Keine Hymne - keine Staatsbürgerschaft?
Der Fall eines Ukrainers sorgt am Donnerstag für Schlagzeilen: Der Mann soll eigentlich alle Voraussetzungen zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllt haben, vor der zeremoniellen Verleihung dann aber das dortige Mitsingen der Bundeshymne verweigert haben.
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Öffentlich machte den Fall die "Kronen Zeitung" mit Verweis auf FPÖ-Landespolitiker. "Wer sich weigert, sich mit Österreich zu identifizieren, zeigt nur, dass er gar nicht gewillt ist, die Grundprinzipien unserer Heimat anzunehmen", sagte etwa Landesvize Udo Landbauer (FPÖ). "Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen", schloss er an. Mit Beschluss der Landesregierung sei die Verleihung widerrufen worden.
"Rechtlich zwingend"?
Laut Asyllandesrat Christoph Luisser (FPÖ) sei die Entscheidung "selbstverständlich und rechtlich zwingend". Auch von der ÖVP in Niederösterreich hieß es später: "Wer es nicht einmal der Mühe wert findet, die österreichische Bundeshymne zu singen, dem soll dieses Privileg nicht zuteil werden".
Derweil sind in dem Fall aber noch einige entscheidende Fragen offen, wie Experte Wilfried Embacher gegenüber PULS 24 erklärte.
Die FPÖ Niederösterreich bezog sich in ihrer Argumentation auf Paragraf 21 des Staatsbürgerschaftsgesetzes. Dort heißt es, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft "in einem diesem Anlass angemessenen, feierlichen Rahmen zu erfolgen" hat, "dem durch das gemeinsame Absingen der Bundeshymne und das sichtbare Vorhandensein der Fahnen der Republik Österreich, des jeweiligen Bundeslandes, und der Europäischen Union Ausdruck verliehen wird".
Laut dem Fremdenrechtsanwalt Wilfried Embacher lege dieser Paragraf vor allem fest, wie die Zeremonie auszusehen habe. Ob dadurch tatsächlich einzelne Personen dort die Bundeshymne mitsingen müssen, sei zumindest fraglich. Paragraf 21 reiche als Begründung laut Embacher nicht aus.
Bejahende Einstellung zur Republik
Aber: Das Staatsbürgerschaftsgesetz schreibt in Paragraf 10 sehr wohl vor, dass ein Staatsbürgerschafts-Anwärter "durch sein bisheriges Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist". Laut Embacher müsse man nun wissen, warum der Betroffene die Hymne nicht singen wollte: Weil er Österreich nicht mag, oder weil er nicht singen kann. Ob nur die Verweigerung der Hymne als negative Einstellung zur Republik gewertet werden könne, sei ebenfalls nicht klar, so der Anwalt.
Zu klären wäre auch, ob der Betroffene schon vorab seine ukrainische Staatsbürgerschaft ablegen musste - denn staatenlos dürfe er nicht gemacht werden, merkt Embacher an.
PULS 24 fragte im Büro des Asyllandesrates in Niederösterreich nach, warum die Hymne verweigert wurde und ob der Mann nun staatenlos sei. Dort konnte man die Frage vorerst nicht beantworten - man sagte aber zu, sich zu erkundigen.
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Lukas Gahleitner-Gertz im Interview.
Zusammenfassung
- Ein Ukrainer verlor die Chance auf die österreichische Staatsbürgerschaft, weil er bei der Zeremonie am 15. Oktober das Mitsingen der Bundeshymne verweigerte.
- Die niederösterreichische Landesregierung beschloss den Widerruf der Verleihung, da sich der Mann nicht mit Österreich identifizieren wollte, so Landesvize Udo Landbauer (FPÖ).
- Laut dem Fremdenrechtsanwalt Wilfried Embacher lege dieser Paragraf vor allem fest, wie die Zeremonie auszusehen habe. Ob dadurch tatsächlich einzelne Personen dort die Bundeshymne mitsingen müssen, sei zumindest fraglich.
- Aber: Das Staatsbürgerschaftsgesetz schreibt in Paragraf 10 sehr wohl vor, dass ein Staatsbürgerschafts-Anwärter "durch sein bisheriges Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist".