UN-Sicherheitsrat verschiebt Abstimmung über Gaza-Waffenruhe
Der Entwurf der Beschlussvorlage fordert eine "von allen Seiten respektierte sofortige Waffenruhe für den Monat Ramadan". Diese solle zu einer "dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe" führen, hieß es in dem Text weiter. Zudem fordert der Resolutionsentwurf die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln und betont die Notwendigkeit eines Ausbaus der Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Der islamische Fastenmonat begann bereits um den 10. März.
Die Resolution sollte von nichtständigen Mitgliedern des mächtigsten UN-Gremiums eingebracht werden. Es galt jedoch als wahrscheinlich, dass die USA, Israels Schutzmacht in dem Gremium, den Beschluss mit ihrem Veto blockieren würden. Erst am Freitag hatten die Vetomächte Russland und China wiederum eine von Washington vorgeschlagene Resolution scheitern lassen, die deutlich umfassender war, aber auch eine Waffenruhe forderte.
Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens 9 der 15 Mitgliedstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich oder Großbritannien geben. Resolutionen des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen.
Unterdessen machte sich eine israelische Delegation erneut auf den Weg nach Doha, um über eine befristete Waffenruhe und eine Geiselfreilassung zu verhandeln. Unter Führung des Chefs des Auslandsgeheimdiensts Mossad, David Barnea, soll sich die israelische Abordnung am Samstag in der katarischen Hauptstadt mit CIA-Direktor William Burns, Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani und dem ägyptischen Geheimdienstminister Abbas Kamel treffen.
Die USA, Katar und Ägypten vermitteln in den sich schon über mehrere Wochen hinziehenden indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas. Sie zielen darauf ab, dass die Islamisten während einer sechswöchigen Waffenruhe 40 israelische Geiseln freilassen. Israel soll im Gegenzug mehrere hundert palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen entlassen. Die Hamas fordert darüber hinaus, dass das israelische Militär die in den Süden des Gazastreifens vertriebenen Palästinenser in ihre Wohnorte in der Mitte und im Norden des Küstengebiets zurücklässt. Israel will derzeit nur Frauen und Kinder zurückkehren lassen.
Aus Washington kamen zuletzt vorsichtig optimistische Signale. "Wir glauben, dass wir (einer Einigung) näher kommen, dass die Differenzen kleiner werden", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, am Freitag (Ortszeit). Die Art und Weise, wie die Gespräche verliefen, sei ein "gutes Zeichen". Allerdings gebe es kein Datum für einen Abschluss, den es erst geben könne, wenn über das gesamte Paket eine Einigung erzielt wird.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sah sich indes im Kriegskabinett starkem Druck ausgesetzt, die Verhandlungsvollmachten der Delegation für Doha zu erweitern. In der Runde, in der auch der aus der Opposition kommende Ex-General Benny Gantz sitzt, sei es am Freitag "dramatisch" zugegangen, berichtete der Fernsehsender Channel 12. Der Chef des Inlandsgeheimdiensts Shin Bet, Ronen Bar, habe damit gedroht, nicht nach Doha zu fliegen, wenn die Delegation, der er angehört, nicht flexibler verhandeln dürfe.
Auslöser des Gaza-Krieges war der Terrorüberfall der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels. Die Terroristen töteten 1.200 Menschen und verschleppten 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Israel griff das Küstengebiet an, um die Hamas zu zerschlagen. Dabei kamen nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher rund 32.000 Palästinenser ums Leben, wobei diese Zahl sowohl Zivilisten als auch Kämpfer enthält. Von den Geiseln, die die Hamas nach einer ersten Runde von Freilassungen im November noch in ihrer Gewalt hält, dürften nach israelischen Schätzungen noch knapp 100 am Leben sein.
Der Verlauf des Krieges mit vielen zivilen Toten und massiven Zerstörungen von Wohnbauten und Infrastruktur im Gazastreifen stößt mittlerweile auf starke internationale Kritik. Selbst die USA, Israels engster Verbündeter, beanstanden offen die häufig von Israel vorgenommene Beschränkung des Zugangs für humanitäre Hilfe. Besonders ablehnend verhält sich Washington zu der von Netanyahu mehrfach angekündigten Bodenoffensive in der südlichen Stadt Rafah, um die letzten vier Bataillone der Hamas zu zerschlagen.
In dem Ort an der Grenze zu Ägypten halten sich derzeit 1,5 Millionen Menschen auf. Die meisten von ihnen sind aus anderen Teilen des Gazastreifens geflohen und hausen dort unter elenden Verhältnissen. "Eine größere Bodenoffensive (...) würde den Tod von noch mehr Zivilisten, noch größeres Chaos bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe riskieren", sagte US-Außenminister Antony Blinken am Freitag bei einem Besuch in Tel Aviv. Für Israel bedeute sie auch das Risiko einer weiteren weltweiten Isolierung.
Netanyahu beteuert immer wieder, dass sein Militär Pläne für eine sichere Evakuierung der Zivilisten aus Rafah habe. "So einen glaubwürdigen Plan haben wir noch nicht gesehen", sagte US-Sicherheitsratssprecher Kirby. Anfang kommender Woche soll Israel hochrangige Delegationen nach Washington schicken, um die entsprechenden Pläne zu zeigen. Die USA möchten den Israelis Optionen aufzeigen, wie die Hamas ohne eine Bodenoffensive in Rafah zu bezwingen wäre.
Zusammenfassung
- Am kommenden Samstag berät der UNO-Sicherheitsrat über eine Resolution, die eine sofortige Waffenruhe für den Monat Ramadan im Gazastreifen fordert.
- Die Resolution verlangt zudem die umgehende Freilassung aller Geiseln und betont die Dringlichkeit, die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung zu verstärken.
- Obwohl der Resolutionsentwurf von nichtständigen Mitgliedern eingebracht wird, ist ein Veto der USA, als Verbündeter Israels, gegen den Beschluss sehr wahrscheinlich.