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"Heftiger Kampf": Russische Offensive in Charkiw gestartet

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Am Freitag begann eine massive russische Bodenoffensive in der ostukrainischen Region Charkiw. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "heftigen Kampf". Über die Offensive war seit Wochen spekuliert worden.

"Russland hat eine neue Welle von Gegenoffensivaktionen gestartet", sagte Selenskyj am Freitag bei einer Pressekonferenz.

"Die Ukraine begegnete ihnen dort mit unseren Truppen, Brigaden und Artillerie (...) Jetzt ist in dieser Richtung ein heftiger Kampf im Gange."

Nach der Vereidigung von Kremlchef Wladimir Putin für eine neue Amtszeit und dem pompös gefeierten Tag des Sieges in Moskau begannen am Freitag russische Truppen einen Angriff auf die ukrainische Stadt Wowtschansk. Sie liegt etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw an der Grenze zu Russland.

Panzer rückten vor

Ab 5.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MESZ) seien feindliche Bodentruppen im Schutz von Panzerfahrzeugen vorgerückt, um die Verteidigungslinien zu durchbrechen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium in Kiew mit. Bisher seien die Angriffe abgewehrt worden, die Kämpfe dauerten jedoch in unterschiedlicher Intensität an. Unabhängig waren diese Angaben nicht zu überprüfen.

Nicht genannte Quellen im ukrainischen Militär sagten dem Portal Ukraijinska Prawda, vier Grenzdörfer Striletsche, Krasne, Pylne und Boryssiwka seien von russischen Truppen erobert worden. Sie liegen noch dichter an Charkiw, das seit Monaten heftigen russischen Luftangriffen ausgesetzt ist.

Rüstungslieferung aus den USA

Die USA bereiten unterdessen eine Lieferung mit Rüstungsgütern an die Ukraine im Wert von 400 Millionen Dollar vor. Darin inbegriffen seien Artillerie, Luftabwehr, panzerbrechende Munition, gepanzerte Fahrzeuge und Kleinwaffen, die sofort auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden könnten, sagt ein Regierungsmitarbeiter.

Die Ukraine rechnet einem Insider zufolge im Juni oder Juli mit der Lieferung von ersten F-16-Kampfjets. Bisher haben Dänemark, die Niederlande, Norwegen und Belgien die Lieferung von F-16 zugesagt.

Video: Russische Atomübungen an Grenze zur Ukraine

Lange Spekulationen

Über eine mögliche russische Offensive bei Charkiw wird seit Wochen spekuliert. Es gibt Berichte, dass die russischen Truppen dort mehrere Zehntausend Mann zusammengezogen haben.

Für den Ernst der Lage spricht, dass das Verteidigungsministerium in Kiew sich dazu äußerte, nicht wie sonst der Generalstab. "Zur Verstärkung der Verteidigung an diesem Frontabschnitt werden Reserven herangeführt", teilte das Ministerium mit.

Schon am Tag zuvor sei der Frontabschnitt bei Wowtschansk von russischen Kampfflugzeugen aus der Luft mit Gleitbomben bombardiert worden. Über Nacht habe die russische Artillerie die ukrainischen Linien zur Vorbereitung des Angriffs beschossen.

Video: Großbrände nach Angriff

"Kein Meter Boden verloren gegangen"

"Die Streitkräfte der Ukraine halten ihre Stellungen: Es ist kein Meter Boden verloren gegangen", schrieb der Gouverneur des Gebietes Charkiw, Ihor Synjehubow, auf Telegram. Eine Gefahr für die Großstadt Charkiw sehe er einstweilen nicht.

Der russische Militärblogger Rybar schrieb zu den Gefechten in der Region: Es gehe zunächst darum, die Kampfzone auszuweiten und im Gefecht die feindlichen Stellungen aufzuklären.

Für die ukrainische Armee bedeutet die Offensive ein weiteres Problem an der etwa 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden, nachdem sie zuletzt schon bei Bachmut und Awdijiwka zurückgedrängt wurde. Den Verteidigern fehlen immer noch Waffen und Munition, nachdem innenpolitischer Streit in den USA über Monate einen regelmäßigen Nachschub verhindert hatte.

Mittlerweile ist ein milliardenschweres Rüstungspaket beschlossen. Doch Russland versuche die Zeit bis zum Eintreffen dieser Waffen an der Front auszunutzen, sagte der Kommandant des ukrainischen Heeres, Olexander Pawljuk, der britischen Zeitschrift "Economist". "Russland weiß, dass sich die Lage gegen sie wenden könnte, wenn wir in ein bis zwei Monaten genügend Waffen bekommen."

ribbon Zusammenfassung
  • Eine neue russische Bodenoffensive hat in der Region Charkiw begonnen, vier Grenzdörfer seien erobert worden.
  • Ukrainische Truppen haben die Angriffe bisher erfolgreich abgewehrt, die Kämpfe dauern jedoch weiter an.
  • Die USA bereiten eine Rüstungslieferung an die Ukraine vor, die Artillerie, Luftabwehr und F-16-Kampfjets umfasst.

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