SPÖ-Vorsitzwahl: Diese Ungereimtheiten bleiben
Bei der Bekanntgabe der Auszählungsstimmen am Samstag, mitten während des Jubelns um den neu verkündeten SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil, fiel es in den ersten Redakteuren bereits auf. Die Rechnung der SPÖ geht nicht auf, es fehlte eine Stimme beim Ergebnis.
Das offizielle Wahlergebnis vom Samstag lautete: Von 601 abgegebenen Stimmen seien 596 gültig (also 5 ungültig), 316 für Doskozil und 279 für Babler. Zählt man die Stimmen zusammen, kommt man jedoch auf 600 abgegebene Stimmen. Eine Stimme fehlte.
Die Wahlkommission machte sich nach Mediennachfragen auf die Suche. Deren Leiterin Michaela Grubesa trat am Montag vor die Presse und verkündete ein peinliches Malheur mit weitreichenden Folgen. Man habe die fehlende Stimme gesucht und gefunden, es sei eine weitere ungültige Stimme gewesen.
Dabei hätten sie und die Wahlkommission aber entdeckt, dass die Stimmen durch "einen technischen Fehler" den Kandidaten falsch zugeordnet worden seien. Statt Hans Peter Doskozil habe Andreas Babler rund 53 Prozent der Stimmen erreicht und sei demnach der neue Bundesparteichef.
Das neue offizielle Ergebnis der Vorsitzwahl: Von 602 abgegebenen Stimmen seien 596 gültig (also 5 ungültig), 317 für Babler und 280 für Doskozil.
Technischer Fehler oder Ungereimtheiten?
"Ich möchte trotzdem festhalten, dass kein einziges Mitglied der Wahlkommission gefordert hat, noch einmal nach der Verkündung des Ergebnisses eine Kontrolle durchzuführen. Dazu gehöre auch ich als Leiterin selbst. Dafür möchte ich die Verantwortung übernehmen und dafür möchte ich mich auch entschuldigen", so die schuldbewusste Wahlleiterin.
Doch ein Vergleich des korrigierten Ergebnisses mit jenem vom Samstag zeigt weitere Ungereimtheiten. Bereits am Samstag wurden 5 ungültige Stimmen ausgewiesen, Grubesa sprach am Montag von 4 ungültigen Stimmen am Samstag.
Obwohl nur eine fehlende Stimme hinzukam und die Zahl der ungültigen Stimmen gleich blieb, bekam jeder der beiden Kandidaten eine zusätzliche Stimme im Vergleich zum Samstag.
https://twitter.com/mathiasmoe/status/1665767409486123008
Der Fehler sei bei der Übertragung in eine Excel-Tabelle passiert, so Grubesa. Die Listen aus den Wahlurnen seien zusammengeführt und in das System eingespeist worden. Der Fehler sei dabei geschehen: "Das Ergebnis wurde umgedreht". Ein neuer Parteitag sei laut Grubesa nicht nötig: "Aus meiner Sicht ist der ganze Prozess belegbar", so Grubesa.
Denn was als "technischer Fehler" verkündet wurde, riecht stark nach menschlichem Versagen. Die Stimmen von rund 600 Delegierten auszuzählen sei vergleichbar mit "einer Schulsprecherwahl", fand etwa PULS 24 Infochefin Corinna Milborn. Und ihr fielen noch weitere Ungereimtheiten auf, nämlich im Ablauf des Informationsflusses.
Doskozil gab bei seiner Pressekonferenz an, er sei "am Vormittag" über den Fehler informiert worden. Grubesa sagte bei ihrer, dass sie um 14 Uhr in die Löwelstraße sei, um das Ergebnis zu überprüfen. Das Babler-Umfeld ließ verlauten, man sei um 15 Uhr infomriert worden.
https://twitter.com/corinnamilborn/status/1665777080695398404
Babler fordert Neu-Auszählung und Transparenz
Die Wahlkommission mag zwar keine Kontrolle gefordert haben, dafür tut das am Montag nach Bekanntwerden des Fehlers der neue SPÖ-Chef. Babler fordert, die Wahlkommission soll das Ergebnis nochmals prüfen. "Wenn das Ergebnis stimmt, übernehme ich das Amt", kündigte er an, bei seiner ersten Rede am Montag wirkte er noch mehr geschockt als erfreut.
"Wichtig ist, dass keine Fragezeichen bleiben und wir mit Gewissheit in die Zukunft gehen können. Ich erwarte absolute Transparenz und Klarheit. Das schulden wir der Partei, den Mitgliedern und den Wähler:innen. Jetzt ist die Wahlkommission am Zug", so Babler.
Häme von anderen Parteien und Social Media
Klar ist: Wer den Schaden hat, hat den Spott - parteiintern, von den anderen Parteien, auf Social Media und in allen Medien. "Wie konnte das passieren?", fragt man sich. Spekulationen, dass Absicht dahinter stecken könnte, ließen in sozialen Netzwerken nicht lange auf sich warten.
Zusammenfassung
- Wochenlang wurde ein neuer SPÖ-Chef gesucht, am Samstag stand Hans Peter Doskozil nach der Wahl der Delegierten fest.
- Zwei Tage später muss die Leiterin der Wahlkommission öffentlich zugeben: Das Ergebnis war falsch.
- Wie das passieren konnte und welche Ungereimtheiten noch bleiben.