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Wien fürchtet Zusatzkosten durch Wahlrechtsreform

Die Stadt Wien fürchtet Mehrkosten aufgrund der geplanten Wahlrechtsnovelle. Einerseits würden den Wahlbehörden zusätzliche Aufgaben übertragen, andererseits entstünden durch die Vereinheitlichung der Vergütung von Mitgliedern der Wahlbehörde und Vertrauenspersonen allein der Stadt Wien Mehrkosten von 115.000 Euro pro Wahlgang, heißt es in deren Stellungnahme zur Novelle, deren Begutachtungsfrist am Montag endet.

Wien fordert daher eine Anhebung der sogenannten Pauschalentschädigung, die der Bund den Gemeinden leistet. Diese beträgt derzeit 75 Cent pro Wahlberechtigtem.

Die Stadt spricht sich außerdem für die völlige Streichung der sogenannten "Hauskundmachung" aus. Diese soll mit der Novelle stark eingeschränkt werden. So sollen etwa die bisherigen Aushänge, mit denen bekanntgemacht wird, wie viele Personen in einer bestimmten Wohnung wahlberechtigt sind, der Vergangenheit angehören. Ausgeschildert werden muss nur noch, dass bzw. wann eine Wahl stattfindet - ansonsten soll die Hauskundmachung nur mehr einen QR Code zur mittelbaren Abfrage der eigenen Wahlberechtigung aufweisen. "Es ist sachlich und kostenmäßig jedoch nicht gerechtfertigt, alleine wegen des QR-Codes - welcher auch im Internet kundgemacht werden kann - weiterhin österreichweit flächendeckende Hausanschläge vorzunehmen", so die Stadt.

Für unmöglich hält die Stadt die im Begutachtungsentwurf vorgesehene barrierefreie Einrichtung aller Wahllokale samt Leitsystem für sehbehinderte Personen. Wien verfüge über rund 1.500 Wahllokale, wovon bei der Bundespräsidentschaftswahl 853 barrierefrei, allerdings ohne Leitsystem für Sehbehinderte, ausgestattet waren. "Eine Aufstockung auf sämtliche Wahllokale samt Einrichtung des Leitsystems bis zu den Bundeswahlen im Jahr 2024 ist faktisch nicht möglich." Würde man die Wahllokale verlegen und nur mehr barrierefreie Standorte wählen, würde dies zu langen Zugangswegen für die Wahlberechtigten führen.

Die Arbeiterkammer (AK) kritisiert in ihrer Stellungnahme den geplanten Wegfall der Verpflichtung zur Übernahme des Ehrenamts als Mitglied der Wahlbehörde. Die mit der Novelle intendierte Anhebung der Bereitschaft der Staatsbürger zur Tätigkeit in Wahlbehörden werde damit verfehlt: Wenn Wahlbeisitzer nicht mehr zur Übernahme dieser Tätigkeit verpflichtet seien, könnten diese Probleme mit ihrem Arbeitgeber bekommen.

Nicht nachvollziehbar ist für die AK auch, warum durch die Novelle das Zukleben des Stimmzettelkuverts bei der Briefwahl zur Nichtigkeit der Stimme führt. Natürlich sei das Aufschneiden zugeklebter Wahlkarten ein Mehraufwand für die Wahlbehörde. Allerdings stecke hinter dem Zukleben meist "Skepsis gegenüber den Wahlbehörden, dass ihr Wahlgeheimnis gewahrt bleibt und keine verfassungswidrige Einsicht in das Stimmzettelkuvert erfolgt". Auch die Tiroler Landesregierung hält die Nichtigkeit zumindest dann für "überschießend", wenn ohnehin viele Wahlkarten einlangen und die Nichtigkeit nicht zur Wahrung des Wahlgeheimnisses nötig ist.

Eckpunkte der Wahlrechtsnovelle sind unter anderem eine frühere Auszählung großer Teil der Wahlkartenstimmen bereits am Wahlsonntag sowie die indirekte Einführung eines Vorwahltags. Alle Wahlkarten, die bis Freitag vor der Wahl um 17 Uhr eintreffen, werden künftig noch am Wahltag mit den übrigen Stimmen gemeinsam im Sprengel ausgezählt. Nur jene, die später ankommen, werden erst am Montag ausgewertet. Erleichtert wird die Briefwahl: Wenn man seine Wahlkarte abholt, kann man künftig ab drei Wochen vor dem Urnengang auch gleich vor Ort in einer Wahlzelle abstimmen (diese Option gab es bisher nur in Statutarstädten). Wirksam werden sollen die Maßnahmen mit 2024.

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  • Natürlich sei das Aufschneiden zugeklebter Wahlkarten ein Mehraufwand für die Wahlbehörde.