Ukraine-Krieg
Trump nennt Selenskyj "Diktator ohne Wahlen"
"Ein Diktator ohne Wahlen, Selenskyj sollte sich besser beeilen, oder er wird kein Land mehr haben", erklärte Trump am Mittwoch auf seiner Online-Plattform Truth Social. Selenskyjs Amtszeit war im Mai 2024 offiziell zu Ende gegangen, wegen des Kriegsrechts dürfen in der Ukraine derzeit aber keine Wahlen abgehalten werden.
Weiters schrieb der US-Präsident: "Ich liebe die Ukraine, aber Selenskyj hat einen fürchterlichen Job gemacht, sein Land ist zerstört und Millionen sind sinnlos gestorben." Selenskyj müsse schnell handeln, "sonst wird er kein Land mehr übrig haben". In der Zwischenzeit seien die USA dabei, mit Russland erfolgreich ein Ende des Kriegs zu verhandeln.
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Baerbock: "Vollkommen absurd"
Promte Kritik kam von Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne): "Das ist vollkommen absurd", sagte Baerbock am Mittwoch dem ZDF. "Wenn man nicht nur schnell twittert, sondern die wirkliche Welt sieht, dann weiß man, wer in Europa leider unter diktatorischen Verhältnissen leben muss: die Menschen in Russland, die Menschen in Belarus."
Trump gibt Selenskyj die Schuld am Ukraine-Krieg
Ähnlich deutlich wurde SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz: "Es ist schlicht falsch und gefährlich, Präsident Selenskyj die demokratische Legitimation abzusprechen", zitiert das Magazin "Spiegel" den Kanzler am Mittwochabend.
Auch der kanadische Pemierminister Justin Trudeau wies Trumps Äußerungen zurück, die Ukraine habe mit dem Krieg "angefangen". Russland habe "vorsätzlich" den Grundsatz verletzt, dass Staaten nicht in ihre Nachbarländer einfallen, so Trudeau.
Wegen Kriegsrecht
Eigentlich ist es Moskau, das seit vergangenem Jahr den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als illegitim darstellt und Wahlen fordert. Für den Kreml wäre es vorteilhaft, den unbequemen Selenskyj aus Gesprächen über ein Ende des Kriegs herauszuhalten.
In der Ukraine setzt das geltende Kriegsrecht Wahlen während eines Kriegs aus. Selenskyjs Befugnisse werden deshalb nicht angezweifelt. Es gibt auch eine breite Einigkeit im Land, nicht zu wählen, solange geschossen wird und die Teilnahme von Soldaten und Flüchtlingen im In- und Ausland schwierig wäre.
Deshalb ist der Frust über die jüngsten Entwicklungen in Kiew zu spüren. Selenskyj verschob einen Besuch in Saudi-Arabien mit der Begründung, er wolle dort keine Zufallsbegegnungen. Dort trafen sich am Dienstag die Außenminister der USA und Russland, Marco Rubio und Sergej Lawrow. Selenskyj warf Trump vor, Opfer russischer Desinformation zu sein.
Dieser hatte unterstellt, der Ukrainer fürchte Wahlen, weil er nur auf vier Prozent Zustimmung komme. Selenskyj wies an, Trump, dem polnischen Regierungschef Donald Tusk und anderen Partnern Belege für Umfragewerte von mehr als 50 Prozent Zustimmung vorzulegen.
Weil er mit seiner Forderung nach einer NATO-Mitgliedschaft als Garantie gegen zukünftige russische Angriffe aufgelaufen ist, konzentriert sich Selenskyj auf eine Stärkung seiner Armee. Die Verbündeten sollen eine Truppenstärke von einer Million Soldaten finanzieren und ausrüsten. Aber Selenskyj hofft auch auf mindestens 100.000 ausländische Soldaten im Land, die unter Umständen gegen Russland kämpfen sollen.
Video: Trump-Telefonat mit Putin - Muss Ukraine Gebiete abtreten?
Radikaler Kurswechsel zulasten der Verbündeten Washingtons
Trump reagierte bei seinem Auftritt in Mar-a-Lago auf Kritik der Ukraine, dass sie nicht eingeladen war zu dem Außenministertreffen der USA und Russlands. "Ich habe heute gehört: Oh, wir waren nicht eingeladen", spottete der Republikaner - und schob nach: "Nun, ihr seid seit drei Jahren dabei."
Der Krieg hätte längst enden sollen, die Ukrainer seien quasi selbst schuld: "Ihr hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können." Welche konkreten Forderungen der US-Präsident an Kremlchef Putin stellt, bleibt unterdessen ungewiss.
Mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus hat sich die Ukraine-Politik der USA drastisch gewandelt. Der Präsident sprach vergangene Woche persönlich mit Putin. Dann kam das Treffen der Außenminister; ein Gipfel der Präsidenten könnte folgen. Zwar betont Washington, im Ukraine-Krieg gehe es um eine Lösung, die dauerhaft, stabil und für alle Seiten annehmbar sei. Die bisherigen Signale deuten aber darauf hin, dass der Druck vor allem auf Kiew lastet.
Zusammenfassung
- Nach drei Jahren Ukraine-Krieg holt US-Präsident Donald Trump den Angreifer Russland aus der Isolation und setzt das angegriffene Land unter Druck.
- Trump feuerte von seinem Wohnsitz in Florida gegen den bisherigen US-Schützling Ukraine ab: Sie sei selbst schuld, den Krieg nicht gestoppt zu haben.
- Präsident Wolodymyr Selenskyj sei ein "Diktator ohne Wahlen".