Begräbnis am Friedhof HernalsScreenshot / Standard

SS-Treuelied bei Begräbnis: Auch FPÖ-Politiker anwesend

Am Freitag nahmen laut "Standard" mehrere FPÖ-Funktionäre - darunter Harald Stefan und Martin Graf - an einem Begräbnis in Wien-Hernals teil. Dort soll die SS-Hymne "Wenn alle untreu werden" angestimmt worden sein. Darin wird das "heil’ge deutsche Reich" besungen. Ob die Politiker selbst sangen, sei nicht auszumachen.

Der "Standard" veröffentliche am Samstag Videoaufnahmen, die vom Begräbnis des Olympia-Burschenschafters und ehemaligen FPÖ-Bezirksrats Walter Sucher am Hernalser Friedhof stammen sollen. Laut einer online veröffentlichten Todesanzeige ist dieser am 10. September im 91. Lebensjahr gestorben. 

"Ein Leben für Ehre, Freiheit, Vaterland", ist auf der Todesanzeige zu lesen. Der ehemalige FPÖ-Bezirksrat, der schon länger nicht mehr aktiv ist, fiel einst auf, weil er bei einem FPÖ-Parteitag "Ich grüße euch alle mit einem kräftigen Heil!" in die Menge gerufen hat. Im Alter von 72 Jahren meinte Sucher in der Rede damals auch, dass er es sich nicht nehmen lassen wolle, die SS-Hymne "Wenn alle untreu werden" auch heute noch zu singen. Videoaufnahmen, die dem "Standard" zugespielt wurden, zeigen, dass eben dieses Lied nun bei seinem Begräbnis gesungen worden sein soll.

FPÖ-Funktionäre anwesend

Laut den Aufnahmen beim Begräbnis auch anwesend: Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Harald Stefan, der bei der Nationalratswahl am Sonntag auf Platz 1 der Wiener Landesliste kandidiert. Er gab am Abend nach dem Begräbnis beim Wahlkampfabschluss der FPÖ am Stephansplatz den Einpeitscher für Herbert Kickl.

Ebenso anwesend war laut "Standard" der Klubdirektor des Freiheitlichen Parlamentsklubs und Präsident des freiheitlichen Think Tanks "Atterseekreis", Norbert Nemeth, der auf der Bundesliste auf Platz 9 kandidiert. Auf den Aufnahmen ist auch der Nationalratsabgeordnete Martin Graf zu erkennen, der auf Platz 3 auf der Wiener Landesliste steht. Des Weiteren sind der ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus und laut "Standard" Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" zu erkennen. 

Ob die genannten Personen bei dem SS-Lieg mitsangen, sei laut "Standard" nicht auszumachen. Sie hätten das Begräbnis aber auch nicht verlassen. Die FPÖ-Funktionäre hätten entsprechende Anfragen nicht beantwortet. 

Gegenüber der APA zeigte sich die FPÖ dann empört über die Videoaufnahmen von der Verabschiedung. "Das Begräbnis einer Privatperson, auf dessen Planung und Gestaltung die FPÖ keinerlei Einfluss hatte, nun politisch missbrauchen zu wollen, ist pietätlos und schäbig."

"Heil’ge deutsche Reich" besungen

Die Zeitung zitiert Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, der erklärt, dass das Lied aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen würde und von der SS, die im Nationalsozialismus unter anderem für die Verwaltung der Konzentrationslager und die systematische Ermordung von Jüd:innen verantwortlich war, als "Treue"- bzw. "Staffellied verwendet worden sei. Das Lied werde im SS-Liederbuch besonders hervorgehoben. 

In der Urversion von Max von Schenkendorf werde nicht das "heil’ge deutsche Reich" besungen, diese Zeile gebe es nur in der SS-Version. Eben diese Version ist in den Aufnahmen vom Begräbnis zu hören. Laut Weidinger sei aber selbst die Urversion historisch nicht unbelastet, da sie dem Antisemiten Friedrich Ludwig Jahn gewidmet sei. 

Der Rechtsextremismusexperte Andreas Peham meinte gegenüber dem "Standard", dass das Absingen dieser Strophe nach dem Verbotsgesetz verfolgt werden "sollte und kann". 

Die veröffentlichten Aufnahmen riefen sofort erste Polit-Reaktionen hervor: "Sind das die vernünftigen Kräfte in der FPÖ, von denen Sie sprechen", kommentierte etwa die SPÖ auf "X" in Richtung Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). "Sind das die 'vielen vernünftigen Kräfte in der FPÖ', die Sie wieder in die Regierung holen werden?", fragte auch der NEOS-Politiker Douglas Hoyos den ÖVP-Chef. 

Die Grünen sahen in dem Bericht jedenfalls einen weiteren Beweis dafür, dass die FPÖ rechtsextrem sei. Justizministerin Alma Zadić forderte ÖVP und SPÖ am Tag vor der Nationalratswahl dazu auf, "endlich klare Kante zu zeigen".

Die Volkspartei bezog ihre Kritik indes einmal mehr speziell auf die "Kickl-FPÖ" unter Obmann Herbert Kickl. Dass dieser solche Vorkommnisse dulde beweise, "dass er keine Berührungsängste mit Rechtsextremen hat", schrieb die Partei auf X und wiederholte einmal mehr, dass es mit diesem keine Zusammenarbeit geben werde. 

Die Jüdische österreichische HochschülerInnen (JöH) haben die genannten FPÖ-Politiker und weitere Personen wegen Wiederbetätigung bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt.

Video: Wahlkampffinale der Parteien

ribbon Zusammenfassung
  • Am Freitag nahmen laut "Standard" mehrere FPÖ-Funktionäre - darunter Harald Stefan und Martin Graf - an einem Begräbnis in Wien-Hernals teil.
  • Dort soll die SS-Hymne "Wenn alle untreu werden" angestimmt worden sein.
  • Darin wird das "heil’ge deutsche Reich" besungen. Ob die Politiker selbst sangen, sei nicht auszumachen.
  • Gegenüber zeigte sich die FPÖ empört über die Videoaufnahmen von der Verabschiedung. "Das Begräbnis einer Privatperson, auf dessen Planung und Gestaltung die FPÖ keinerlei Einfluss hatte, nun politisch missbrauchen zu wollen, ist pietätlos".