Warten auf den Partygate-Bericht: Ruhe vor Sturm für Johnson
Nach Berichten war die Untersuchung am Mittwoch bereits abgeschlossen. Doch wann und wie viel davon an die Öffentlichkeit gelangen wird, war unklar. Gerüchten zufolge könnte es bereits am Donnerstag soweit sein. Doch auch eine Verzögerung bis Montag gilt als möglich. Johnson hatte zugesagt, sich im Anschluss an die Veröffentlichung im Parlament rechtfertigen zu wollen. Nachdem er seit mehreren Wochen alle Fragen mit dem Argument abgewehrt hatte, er könne sich während einer laufenden Untersuchung nicht äußern, ist die Veröffentlichung so etwas wie die Stunde der Wahrheit für den Premier.
Von den Ergebnissen des internen Berichts hängt nicht weniger als Johnsons politisches Überleben ab. Sollte sich dabei herausstellen, dass im Amtssitz die damals geltenden staatlich verordneten Kontaktbeschränkungen missachtet wurden, gilt ein Misstrauensvotum der konservativen Fraktion in den Premier als wahrscheinlich.
Johnson steht wegen der Berichte über angebliche Partys in der Downing Street seit Wochen massiv unter Druck. Am Dienstag hatte auch die Polizei in London angekündigt, zu den mutmaßlichen Regelbrüchen zu ermitteln.
Die Liste der mutmaßlich illegalen Zusammenkünfte in der Downing Street ist lang: Mehrere Weihnachtsfeiern, eine Geburtstagsrunde, eine Gartenparty und nächtliche Besäufnisse vor dem Begräbnis des langjährigen Queen-Gatten Prinz Philip: Der Bericht von Spitzenbeamtin Sue Gray soll klären, wer wann wo, wie oft und wie lange mit wem gefeiert hat.
Rund ein halbes Dutzend Tory-Abgeordnete haben bereits öffentlich den Rücktritt des Premiers gefordert. Von vielen anderen heißt es, sie wollten den Bericht abwarten. Sprechen mindestens 15 Prozent der konservativen Abgeordneten - das sind 54 Parlamentarier - ihm das Misstrauen aus, muss sich der Premier einer Abstimmung stellen. Wie viele geheime Briefe bisher bei Graham Brady, dem Vorsitzenden des zuständigen Komitees eingegangen sind, weiß außer diesem niemand.
Als hätte Johnson nicht schon genug Ärger, kam am Mittwoch noch ein weiteres Thema hinzu. Ein Ausschussbericht lieferte neue Hinweise, dass der britische Premierminister die Evakuierung von etwa 150 Katzen und Hunden aus der afghanischen Hauptstadt Kabul autorisiert hatte. Die Aktion im vergangenen Sommer während des Rückzugs westlicher Truppen aus dem Krisenstaat hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Berichte, Johnson habe sich persönlich für das Ausfliegen der Tiere eingesetzt, hatte der Premier jedoch als "kompletten Unsinn" abgetan.
In einer internen E-Mail des Außenministeriums, die der Auswärtige Ausschuss des Unterhauses am Mittwoch veröffentlichte, heißt es jedoch ausdrücklich, Johnson habe die Evakuierung von Mitarbeitern und Tieren autorisiert. Ein Sprecher des Premierministers wies das am Mittwoch erneut zurück. "Es bleibt dabei, dass der Premierminister keine Anweisungen an Beamte zu einer bestimmten Vorgehensweise gegeben hat", sagte der Sprecher.
Kritiker fürchten, dass die Evakuierung der Tiere zulasten von Menschen ging, die Racheakte der militant-islamistischen Taliban zu befürchten hatten. Großbritannien hatte innerhalb von Tagen 15.000 eigene Staatsbürger und lokale Mitarbeiter von Streitkräften und anderen britischen Einrichtungen außer Landes gebracht, während die Taliban in rasender Geschwindigkeit die Kontrolle über das Land an sich rissen. Tausende Menschen mit Verbindungen zu Großbritannien waren bei der überstürzten Aktion in dem Land zurückgeblieben.
Der ehemalige britische Soldat Paul (Pen) Farthing hatte sich in einer tagelangen Kampagne auf sozialen Medien und in Fernsehinterviews für das Ausfliegen der Tiere eingesetzt - mit Erfolg. Er verließ das Land mitsamt der Katzen und Hunde in einem Charterflug in letzter Sekunde. Die Mitarbeiter der von ihm gegründeten Tierschutzorganisation Nowzad in Kabul mussten jedoch zunächst zurückbleiben.
Zusammenfassung
- Berichte, Johnson habe sich persönlich für das Ausfliegen der Tiere eingesetzt, hatte der Premier jedoch als "kompletten Unsinn" abgetan.