Kickl "wie Haider" am Stephansplatz, aber nicht ganz am Ziel
"Es könnte voller sein", befindet Laurenz Stakl, ein junger FPÖ-Funktionär aus Krems. "Aber die Stimmung ist gut", ergänzt er. Er ist am Freitagabend extra nach Wien angereist, um den Wahlkampfabschluss seiner Partei am Stephansplatz zu besuchen. Er "hofft", dass die FPÖ am Sonntag gewinnt, ganz sicher ist er aber nicht.
"Wir haben die Nase voll"
Die Blauen führen seit Monaten alle Umfragen an, doch Stakl ist skeptisch: Er glaubt, "die Medien" würden die FPÖ in den Umfragen "hochhalten", damit sich potenzielle Wähler:innen in Sicherheit wiegen. Die große Furcht der Blauen ist, dass es am Ende nicht für Platz 1 reicht, weil nicht genügend Unterstützer:innen ins Wahllokal gehen.
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Viktor Wentov, überzeugter FPÖ-Anhänger, äußert gegenüber PULS 24 aber noch eine weitere Theorie, warum die FPÖ am Ende doch nicht vor ÖVP und SPÖ landen könnte. "1 Prozent mehr für die ÖVP sei schon vorgeplant", meint er. Da würde man schon so lange herumrechnen, bis das Ergebnis passt, moniert er.
Die jetzige Regierung sei laut ihm "der Teufel", der uns "wegspritzen" wolle und "in den Krieg treiben". "Wir haben die Nase voll". FPÖ-Chef Herbert Kickl hingegen habe ihn überzeugt, er habe bisher "besser gesprochen" als die anderen Politiker:innen. Er sei "glaubwürdiger".
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Der Wahlkampfabschluss der FPÖ am Stephansplatz fand unter großem Polizeischutz statt. Auf der Kärntnerstraße hat sich schon zu Beginn kurz nach 16 Uhr eine kleine linke Gegendemo eingefunden. Ihre "Nazis raus"-Rufe wurden wegen der Musik der John Otti Band von den FPÖ-Fans kaum gehört. Während der Reden schallten zumindest Trommel-Klänge von der Demo über den Platz.
"Frauenfeindliche Politik"
Für mehr Aufsehen sorgten einige junge Frauen, die mehrmals durch die FPÖ-Fans gingen und dabei ein Plakat hochhielten: "Das ist die FPÖ: Frauenfeindliche Politik, Kinder ins Gefängnis, Steuern runter für Reiche", war darauf zu lesen. In den Reihen der FPÖ-Anhänger:innen wurden sie teils geschubst und mit Buh-Rufen konfrontiert. "Wenn euch Österreich nicht gefällt, dann geht doch", rief ein FPÖ-Fan.
Ein junger Mann rettete sich in einer kleineren Debatte: Sein Pfiff habe nur der John Otti Band gegolten, diese würde "nur Playback" spielen und sei "musikalisch eine Beleidigung", meinte er, verließ dann aber das Gelände. "Der FPÖ sind die Tiere egal", stand auf dem Kostüm eines Tierschützers, der vor dem Eingang Stellung bezog.
PULS 24 bei FPÖ-Wahlkampfabschluss angegangen
Später wurde kurz vor der Rede Kickls ein Kamerateam von PULS 24 von einem FPÖ-Anhänger tätlich angegriffen und beschimpft. Ansonsten kam es um den Stephansplatz laut Polizei bis Redaktionsschluss zu keinen nennenswerten Vorfällen.
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Das von Polizeigittern umstellte Areal füllte sich bis zum Ende nicht bis in die letzten Reihen, was der Stimmung unter den Anhänger:innen aber keinen Abbruch tat. Dort hat die FPÖ für ihren Wahlkampfabschluss eine etwas überdimensionierte Bühne aufgestellt und eine gewohnt bis zur letzten Minute durchinszenierte Show abgezogen.
Die Fans wurden ganz in die blaue Welt entführt, sogar eine mobile Änderungsschneiderei bot ihre Dienste an. Eingeheizt wurde von den drei Musikern der FPÖ-Hausband, die mit Hits von Bruce Springsteen bis Tina Turner, mit Radetzkymarsch und Bundeshymne punkteten. Es wurden Österreich-Fahnen und FPÖ-Luftballons geschwenkt, getanzt und gegrölt. "Fahr ma' los" Hallo, griaß' eich miteinander! Geben wir Gas!", begrüßte der Sänger.
Fans sollen SMS verschicken
Es folgten Reden von Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp, dem Wiener Spitzenkandidat Harald Stefan und Generalsekretär Michael Schnedlitz.
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Vor allem letzterer gab den Scharfmacher vor Kickl, sich aber noch nicht ganz siegessicher. Umfragen und Experten könne man nicht trauen. Er rief die Anhänger:innen dazu auf, vor Sonntag noch SMS zu verschicken, Telefonate und Gespräche zu führen, um von der FPÖ zu überzeugen.
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In den Reden gingen die Politiker auf Altbewehrtes wie Migration und Sicherheit ein. Auffällig prominent wurde auch wieder auf das Corona-Thema gesetzt. Schnedlitz erinnerte an die "Impfpflicht", für die die Regierung am Sonntag die Rechnung präsentiert bekomme.
Flashback zu Corona-Demos
Kurz davor war auch der bekannte rechtsextreme Corona-Maßnahmen-Gegner Martin Rutter mit Folgschaft und Österreich-Fahnen am Platz eingezogen. Der Südtiroler Impfgegner Jürgen Wirth Anderlan durfte sogar auf die Bühne.
Herbert Kickl selbst wirkte bei seiner rund einstündigen Rede etwas müde. Auch er setzte inhaltlich auf die typischen FPÖ Themen, erntete Applaus für die Forderung nach "Remigration", für mehr Befugnisse für "unsere Mädls und Burschen" von der Polizei, für "Hände weg vom Eigentum" und sein Versprechen, ein "Bollwerk" gegen den "Regenbogenkult" sein zu wollen.
Unterbrechen ließ sich Kickl, der in einem nach seinen Verhältnissen ruhigem Ton sprach, nur von "Herbert, Herbert"-Rufen aus dem Publikum. Die Pummerin, die er einst lieber gehabt hätte als einen "Muezzin", wurde für ihn am Freitag von "Don Camillo oder Toni Faber" geläutet, wie er in einem Scherz meinte, der kaum für Gelächter sorgte. "Grüß Gott" müsse er hier vor dem Dom grüßen, wie sonst? Den Demonstrant:innen richtete er aus, sie würden nicht mit Messer und Gabel, sondern mit Hammer und Sichel essen - "und so sehen sie auch aus".
Auf den Spuren Jörg Haiders
Der FPÖ-Chef erklärte dann aber auch, warum der FPÖ-Wahlkampfabschluss heuer ausgerechnet am Stephansplatz stattfand. Hier habe nämlich 1999 auch Jörg Haider vor dem historisch besten Wahlergebnis von 26,9 Prozent seinen Abschluss abgehalten. Kickl habe damals als "kleiner" Funktionär gespannt gelauscht.
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Nun müsse man es aber besser machen als Haider damals, rief auch Kickl ein letztes Mal zum Wählen auf. Es müsse sich nämlich Platz 1 ausgehen, denn je größer der Abstand "zur Nummer 2, desto weniger werden manche Herrschaften in der Hofburg auf dumme Gedanken kommen", meinte der FPÖ-Chef in Richtung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Dass Kickl den Platz räumt, um eine Koalition mit der ÖVP zu ermöglichen, würde unter seinen Anhängern wohl nicht gut geheißen werden. "Das ist die Entscheidung vom Herbert", kommentierte das Laurenz Stakl, der Funktionär aus Krems, und hängte an: "Wir stehen alle hinter Herbert".
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Zusammenfassung
- Die FPÖ will unbedingt Erster werden. Ganz sicher ist man sich aber noch nicht, wie beim Wahlkampfabschluss am Stephansplatz durchzuhören war.
- Die Anhänger wurden aufgerufen, noch SMS zu verschicken und Telefonate zu führen.
- Herbert Kickl wandelte am Stephansplatz am Freitag in den Spuren von Jörg Haider. Hier habe 1999 auch Jörg Haider vor dem historisch besten Wahlergebnis von 26,9 Prozent seinen Abschluss abgehalten.
- Nun müsse man es aber besser machen als Haider damals, rief auch Kickl ein letztes Mal zum Wählen auf.
- Begleitet wurde der Wahlkampfabschluss von einer kleinen Gegendemo, ein PULS 24 Kamerateam wurde angegriffen.