Wer könnte den "internationalen Patrioten" im EU-Parlament beitreten?
Die bei der EU-Wahl siegreichen Rechtsparteien aus Österreich, Ungarn und Tschechien wollen gemeinsam eine EU-Fraktion gründen.
Dies gab FPÖ-Chef Herbert Kickl am Sonntag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán und dem tschechischen Ex-Premier Andrej Babiš in Wien bekannt. Dieser "patriotischen" Allianz würden sich weitere Parteien anschließen, so Kickl. Orbán sagte, sie würde "bald die größte Fraktion der rechtsgerichteten Kräfte" sein.
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FPÖ kehrt ID-Fraktion den Rücken
Die FPÖ gehörte bisher der kleineren europaskeptischen Fraktion im EU-Parlament, "Identität und Demokratie" (ID), an. ANO war nach der EU-Wahl aus der liberalen Fraktion ausgetreten. Fidesz war 2021 nach jahrelangem Streit über die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ausgestiegen und ist seither fraktionslos. Orbáns Regierung übernimmt am Montag für ein Halbjahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union.
Unklar ist, wie sich die bisherigen Fraktionspartner der FPÖ zu der neuen Allianz positionieren werden. Schwergewicht in der ID-Fraktion mit 30 Abgeordneten ist das Rassemblement National (RN) der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Weiters gehören der ID die italienische Lega von Vizepremier Matteo Salvini oder die Freiheitspartei (PVV) des niederländischen Wahlsiegers Geert Wilders an.
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Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) war nach NS-Sagern ihres Spitzenkandidaten Maximilian Krah auf Betreiben Le Pens vor der Europawahl aus der Fraktion ausgeschlossen worden und sucht nun nach neuen Bündnispartnern. Le Pen wird nachgesagt, eine Zusammenarbeit mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni anzustreben, die dominante Kraft der aktuell führenden Rechtsfraktion EKR ist.
Fico-Partei, SDS und PiS?
Welche Parteien der Allianz beitreten wollen, wurde am Sonntag in Wien nicht gesagt. Ungarische Medien nannten zuletzt etwa die Partei Smer-SSD des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, die Slowenische Demokratische Partei (SDS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Janša und die polnische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als mögliche Mitglieder.
In einem Interview mit der französischen Tageszeitung "Le Figaro" bezifferte der ehemalige polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) am Freitag die Chancen, dass seine Partei einer neuen Fraktion beitritt, mit 50 Prozent, meldete die polnische Nachrichtenagentur PAP. Morawieckis Partei zählt mit 20 Abgeordneten zu den führenden Kräften der EKR.
AfD sattelt um
Nach einer Absage am frühen Sonntagnachmittag sattelte die deutsche AfD um: Laut AfD-Parteichefin Alice Weidel könnte sich ihre Partei zu einem späteren Zeitpunkt dem neuen Bündnis anschließen. "Kurzfristig werden wir nicht dazustoßen, aber wer weiß, was wir mittel- und langfristig machen", hielt sich die gerade wiedergewählte Co-Parteichefin im ARD-Interview die Option am Sonntag offen. Weidel äußerte sich erfreut über die geplante Gründung der neuen Fraktion "Patrioten für Europa" und die neue Option für die AfD. "Das ist natürlich ganz großartig", sagte sie.
Am Vormittag sprach sich Weidel noch gegen eine Fraktion mit der Fidesz aus. Gegenüber dem Sender "ntv" sprach die AfD-Chefin davon, "zu diesem Zeitpunkt noch nicht in eine gemeinsame Fraktion mit Fidesz gehen kann", betonte aber auch die "gute Zusammenarbeit" mit der FPÖ.
Salvini nicht abgeneigt
Die italienische Lega betonte am Sonntag, dass es gelte, "die Kräfte derjenigen zu vereinen, die Europa verändern und eine Alternative zur erbärmlichen Linken bieten wollen". Wie von Salvini wiederholt gefordert, könne eine große Gruppe, die die europäischen Patrioten versammle, "nicht länger aufgeschoben werden", zitierte die italienische Nachrichtenagentur ANSA aus einer Presseaussendung.
Seine Partei arbeite schon "seit Jahren" daran, ein möglichst starkes, patriotisches und kohärentes Bündnis zu schmieden. "Wir begrüßen die heutigen Äußerungen anderer Parteichefs, dass sie bereit (zur Zusammenarbeit, Anm.) sind", sagte Salvini.
Zusammenfassung
- Wer wird bei den "Patriotischen Nationalisten" rund um Orbán, Babiš und die FPÖ dabei sein?
- Einige europäische Rechts-Parteien haben bereits Absagen erteilt.
- Die italienische Lega rund um Matteo Salvini zeigt sich in einer ersten Stellungnahme nicht abgeneigt.
- AfD-Chefin Alice Weidel sattelte um - man könne sich einen Beitritt zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen.