SPÖ bremst bei Parteiengesetz: Reform könnte aber ohne Rote kommen
Bis auf kleinere Abstriche brauche keines der Vorhaben wirklich eine Verfassungsmehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten, sagte Politikwissenschafter Hubert Sickinger auf APA-Anfrage. Ein Beschluss ohne breiten Konsens wäre bedauerlich, aber machbar.
Parteienregister braucht SPÖ
Lediglich die Schaffung eines Parteienregisters benötige ausdrücklich eine verfassungsrechtliche Grundlage und damit neben den Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne auch die Zustimmung von SPÖ und/oder FPÖ, erklärte Sickinger. Der Kern der Reform, nämlich die Erweiterung der Einschaurechte des Rechnungshofes (RH) in die Parteifinanzen, sei hingegen bereits durch den bestehenden Paragraf 1 Absatz 6 - eine Verfassungsbestimmung - gedeckt, zeigte sich der Experte überzeugt. Dort ist vereinfacht gesprochen festgelegt, dass der RH per Bundesgesetz mit einer solchen Kontrolltätigkeit betraut werden kann.
Die Erweiterung der Kompetenzen auf echte Prüfbefugnisse des RH mittels einer weiteren Verfassungsbestimmung wäre aus "rechtsästhetischen Gesichtspunkten" zwar wünschenswert, aber juristisch nicht nötig, betonte Sickinger: "Also die Einblicksmöglichkeiten, und das ist der harte Kern der Reform, die kann man meines Erachtens schon verfassungskonform gestalten, ohne jetzt eine Verfassungsänderung zu machen." Möglicherweise gelte dies auch für die neu vorgesehene Schiedsrichterfunktion des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) in diesem Bereich. Er verwies auch darauf, dass SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt 2019 bei einer Parteiengesetzreform die ÖVP überstimmt hatten.
Neuer Bestellmodus bei Rechnungshof-Präsidenten
Nicht ohne eine große Oppositionsfraktionen wir allerdings der neue Bestellmodus des oder der Rechnungshof-Präsidenten/-in mit Zweidrittelmehrheit kommen - aber genau den hatte sich die SPÖ im Zuge der Reform ja gewünscht. Die Sozialdemokraten waren am Donnerstag noch weiter gegangen und hatten verlangt, dass mit Inkrafttreten der Neuregelung sofort eine neue Kür des RH-Chefs erfolgen sollte - was die allseits geschätzte Kraker ihren Job gekostet hätte und bei ÖVP, Grünen und auch den NEOS auf vehementen Widerstand stieß.
Die SPÖ hat Kraker zwar eine Wiederwahl in Aussicht gestellt, doch das würde für Komplikationen gesorgt. Die RH-Präsidentin mit ÖVP-Vergangenheit ist laut Verfassung auf zwölf Jahre gewählt, eine Wiederwahl ist ausgeschlossen, und sie hat bereits sechs Jahre ihrer Amtszeit absolviert. Die SPÖ stellte eine Übergangsregelung in Aussicht, doch Sickinger zeigte sich bezüglich einer solchen "Lex Kraker" in der Verfassung eher skeptisch. Überhaupt haben die Sozialdemokraten aus Sickingers Sicht in dieser Sache nicht unbedingt das Heft in der Hand. "Wenn die SPÖ glaubt, das junktimieren zu können, könnten die Regierungsparteien sagen, darauf lassen wir uns nicht ein", so das Fazit des Politikwissenschafters.
Zusammenfassung
- Sollte sich die SPÖ bei der Reform des Parteiengesetzes weiter querlegen und auf Abberufung und Wiederwahl von Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker beharren, könnte die Reform kommende Woche trotzdem beschlossen werden.
- Bis auf kleinere Abstriche brauche keines der Vorhaben wirklich eine Verfassungsmehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten, sagte Politikwissenschafter Hubert Sickinger auf APA-Anfrage.
- Ein Beschluss ohne breiten Konsens wäre bedauerlich, aber machbar.