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SPD-Chef: Gesamte Parlamentsfraktion unterstützt Scholz

SPD-Chef Lars Klingbeil sieht nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius auf eine Kanzlerkandidatur auch in der Bundestagsfraktion der deutschen Sozialdemokraten große Geschlossenheit hinter Kanzler Olaf Scholz. Das habe die interne Debatte Donnerstagabend nach dem Verzicht Pistorius' gezeigt, sagte Klingbeil am Freitag auf einer Parteiveranstaltung. Vor allem bei den Nordrhein-Westfalen in der Fraktion gab es Vorbehalten zu einer Wiederkandidatur Scholz'.

"Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten, die Reihen zu schließen und gemeinsam Wahlkampf zu machen", sagte Thüringens SPD-Chef Georg Maier dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Auch Maier hatte sich zuvor für Pistorius als Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Die Parteispitze hatte sich hinter Scholz gestellt.

Pistorius hatte am Donnerstag erklärt, dass er als Kanzlerkandidat nicht zur Verfügung stehe. Klingbeil hatte danach angekündigt, dass die SPD-Spitze den Parteigremien am Montag die Nominierung von Scholz vorschlagen werde.

Die Mehrheit der Deutschen würde eine Unions-geführte Koalition mit der SPD gegenüber einem Bündnis mit den Grünen bevorzugen. Wie aus dem am Freitag veröffentlichten Politbarometer des Senders ZDF hervorgeht, fänden 60 Prozent eine Regierung aus CDU/CSU und den Sozialdemokraten besser. Ein Zusammengehen der Union mit den Grünen würden 28 Prozent bevorzugen. Bei den Anhängern der Union fällt das Urteil noch eindeutiger aus: Hier bevorzugen 74 Prozent eine Koalition mit der SPD, nur 23 Prozent sind für ein Regierungsbündnis mit den Grünen.

Beide Varianten sind derzeit die wahrscheinlichsten Optionen. Würde bereits jetzt am Wochenende gewählt und nicht erst Ende Februar kämen CDU/CSU auf 32 Prozent. Die SPD von Kanzler Olaf Scholz kann unverändert mit 16 Prozent rechnen. Die Grünen lägen bei zwölf Prozent. Die rechte AfD und das linkspopulistische BSW kämen auf 18 beziehungsweise fünf Prozent. Die liberale FDP und Linke lägen mit drei beziehungsweise vier Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Die Unzufriedenheit mit Scholz ist weiterhin groß: 37 Prozent gaben in der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen an, dass er seine Arbeit eher gut macht. 57 Prozent sehen das nicht so. Trotz schlechter Umfragewerte wird die SPD mit Scholz als Spitzenkandidat in den Wahlkampf ziehen. Vor die Wahl gestellt, sich zwischen Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz als Bundeskanzler entscheiden zu müssen, sprechen sich 39 Prozent für Scholz aus, 44 Prozent für Merz. Scholz kann damit gegenüber Oktober zwei Prozentpunkte zulegen, Oppositionsführer Merz büßte vier Punkte ein.

Ginge es aber darum, sich zwischen SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius und Merz als nächstem Kanzler zu entscheiden, läge Pistorius mit 59 Prozent deutlich vor dem CDU-Chef mit 28 Prozent. Die Umfrage wurde abgeschlossen, kurz bevor Pistorius am Donnerstag seinen Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur bekannt gab.

Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), deren Vize Scholz war, kritisiert unterdessen die Reaktion ihres Nachfolgers im Zusammenhang mit dem Bruch der Ampel-Regierung und dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). "Als Olaf Scholz sich so ungeschminkt äußerte, gab es schon auch ein bisschen Unwohlsein im Publikum. Manche dachten: Wenn unser Bundeskanzler so außer Rand und Band ist - ogottogott -, wie schlecht steht es dann um unser Land", sagte Merkel dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Auf die Frage, ob Scholz mit seinem Auftritt die Würde seines Amtes verletzt habe, antwortete Merkel in diesem Zusammenhang: "Ich hätte es ja nicht gesagt, wenn ich das für ein Paradebeispiel für Würde hielte."

Nach der Klärung der sogenannten K-Frage startete Scholz mit einer Rede vor gut 100 Kommunalpolitikern sogleich in den Wahlkampf. Er bekräftigte darin sein Nein zur Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine, warb für eine Reform der im deutschen Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, die für mit für das Ende der Ampel-Koalition sorgte, und für mehr bezahlbaren Wohnraum. Auf die Querelen bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur ging er mit keinem Wort ein.

ribbon Zusammenfassung
  • Trotz Unzufriedenheit mit Scholz' Arbeit, die 57 Prozent der Befragten äußern, wird die SPD mit ihm als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf ziehen. Im Vergleich zu Friedrich Merz bevorzugen 39 Prozent Scholz, während 44 Prozent Merz favorisieren.