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UNO-Generaldebatte lockt Politprominenz nach New York

17. Sept. 2023 · Lesedauer 5 min

In der kommenden Woche trifft sich die internationale Politprominenz wieder in New York. Ab Dienstag tagt die 78. Generaldebatte der Vereinten Nationen. Rund 150 Staats- und Regierungschefs werden im UN Head Quarter erwartet, darunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Der besondere Fokus liegt laut UNO heuer auf der Umsetzung der "Agenda 2030", um Frieden, Wohlstand, Fortschritt und Nachhaltigkeit für alle zu erreichen.

Das offizielle Motto lautet daher: "Vertrauen wiederherstellen und globale Solidarität neu beleben." Bereits am Montag beginnt in New York ein UN-Nachhaltigkeitsgipfel, bei dem die Staats- und Regierungschefs eine Halbzeitbilanz der 2015 beschlossenen Agenda 2030 ziehen wollen. Van der Bellen wird bei dem Treffen eine Stellungnahme abgeben.

Die Agenda hat 17 globale Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Doch bei der Umsetzung hapert es. Die UNO warnte kürzlich, die Ziele seien "in Gefahr". Der Kampf gegen die Erderwärmung ist nicht nur Thema bei dem Nachhaltigkeitstreffen, sondern auch bei einem Klimagipfel am Mittwoch, zu dem UN-Generalsekretär António Guterres geladen hat.

Der Portugiese richtete im Vorfeld der Generaldebatte mahnende Worte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Summa summarum werden 190 Staaten bei dem Diplomatieevent in New York vertreten sein. "Wir werden in einer Zeit zusammenkommen, an der die Menschheit vor riesigen Herausforderungen steht", sagte Guterres. "Von dem sich verschlimmernden Klimanotstand über eskalierende Konflikte, die weltweite Lebenshaltungskosten-Krise und rasch wachsende Ungleichheiten bis hin zu dramatischen technologischen Umbrüchen."

Durch den "Climate Ambition Summit" am Mittwoch soll "das Handeln von Regierungen, Unternehmen, Finanzinstituten, lokalen Behörden und der Zivilgesellschaft beschleunigt werden". Die jüngste wissenschaftliche Bewertung der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (IPCC) habe erneut die Dringlichkeit des Handelns unterstrichen, hieß es im Vorfeld. "Die durch die Klimakrise verursachten Schäden sind bereits beträchtlich, und die weltweiten Treibhausgasemissionen befinden sich nach wie vor auf Rekordniveau."

Das Gipfeltreffen sei daher "ein entscheidender politischer Meilenstein, um zu zeigen, dass der kollektive globale Wille besteht, das Tempo und den Umfang eines Übergangs zu einer gerechteren, auf erneuerbaren Energien basierenden und klimaresistenten Weltwirtschaft zu beschleunigen."

Ein Hauptthema wird auch heuer der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sein. Dazu wird es am Mittwoch ein hochrangiges Treffen des UNO-Sicherheitsrats geben. Die Debatte werde die internationalen Positionen zum Konflikt widerspiegeln, hieß es im Vorfeld. Auch die Frage der Deblockierung der "UN Black Sea Grain Initiative" zur Ermöglichung der Getreideexporte durch das Schwarze Meer könnte thematisiert werden. In dessen Umfeld wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in New York erwartet. Ein Treffen mit Guterres sei bereits fix vereinbart, wurde aus Diplomatenkreisen mitgeteilt.

Selenskyj soll auch eine Rede vor der UN-Vollversammlung halten, die er wohl dafür nutzen wird, die internationale Staatengemeinschaft zu weiterer Hilfe für sein Land aufzurufen. Denn angesichts von Schwierigkeiten bei der Gegenoffensive gegen Russland muss der Präsident darum bangen, wie lange ihn westliche Staaten noch mit umfangreiche Waffenlieferungen unterstützen werden.

Viele Länder des globalen Südens, die durch die Auswirkungen des Krieges in Mitleidenschaft gezogen wurden, drängen zudem auf eine Kompromisslösung - ganz abgesehen davon, dass sie nicht Russland gegen sich aufbringen wollen. Selenskyj, der bei der UN-Generaldebatte im vergangenen Jahr noch eine Videoansprache gehalten hatte, müsse deswegen bei seinen Auftritten "vorsichtig" vorgehen, warnte Richard Gowan von der Denkfabrik "International Crisis Group" nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP.

Viele Staatschefs des globalen Südens hätten klar gemacht, dass für sie jetzt die "Zeit der Diplomatie" gekommen sei. Darauf müsse Selenskyj Rücksicht nehmen, sagt Gowan. "Wenn er zu harte Linien fährt, könnte aus dieser Chance für ihn ein bisschen eine diplomatische Krise werden."

UNO-Diplomaten zufolge wird sich aber ganz generell die wachsende Unzufriedenheit des "globalen Südens" mit dem aktuellen internationalen System bemerkbar machen, das als Ursache für bleibende Ungleichheit, Armut und Elend verstanden und dessen radikale Reform verlangt wird.

Bezüglich der Haltung zu Afrika sieht auch Außenminister Schallenberg Handlungsbedarf. "Wir sind in einem Kampf der Angebote mit China, in einem Kampf der Narrative mit Russland. Und da müssen wir sehr viel besser werden im Outreach, beim Versuch, Gespräche zu führen." Schallenberg wird am Montag beim Treffen der EU-Außenminister dabei sein und in New York zahlreiche Gespräche mit Amtskollegen aus dem afrikanischen Raum und Nahost führen. Am Donnerstag ist eine Rede vor der UNO-Generalversammlung geplant.

Gemeinsam mit Bundespräsident Van der Bellen wird Schallenberg am Dienstag mit Guterres konferieren. Für den Bundespräsidenten sind außerdem Gespräche mit Inger Anderson, der Direktorin des UN Environment Programme, und mit Sultan Al Jaber, Präsident der COP28, vorgesehen. Dieses Treffen wird Van der Bellen mit seiner slowenischen Amtskollegin Nataša Pirc Musar wahrnehmen.

"Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr enttäuscht war von den Ergebnissen der letzten UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh", betonte Van der Bellen vor seinem New-York-Aufenthalt. "Umso wichtiger ist es, dass die internationale Staatengemeinschaft bei der COP 28 in Dubai im November gemeinsam mutige Schritte zum Ausstieg aus fossilen Energien und für die Unterstützung des globalen Südens setzt."

Zwar sind die meisten der 193 UNO-Mitgliedsstaaten hochrangig vertreten, doch bleiben manche der besonders einflussreiche Staats- und Regierungschefs bleiben der UNO-Woche in diesem Jahr fern: Von den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates - China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA - ist US-Präsident Joe Biden der einzige Staatenlenker, der in New York erscheint. Russland beispielsweise wird durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten.

Generalsekretär Guterres will dies AFP zufolge aber nicht als Zeichen werten, dass die diesjährige UNO-Woche weniger Gewicht hat. "Es kommt nicht auf die Anwesenheit von diesem oder jenem Präsidenten an. Es kommt auf das Engagement der jeweiligen Regierung an." Das diplomatische Spitzentreffen sei schließlich "kein Jahrmarkt der Eitelkeiten".

Zusammenfassung
  • Rund 150 Staats- und Regierungschefs werden im UN Head Quarter erwartet, darunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP).
  • Bezüglich der Haltung zu Afrika sieht auch Außenminister Schallenberg Handlungsbedarf.
  • Schallenberg wird am Montag beim Treffen der EU-Außenminister dabei sein und in New York zahlreiche Gespräche mit Amtskollegen aus dem afrikanischen Raum und Nahost führen.