Wagenknechts neue Partei soll 2024 zur Europawahl antreten
Die Abgeordneten wollen zugleich Mitglied der Fraktion bleiben. "Unsere Fraktion wird souverän und in großer Ruhe darüber entscheiden", erklärte Bartsch am Montag in Berlin. Den Schritt der zehn Abgeordneten nannte er "unverantwortlich und inakzeptabel". Linken-Co-Chef Martin Schirdewan forderte die Abweichler auf, ihre Bundestagsmandate unverzüglich niederzulegen. Schirdewan wies darauf hin, dass nach einem Mandatsverzicht der Wagenknecht-Gruppe die vakant gewordenen Bundestagssitze aus den Reihen der Linken nachbesetzt werden könnten und der Fraktionsstatus so erhalten bleibe; allerdings hatte Wagenknecht einen Verzicht zuvor ausgeschlossen. "Ich halte das für eine echte Sauerei."
Bei der Pressekonferenz legten Wagenknecht und ihre Unterstützer ein Papier mit inhaltlichen Positionen zur Wirtschafts-, Sozial-, Außen-, Migrations- und Gesellschaftspolitik des kürzlich gegründeten Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" vor. Der Verein soll die Parteigründung, die für Jänner geplant ist, vorbereiten und Spenden einsammeln. "Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen", sagte die 54-Jährige. "Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen." Deutschland drohe ein Wohlstandsverlust. Das Land müsse weg von einem blinden Öko-Kurs, der Mindestlohn müsse deutlich angehoben werden.
Wagenknecht will mit ihrer neuen Partei möglichst bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen kommendes Jahr antreten. "Wir streben an, in den drei Bundesländern zu kandidieren, aber ob wir es wirklich in allen dreien schaffen, wird natürlich davon abhängen, wie sind die Landesverbände bis dahin aufgestellt, welche Kandidaten haben wir vor Ort", sagte die 54-Jährige am Montag in Berlin. Kommendes Jahr werden in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Landtage gewählt.
Zur Lösung des Nahost-Konflikts forderte Wagenknecht, Interessen der Palästinenser zu berücksichtigen und von einer Bodenoffensive gegen den Gaza-Streifen abzusehen. Israel habe selbstverständlich das Recht, sich gegen die Angriffe der Terrormiliz Hamas zu verteidigen, sagte Wagenknecht. Zugleich fügte sie hinzu: "Gaza ist ein Freiluftgefängnis seit vielen Jahren." Auf Nachfrage erläuterte sie die Aussage zum "Freiluftgefängnis" so: Die Menschen könnten den Gaza-Streifen nicht verlassen und dieser sei wirtschaftlich nicht überlebensfähig, sondern auf Hilfe von außen angewiesen.
Die Partei wird nach Angaben Wagenknechts nicht dauerhaft "Bündnis Sahra Wagenknecht" heißen. Sie sprach am Montag von einer Übergangslösung. Man wolle eine Partei auf den Weg bringen, die sich "für die nächsten 40 oder 50 Jahre" im deutschen Parteiensystem etabliere. "Ich kann Ihnen versprechen, so lange werde ich garantiert nicht mehr Politik in Deutschland machen."
Wagenknecht hat zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Amira Mohamed Ali und Christian Leye sowie dem Unternehmer Ralph Suikat und dem ehemaligen Geschäftsführer der Linken in Nordrhein-Westfalen, Lukas Schön, den Verein ins Leben gerufen, um die Parteigründung vorzubereiten. Experten trauen ihr zu, einen größeren Teil an Nicht- und Protestwählern auf sich zu vereinen. Für die Linke könnte dies der Todesstoß sein.
Einer Insa-Umfrage für "Bild am Sonntag" zufolge könnten sich 27 Prozent der Befragten in Deutschland vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Wahlumfragen sind aber generell mit Unsicherheiten behaftet. Die Linke-Parteispitze will gegen die Wagenknecht-Mitstreiter vorgehen. Gegen die Beteiligten des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) sollen Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden.
Zusammenfassung
- Sahra Wagenknecht will mit einem kleinen Team zum Jahreswechsel 2024 eine eigene Partei gründen.
- Die bisherige Co-Fraktionschefin der Linken, Amira Mohamed Ali, sagte, die Gruppe sei bereits aus der Linkspartei ausgetreten.
- Der Verein soll die Parteigründung, die für Jänner geplant ist, vorbereiten und Spenden einsammeln.
- Wagenknecht will mit ihrer neuen Partei möglichst bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen kommendes Jahr antreten.