Wen Kickl in Verhandlungen mit der ÖVP schicken könnte
Wenige Tage nach der Nationalratswahl im Herbst hatte Herbert Kickl bereits ein Verhandlungsteam präsentiert. Das fand damals nicht allzu viel Beachtung – hatten doch sowohl ÖVP als auch SPÖ Gespräche mit der FPÖ sowieso ausgeschlossen. Die Zeiten haben sich nun geändert.
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Nicht geändert haben sich wahrscheinlich die Personen, die Kickl in die Verhandlungen mit der ÖVP schicken wird. Das Team besteht aus den engsten Vertrauten des Parteichefs, die teils schon 2017 Verhandlungen mit der ÖVP geführt hatten. Sie gelten auch als wahrscheinliche Kandidat:innen für Minister:innenposten.
Männer fürs Grobe: Hafenecker und Schnedlitz
Die Blauen haben als einzige Partei zwei Generalsekretäre: Christian Hafenecker und Michael Schnedlitz (am Foto oben).
Hafenecker verhandelte schon 2017 mit und hatte den Job als Generalsekretär auch während Türkis-Blau und der Ibiza-Affäre inne. Seine Erfahrungen – auch im Umgang mit den Medien – könnten ihm einen Ministerposten einbringen. Er wird als möglicher Kandidat für Innen- oder Verkehrsministerium gehandelt.
Analyse: Kickl am Weg zum Kanzler
PULS 24 Moderator Thomas Mohr ordnet die politischen Geschehnisse der vergangenen Tage ein.
Der gelernte Landmaschinentechniker aus Niederösterreich legte eine typische Parteikarriere hin und tat sich innerhalb der FPÖ besonders in diversen U-Ausschüssen hervor, wo er durchaus auch mit den anderen Oppositionsparteien kooperierte, diverse Skandale zu ÖVP-Skandalen ummünzte. Zuletzt fiel er durch Attacken auf den ORF und mit einer Verurteilung wegen gefälschter Covid-Zertifikate auf.
Michael Schnedlitz stieg ebenfalls zunächst in der niederösterreichischen FPÖ auf und gilt als enger Vertrauter von Udo Landbauer. Schnedlitz gilt als Verbinder zur rechtsextremen Szene und zu den Corona-Maßnahmen-Gegner:innen. Er trat auf mehreren einschlägigen Demos auf, forderte 2020 ein "Ende der Distanziererei" von den Identitären.
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Zuletzt managte er den erfolgreichen Nationalratswahlkampf der Blauen. Hafenecker und Schnedlitz werden auch als mögliche Klubobmänner im Nationalrat genannt.
Kickls Vertrauter: Reinhard Teufel
Als Kickl am Montag zu Van der Bellen in die Hofburg kam, hatte er Reinhard Teufel als Vertrauten dabei. Teufel ist derzeit Klubobmann der FPÖ im niederösterreichischen Landtag – könnte aber in den Nationalrat aufrücken und dort Klubobmann werden. Der Landwirt und Burschenschafter gilt auch als privater Freund und engster Vertrauter von Kickl.
Teufel war zwar zunächst Büroleiter von Heinz-Christian Strache, wechselte dann aber in Kickls Innenministerium, wo er mächtiger Kabinettschef wurde. Dort fiel er ebenfalls mit Kontakten zu den Identitären auf.
Frau mit hohen Chancen: Susanne Fürst
Susanne Fürst dürfte ziemlich hohe Chancen auf einen künftigen Ministerinnenposten haben. Die oberösterreichische Rechtsanwältin ist bei den Blauen Expertin für Justiz und Verfassung – und brachte dies vor allem während der Corona-Pandemie zur Geltung. Auch sie trat mehrmals bei einschlägigen Demonstrationen auf.
Zuletzt war Fürst außenpolitische Sprecherin. 2021 fiel sie mit Aussagen auf, sie wolle aus "privaten und beruflichen" Gründen ungarische Staatsbürgerin werden, sie bezeichnete die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge ohne Limit als Fehler und verteidigte im Juli den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán für dessen "Friedensmission" bei Putin.
Ideologe Norbert Nemeth
Norbert Nemeth ist in der breiten Öffentlichkeit zwar relativ unbekannt, ist aber ein blaues Urgestein und einer der Chefideologen. Er ist seit 2006 Klubdirektor, auch er war schon 2017 bei den Regierungsverhandlungen dabei. Nemeth ist Jurist und gilt als federführend beim blauen Wahlprogramm. Er war im sogenannten Atterseekreis aktiv, einem liberaleren Thinktank der FPÖ.
Auch Nemeth ist Burschenschafter - und zwar bei der besonders rechten Olympia und bei der Vandalia. Ob ihn Van der Bellen als möglichen Minister angeloben werden würde, ist zumindest fraglich. Seine Immunität als Nationalratsabgeordneter wurde zuletzt aufgehoben, weil er bei einem Begräbnis war, wo ein Lied, das auch die Waffen-SS verwendet hat, gesungen wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Nach dem Begräbnis wird auch gegen Harald Stefan wegen mutmaßlicher Wiederbetätigung ermittelt, er wird als möglicher Justizminister gehandelt – wurde von Kickl nach der Wahl aber nicht als Verhandler genannt.
Wirtschaftsexperte Arnold Schiefer
Arnold Schiefer gilt als der Verfasser des FPÖ-Wirtschaftsprogramms, das zuletzt wohl dafür verantwortlich war, dass Industrie- und Wirtschaftsflügel mit der Zunge schnalzten und die ÖVP in Richtung FPÖ drängten. Schiefer war schon unter Schwarz-Blau in den 2000er-Jahren im Infrastrukturministerium tätig, wechselte dann zu den ÖBB, wo er zuletzt als Finanzchef war.
Schiefer, ebenso Burschenschafter, verhandelte unter Türkis-Blau zahlreiche Personalentscheidungen - die sogenannte "Schmid-Schiefer-Vereinbarung" (mit Thomas Schmid, Amm.) spielte beim Falschaussageprozess gegen Sebastian Kurz und in diversen U-Ausschüssen eine große Rolle. Schiefer wird als FPÖ-Wirtschafts-, Finanz- oder auch Verkehrsminister gehandelt.
Frau fürs Grobe: Dagmar Belakowitsch
Dem Vernehmen nach hätte die FPÖ neben Innen-, Wirtschafts-, Finanz-, und Verkehrs-, auch gerne das Sozialministerium. Dieses könnte angesichts der Forderungen, Leistungen für Migranten zu kürzen bzw. zu streichen, auch verstärkt in den Bereich Migration hineinwirken. Hier wäre die bisherige Abgeordnete Dagmar Belakowitsch eine mögliche Kandidatin.
Die Medizinerin fiel während der Pandemie wiederholt mit Falschbehauptungen zu Corona und ansonsten vor allem mit scharfer Rhetorik gegen Migrant:innen auf.
In Erinnerung ist vielen wohl noch der Satz: "Denn dann könnten sie da drinnen schreien, so laut sie wollen." Er fiel, als die Wienerin forderte, dass Asylwerber:innen mit Hercules-Maschinen des Bundesheeres abgeschoben werden könnten. Sie setzte sich außerdem vehement gegen das Rauchverbot in der Gastronomie ein und befürchtete zuletzt die Abschaffung der Geschlechter.
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Zusammenfassung
- FPÖ und ÖVP haben sich nun also gegenseitig die Hände für Koalitionsgespräche zugestreckt.
- Die Schwarzen werden es in den Verhandlungen mit Kickls engsten Vertrauten zu tun bekommen. Aber wer sind sie?
- PULS 24 mit einem Überblick über Christian Hafenecker, Michael Schnedlitz, Susanne Fürst, Arnold Schiefer, Norbert Nemeth und Co.