Staatsbürgerschaft ohne Einkommen? Andreas Khols Aussagen im Faktencheck
Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, die in Österreich geboren worden sind und diese nach sechs Jahren Aufenthalt in Österreich beantragen, "brauchen, wenn sie noch nicht volljährig, noch nicht erwerbstätig sind auch nicht den Lebensunterhalt nachzuweisen. Wenn sie hier die Schule gemacht haben, nichts nachzuweisen", sagte ÖVP-Politiker und früherer Nationalratspräsident Andreas Khol am Dienstag in der Sendung "Pro und Contra".
"Haarsträubende Falschinformation"
Diese Aussagen ziehen nun einiges an Kritik nach sich. So kritisiert etwa "SOS Mitmensch" scharf: Khol verbreite "haarsträubende Falschinformation". Das sei "eine skandalöse Verzerrung der Diskussion". Der ÖVP-Politiker war selbst einer der Mitverhandler des aktuellen Staatsbürgerschaftsrechts und kenne das Gesetz nun selbst nicht mehr, so die Menschenrechtsorganisation. "In dem Gesetz gibt es keine Ausnahmen für hier geborene Kinder und Jugendliche, weder von der hohen Einkommenshürde noch von den extremen Kosten", merkt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch in einer Aussendung an.
Um was ging es überhaupt? Bei "Pro und Contra" wurde Khol mit dem Fall einer serbischen Staatsbürgerin, die in Wien geboren wurde, konfrontiert: Die Filmregisseurin Olga Kosanovic versucht seit Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Zuletzt wurde ihr das verwehrt, weil sie in Deutschland studierte und deswegen nicht sechs Jahre durchgehend in Österreich wohnhaft war.
Andreas Khol erklärte, dass der Fall "ein Einzelfall" sei und das Gesetz nicht in allen Bundesländern so streng ausgelegt werden würde. Über 50 Prozent der Menschen, die die Staatsbürgerschaft in Österreich im Jahr bekommen, würden diese nach sechs Jahren Aufenthalt bekommen. Vor dem Studium in Deutschland hätte Olga Kosanovic die Voraussetzungen ja erfüllt.
Damals sei das aber nicht ihre Entscheidung gewesen, entgegnet die Regisseurin, ihre Eltern hätten sich dagegen entschieden, weil das für eine vierköpfige Familie teuer gewesen wäre. Im Nachhinein zu hören, sie habe den Moment verpasst, sei "absurd", sagt Kosanovic. In ein paar Jahren könne sie wieder einen Antrag stellen, es werde ihr aber empfohlen, das Land nicht zu verlassen. Das sei "unrealistisch", sagt sie. Und: Selbst mit 18 hätte sie einen Einkommensnachweis erbringen müssen, merkte Nurten Yilmaz, Integrationssprecherin der SPÖ, an. Sie widersprach damit Khols umstrittener Aussagen.
Was stimmt jetzt?
Und was stimmt jetzt? Wie PULS 24 von einer Fremdenrechts-Rechtsanwältin bestätigt wurde, müssen bei Minderjährigen die Eltern einen Einkommensnachweis erbringen. Ab dem 18. Lebensjahr muss man selbst einen Einkommensnachweis erbringen. Das gilt unabhängig davon, ob die Person in Österreich geboren wurde oder nicht.
"Faktum ist, dass auch bei diesem Verfahren das Einkommen geprüft wird und dass auch die gesamte Familie die Grenze überschreiten muss und nur wenn das erfüllt ist kann das Kind auch ohne Eltern die Staatsbürgerschaft erhalten", bestätigt auch Wilfried Embacher, Anwalt für Fremden- und Asylrecht, im PULS 24 Interview.
Wilfried Embacher, Anwalt für Fremden- und Asylrecht, spricht mit PULS 24 über die Einbürgerung in Österreich.
An Khols Aussage stimmt also, dass Minderjährige selbst keinen Einkommensnachweis erbringen müssen, wenn sie die Staatsbürgerschaft haben wollen. Was Khol verschweigt: Die Eltern müssen diesen erbringen. Was an Khols Aussage falsch ist: Eine Ausnahme für in Österreich Geborene sieht das Staatsbürgerschaftsrecht in Bezug auf einen Einkommensnachweis nicht vor.
Der Lebensunterhalt gilt gesichert, wenn man in 36 Monaten innerhalb der letzten sechs Jahre regelmäßige Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit, Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen nachweisen kann, wobei die letzten sechs Monate jedenfalls nachzuweisen sind. Die Richtwerte liegen für eine Einzelperson bei 1.030,49 Euro, Ehepaare müssen auf 1.625,71 Euro kommen. Pro Kind kommen noch 159 Euro dazu.
Zuletzt war erneut eine politische Debatte um die Staatsbürgerschaft entbrannt. Die Arbeiterkammer und Bundespräsident Alexander Van der Bellen schlugen Lockerungen vor. Die Regierung erteilte dem eine Absage. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) versuchte in letzter Zeit immer wieder, Migrations-, Einbürgerungs- und Asylthemen auf politische Tableau zu bringen und wählte dabei durchaus scharfe Töne.
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Zusammenfassung
- Laut ÖVP-Politiker Andreas Khol brauchen in Österreich geborene Minderjährige keinen Einkommensnachweis für die Staatsbürgerschaft. PULS 24 hat recherchiert, ob das so stimmt.
- An Khols Aussage stimmt, dass Minderjährige selbst keinen Einkommensnachweis erbringen müssen, wenn sie die Staatsbürgerschaft haben wollen.
- Was Khol verschweigt: Die Eltern müssen diesen erbringen.
- Was an Khols Aussage falsch ist: Eine Ausnahme für in Österreich Geborene sieht das Staatsbürgerschaftsrecht in Bezug auf einen Einkommensnachweis nicht vor.