrich Merz und die CDU sind die klaren Sieger der Bundestagswahl in Deutschland. Die Ampel wurde abgestraft. Die neue Regierungsbildung wird nun allerdings schwierig. Die FDP fliegt aus dem Bundestag, das BSW muss noch zittern. Christian Lindner kündigte schon seinen Rücktritt an. Die AfD fuhr ihr bisher stärkstes Wahlergebnis ein, die SPD ihr schwächstes.

Friedrich Merz (69) ist wohl der nächste Bundeskanzler Deutschlands.

Parteiintern scheiterte er einst an Angela Merkel, an Annegret Kramp-Karrenbauer und an Armin Laschet. Nun hat er es doch geschafft.

Laut Hochrechnungen dürfte die Union auf 28,6 Prozent der Stimmen und damit klar auf Platz 1 kommen. Sie verzeichnet ein eindeutiges Plus. Die symbolisch wichtige 30-Prozent-Hürde hat Merz aber nicht geknackt, was in der Union für etwas gedämpften Jubel sorgte.

Außerdem kommt auf den Sauerländer eine äußerst schwierige Regierungsbildung zu.

Noch war am Abend nicht ganz klar, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Fünf-Prozent-Hürde knacken und in den Bundestag einziehen. Davon wird abhängen, ob Merz einen oder zwei Koalitionspartner brauchen wird.

Lindner tritt zurück

Die FDP wird es laut Hochrechnungen nicht mehr in den Bundestag schaffen. FDP-Chef Christian Lindner, der im November die Ampelregierung sprengte, schien jedenfalls nicht mehr daran zu glauben und kündigte am Abend seinen Rückzug aus der aktiven Politik an.

APA/dpa/Bernd von Jutrczenka

"Wir haben gewonnen, weil CDU und CSU gut zusammengearbeitet haben", sagte Merz am Sonntagabend im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, wo er sich zum Wahlsieger ausrief. Bis Ostern will er eine neue Regierung zu Stande bringen.

Parteiintern könnte es für ihn schwierig werden, wenn er dazu auch die Grünen brauchen sollte. Der bayrische Ministerpräsident (CSU) lehnte auch am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit der Partei von Robert Habeck und Annalena Baerbock ab - wenn auch nicht mehr ganz so kategorisch wie noch beim Wahlkampffinale am Samstag in München.

  • Alle Informationen, Reportagen und Interviews zur Bundestagswahl in Deutschland gibt es hier.

Habeck und Baerbock, wiederum betonten, dass sie gerne Verantwortung übernehmen würden. Sie kommen laut Hochrechnungen auf rund 12 Prozent. "Die anderen Ampelparteien haben mehr auf die Mütze bekommen", sagte Habeck.

APA/dpa/Fabian Sommer

Er hätte sich aber ein besseres Ergebnis gewünscht. Dass es nicht so kam, sah er darin begründet, dass er eine Zusammenarbeit mit Merz nicht ausschloss, obwohl dieser mit der AfD gemeinsame Sache machte. 

Dass er mit der AfD nicht regieren will, bekräftige Merz aber auch am Wahlabend nochmals. Er begründete dies vor allem mit der Außenpolitik der in Teilen rechtsextremen Partei. Im TV sorgte Merz noch am Wahlabend mit Kritik an Donald Trump und Elon Musk für Aufsehen, auch sagte er der Ukraine weitere Unterstützung zu.

AfD historisch stark, vor allem im Osten

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel wiederum fuhr mit ihrer Partei – auch dank der Führung in den ostdeutschen Bundesländern (Ausnahme Berlin) – das historisch beste Ergebnis ein und landete erstmals in der Geschichte bundesweit auf Platz 2.

Sie dürfte laut Hochrechnungen auf knapp über 20 Prozent kommen. Gefeiert wurde sie dafür von Rechtsaußenparteien in ganz Europa – auch Herbert Kickl gratulierte.

Sie meinte, ihre "Hand sei ausgestreckt" – und wenn sie dieses Mal nicht zur Regierungsbildung eingeladen werde, dann werde die AfD bei der nächsten Wahl die Union halt übertrumpfen müssen. Wenn Merz mit der SPD und den Grünen eine Regierung bilde, dann werde "das ganze Ding krachend scheitern", erklärte Weidel.

AFP

Er werde sich niemals damit abfinden, dass die AfD in Deutschland so starke Ergebnisse habe, sagte wiederum Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Rede im Willy-Brandt-Haus in Berlin.

SPD historisch schlecht, aber Königsmacher

Seine Partei ist Königsmacher, obwohl sie mit rund 16,5 Prozent und einem Minus von rund 9 Prozentpunkten ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl einfuhr.

APA/dpa/Kay Nietfeld

Allerdings wird Scholz dabei wohl keine Rolle mehr spielen. "Das ist ein bitteres Wahlergebnis, das muss am Anfang klar und deutlich gesagt werden", sagte er bei seiner Rede, die schon nach Abschied klang. Im TV später machte er deutlich, dass er sich als Kanzler beworben habe und in einer neuen Regierung in keiner anderen Funktion angehören werde. Er wolle etwaige Verhandlungen mit der CDU auch nicht anführen.

Unklar ist, wer diese Rolle in der SPD übernehmen wird. Die beiden Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil sitzen ebenfalls nicht fest in ihren Stühlen, Esken kündigte schon eine Neuaufstellung der Sozialdemokraten an. Immer wieder fiel am Abend der Name Boris Pistorius, bisher Verteidigungsminister, als beliebtester SPD-Politiker.

Jubel bei der Linken

Jubelstimmung herrschte hingegen bei der Linken. Die Partei legte eine fulminante Aufholjagd hin und kommt laut Hochrechnungen mit über acht Prozent locker in den Bundestag.

AFP

Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek schaffte diese mit einer Politik gegen die Teuerung, gegen hohe Mieten, einer Brandrede gegen Friedrich Merz und der Unterstützung der "Silberlocken" rund um Gregor Gysi.

Der Liveblog zum Nachlesen:

Liveblog

Deutschland wählt

Zusammenfassung
  • Friedrich Merz und die CDU sind die klaren Sieger der Bundestagswahl in Deutschland. Die Ampel wurde abgestraft.
  • Die neue Regierungsbildung wird nun allerdings schwierig.
  • Das BSW muss um den Einzug in den Bundestag noch zittern.
  • Die FDP verpasst die Fünf-Prozent-Hürde. Christian Lindner kündigte schon seinen Rücktritt an.
  • Die AfD fuhr ihr bisher stärkstes Wahlergebnis ein, die SPD ihr schwächstes.