Verbleib von Kolesnikowa in Weißrussland unklar
Das teilte das Team des Ex-Bankenchefs Viktor Babariko am Abend mit. Kolesnikowa arbeitet für den inhaftierten Oppositionellen, der gegen Lukaschenko kandidieren wollte. "Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt", teilte der Koordinierungsrat mit. Sie sei zusammen mit ihrem Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihrem Sprecher Anton Rodnenkow im Zentrum von Minsk von Unbekannten entführt worden. Die Behörden erklärten, nichts von dem Verschwinden zu wissen.
Die 38-jährige Kolesnikowa, die viele Jahre in Stuttgart wohnte und dort Kulturprojekte managte, ist eine der wichtigsten Oppositionellen, die sich gegen Lukaschenko stellen. Einige Mitarbeiter des Koordinierungsrates waren zuvor schon festgenommen worden oder ausgereist. Die nach der Wahl nach Litauen geflüchtete Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowaskaja sprach von einem Versuch der Staatsführung, die Arbeit des Koordinierungsrates zu behindern. "Aber das wird uns nicht aufhalten", schrieb sie im Nachrichtenkanal Telegram. Tichanowskajas Vertraute Olga Kowalkowa war nach einer Haftstrafe nach Polen ausgereist.
Seit mehr als vier Wochen wird in dem zwischen Russland und EU-Mitglied Polen gelegenen Land täglich demonstriert. Die Behörden gehen gezielt gegen Oppositionelle vor. Hintergrund ist die Präsidentenwahl am 9. August. Lukaschenko hatte sich danach mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition hält dagegen Tichanowskaja für die Siegerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der Kritik.
"Wir sehen, dass die Behörden in den vergangenen Tagen begonnen haben, Terrormethoden offen anzuwenden, statt einen Dialog mit der Gesellschaft aufzunehmen", teilte der Koordinierungsrat bei Telegram mit. Die Demokratiebewegung fordert den Rücktritt von "Europas letztem Diktator", wie Lukaschenko genannt wird. Sie will die Freilassung der politischen Gefangenen sowie faire und freie Wahlen.
Die EU zeigte sich alarmiert. "Wir versuchen, die Fakten zu ermitteln", sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Man sei zutiefst besorgt über die anhaltende Repression und Einschüchterung der Bevölkerung durch willkürliche oder politisch motivierte Festnahmen. "Was wir in Weißrussland erleben, ist im Grunde die fortgesetzte Repression der Behörden gegen die Zivilbevölkerung, gegen friedliche Demonstranten, politische Aktivisten, Menschen, die ihre Meinung äußern und ihre Stimme hören wollen."
Litauens Außenminister Linas Linkevicius machte die Staatsführung in Minsk für Kolesnikowas Verschwinden verantwortlich und forderte ihre sofortige Freilassung. "Die Entführung von M. Kolesnikowa in der Innenstadt von Minsk ist eine Schande", schrieb Linkevicius auf Twitter. "Anstatt mit dem Volk von Weißrussland zu sprechen, versucht die scheidende Führung, einen nach dem anderen zynisch zu eliminieren". Dies erinnere an stalinistische Methoden.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas reagierte ebenfalls mit deutlicher Kritik. "Wir sind in großer Sorge um Frau Kolesnikowa. Wir fordern Klarheit um den Verbleib und die Freilassung aller politischer Gefangener in Weißrussland", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. "Die fortgesetzten Verhaftungen und Repressionen, auch und vor allem gegen die Mitglieder des Koordinierungsrates, sind nicht hinnehmbar."
Unterdessen gingen die Proteste in die fünfte Woche. Vor allem an den Universitäten gab es viele Aktionen. Auf Fotos waren Studenten in einem Hörsaal mit T-Shirts in den Farben der historischen weiß-rot-weißen Landesflagge zu sehen, die bei Protesten der Opposition gezeigt wird. Es gab wieder einzelne Festnahmen.
Bei der Massendemonstration am Sonntag kamen dem Innenministerium zufolge mehr als 600 Menschen in Polizeigewahrsam. Nur knapp die Hälfte sei wieder freigelassen worden. Beobachter gingen von rund 100.000 Teilnehmern aus. Die Behörden sprachen von 30.000 Menschen
Angesichts der festgefahrenen Lage will der Koordinierungsrat der Opposition mit der EU im Gespräch bleiben. "Wir werden auch Kontakte zu Russland und Amerika aufnehmen", sagte Pawel Latuschko bei einer Pressekonferenz in Warschau. Der frühere Kulturminister war in der vergangenen Woche nach Polen ausgereist.
Er sagte nun, er habe das Land auf Druck des Geheimdienstes KGB verlassen. "Ich erhielt ein Ultimatum: Entweder ich bleibe im Land und es wird ein Strafverfahren gegen mich eingeleitet, oder ich verlasse Weißrussland." Er wolle aber weder in Polen noch in einem anderen EU-Land Asyl beantragten. "Ich gehe davon aus, dass ich bald wieder nach Weißrussland zurückkehren kann." In der vergangenen Woche gab er den Besuch eines Wirtschaftsforums in Polen als Grund an.
Zusammenfassung
- Das teilte das Team des Ex-Bankenchefs Viktor Babariko am Abend mit.
- Kolesnikowa arbeitet für den inhaftierten Oppositionellen, der gegen Lukaschenko kandidieren wollte.
- "Was wir in Weißrussland erleben, ist im Grunde die fortgesetzte Repression der Behörden gegen die Zivilbevölkerung, gegen friedliche Demonstranten, politische Aktivisten, Menschen, die ihre Meinung äußern und ihre Stimme hören wollen."