Trumps Chancen vor Gericht laut Filzmaier eher gering
Der republikanische Amtsinhaber Trump lag am Mittwoch in Pennsylvania, Georgia und North Carolina mehr oder weniger knapp voran, sein demokratischer Herausforderer Joe Biden in Michigan, Wisconsin und Nevada. Sollten sich diese Trends bestätigen, dürfte Biden eine hauchdünne Mehrheit der 270 Wahlmännerstimmen bekommen, die ihm den Einzug ins Weiße Haus sichern würden. Vorausgesetzt ist freilich, bisherige Prognosen über ihm zugerechnete Staaten wie Arizona oder Maine halten.
Trump habe jedes Recht dazu, Wahlergebnisse anzuzweifeln, sagte Filzmaier der APA. "Wir haben in Österreich ein ähnliches System. Ich kann eine Wahl beim Verfassungsgerichtshof beeinspruchen, und das ist auch gut so." Es gebe jedoch zwei Probleme: "Man kann nicht Wahlbetrug unterstellen, ohne jegliche Belege vorzulegen, so wie Trump das macht. Genauso kann man nicht einfach sagen: Hören wir dort auf zu zählen, wo wir jetzt sind, weil wir in Führung liegen. Das ist demokratiepolitisch gefährlich, und das ist noch die freundliche Formulierung."
Für ein korrektes Gerichtsverfahren müssten Trumps Anwälte begründen, warum Briefwähler das Ergebnis zu seinen Ungunsten verzerren würden. Vorbringen könnte der Präsident etwa, dass Unterschriften fehlen oder gefälscht sein könnten; dass Unkorrektheiten bei der Auszählung vorgefallen sind; dass gewisse Fristen, bis zu denen Stimmen berücksichtigt werden können, zu lange sind.
"Die Frage ist: Kann er glaubhaft machen, dass dadurch das Ergebnis entscheidend beeinflusst wurde?", sagte Filzmaier. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Präsidentschaftswahl von 2016 in Österreich zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. Damals hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den zweiten Wahlgang wegen diverser Mängel auf.
"Trump kann gerichtlich in den nächsten Tagen Einspruch gegen das vorläufige Endergebnis einlegen. Das kann je nach Staat unterschiedlich passieren. Es gab auch 2016 einzelne Einspruche", erklärte Filzmaier. Nur: Er müsste damit warten, bis es belastbare Ergebnisse aus den jeweiligen Staaten gibt. Davor "Anträge zu stellen, dass nicht weiter ausgezählt wird, halte ich juristisch für aussichtslos".
Danach würde der normale Instanzenzug beginnen. Von einem Bundesgericht müsste der jeweilige Fall zunächst dem Höchstgericht eines Einzelstaates vorgelegt werden, erst danach könnte er zum Supreme Court in Washington, dem höchsten Gericht in den Vereinigten Staaten, kommen.
Das verschärft den Zeitdruck. Auch falls es nach der Wahl ausgehend von mehreren Staaten zu Prozessen um das Ergebnis kommt, müsste alles vor der Abstimmung der Wahlleute im 8. Dezember geklärt sein. Bis dahin müssen die Einzelstaaten ihre Ergebnisse beglaubigen. Am 14. Dezember bestimmen dann die 538 Wahlfrauen und Wahlmänner, wer ins Weiße Haus einzieht. Die Gerichte seien daran "formal nicht gebunden, aber sie kennen diese Fristen natürlich auch", so Filzmaier.
Am 6. Jänner wird im US-Kongress bei einer gemeinsamen Sitzung der beiden Parlamentskammern offiziell bekanntgegeben, wer der nächste Präsident und Vizepräsident sein wird. Erst dann herrscht Rechtssicherheit. Der neue Präsident wird dann am 20. Jänner feierlich ins Amt eingeführt. Sollte es bis dahin keine Lösung geben, droht dem Land laut Filzmaier eine veritable Krise. Denn die von der Verfassung vorgesehenen Nachfolgeregeln seien für den Fall konstruiert worden, "dass der Präsident amtsunfähig ist wegen Tod oder Krankheit. Und nicht für den Fall, dass es noch keinen gibt."
Zusammenfassung
- In den USA dauert es grundsätzlich recht lange, bis die offiziellen Ergebnisse bei landesweiten Wahlen vorliegen.
- Dieses Jahr ist es wegen der zahlreichen Briefwähler, deren Stimmen Präsident Donald Trump gerichtlich bekämpfen will, aber noch schwieriger.
- Die Möglichkeit, Wahlen juristisch anzufechten, sei "das gute Recht" jedes Kandidaten, sagt der Politologe Peter Filzmaier.
- Der neue Präsident wird dann am 20. Jänner feierlich ins Amt eingeführt.