Wifo rechnet mit historischem Wirtschaftseinbruch
Wien (APA) - Die Coronakrise dürfte ein noch tieferes Loch in den Staatshaushalt reißen, als ohnehin erwartet. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat seine Defizitprognose am Donnerstag noch einmal um ein Drittel nach oben korrigiert. Damit droht für heuer ein gesamtstaatliches Minus von zumindest rund 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das wäre das höchste Defizit seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1954.
Die Arbeitslosenquote soll auf 8,75 bis 9,1 Prozent steigen. Die Zahl der Beschäftigten geht 2020 um 1,75 bis 2,5 Prozent zurück, so Wifo-Leiter Christoph Badelt und -Prognosechef Josef Baumgartner am Donnerstag im Zuge der neuesten Langfristprognose ihres Instituts. Die höheren Einbrüche beschreiben jeweils ein besonders pessimistisches Szenario mit einem besonders starken Rückgang der internationalen Konjunktur.
Für am wahrscheinlichsten hält das Wifo einen BIP-Rückgang von mehr als 5 Prozent. Damit würde der Einbruch wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009 (minus 3,8 Prozent) deutlich übertroffen werden. Das bis jetzt höchste Budgetdefizit in den bisherigen Aufzeichnungen seit 1954 hatte es im Jahr des EU-Beitritts Österreichs 1995 gegeben. Damals betrug es 6,1 Prozent.
Verlangsamung des Wirtschaftswachstums von 2022 bis 2024
Nächstes Jahr wird mit einem realen Plus von 3,5 Prozent gerechnet. Dann flacht die Wachstumskurve wieder ab. 2022 wird nur ein reales Wachstum von 1,9 Prozent gesehen, im Jahr darauf von 1,7 Prozent und 2024 von 1,9 Prozent. Das macht von 2019 bis 2024 lediglich ein reales Wachstum von 0,6 Prozent. In den kommenden Jahren erwartet das Wifo keine Rückkehr in die schwarzen Zahlen: Für 2021 rechnet das Wifo mit 3,3 Prozent Defizit, 2022 mit 2,3 Prozent, 2023 mit 1,7 und 2024 mit 1,2 Prozent. Die Staatsschulden sollen bis 2024 nur unwesentlich sinken. Damit würde der Staatshaushalt für den Rest der türkis-grünen Regierungsperiode unter Druck bleiben.
"Kassasturz" empfohlen
Badelt empfiehlt der Regierung einen "Kassasturz" nach dem Auslaufen der aktuellen Krisenhilfen. Dann müsse geprüft werden, wie die aktuelle Situation mit den sonstigen wirtschaftspolitischen Zielen der Regierung - Stichwort: Steuerreform und Klimapolitik - verbunden werden könne. Ein möglicher Zeitpunkt dafür wäre der Herbst: "Wenn es gut geht, vom medizinischen her, im September, Oktober."
Bei der Staatsverschuldung sieht Badelt trotz des erwarteten Anstiegs "kein Problem in Sicht". Er verwies aber auf gute Ausgangslage und niedrige Zinsen: "Dem österreichischen Staat passiert zu nächst einmal gar nichts, selbst wenn es 90 Prozent wäre."
Wifo-Chef Badelt für Vermögenssteuern aufgeschlossen
Was die Forderung nach Vermögenssteuern zur Finanzierung der Krisenfolgen angeht, zeigte sich Wifo-Chef Christoph Badelt zwar nicht grundsätzlich abgeneigt, plädierte aber für eine "gesamthafte Lösung". Diese müsse sowohl eine Entlastung der Abgaben auf Arbeit enthalten als auch eine stärkere Ökologisierung und eine stärkere Vermögensorientierung des Steuersystems: "Wir halten nichts davon, jetzt punktuell irgendein steuerpolitisches Instrument herauszugreifen und zu sagen, das machen wir dann."
Zusammenfassung
- Die Coronavirus-Pandemie bringt Österreich laut einer Wifo-Prognose einen historischen Einbruch der Wirtschaft, ein ebenso historisch hohes Budgetdefizit und auch historisch hohe Arbeitslosenzahlen.
- Damals betrug es 6,1 Prozent.
- In den kommenden Jahren erwartet das Wifo keine Rückkehr in die schwarzen Zahlen: Für 2021 rechnet das Wifo mit 3,3 Prozent Defizit, 2022 mit 2,3 Prozent, 2023 mit 1,7 und 2024 mit 1,2 Prozent.