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Söder-Vize wegen antisemitischen Flugblatt weiter in Kritik

Nach dem Wirbel um ein antisemitisches Flugblatt zu Schulzeiten stehen Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger und dessen Koalitionspartner und bayrischer Ministerpräsident Markus Söder weiter in der Kritik. Der Freie-Wähler-Chef Aiwanger hatte am Samstag zurückgewiesen, in den 1980er Jahren das Flugblatt verfasst zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Der Zentralrat der Juden, SPD und Grüne sehen aber weiter Aufklärungsbedarf.

Der Inhalt des Flugblatt sei auch 35 Jahre später zu verurteilen, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, am Sonntag in Berlin. "Inwiefern Hubert Aiwanger für die Verbreitung zumindest mitverantwortlich ist, wird in Gänze nicht aufzuklären sein. Die Diskussion darüber ist erkennbar politisch", so Schuster. Das Flugblatt dürfe nicht einfach als Jugendsünde abgetan werden, "da es die für unser Land so wichtige Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus regelrecht mit Füßen tritt."

Die bayrischen Grünen forderten am Sonntag eine Stellungnahme von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). "Es gibt noch viele offene Fragen und Erinnerungslücken. Die müssen geklärt und geschlossen werden", sagte Fraktionschefin Katharina Schulze der Deutschen Presse-Agentur in München. "Denn dieses Dokument ist menschenverachtend und verhöhnt die Opfer des Holocaust. Warum hatte Hubert Aiwanger das Flugblatt denn in der Schultasche? Das hat er ja nun nicht mehr abgestritten." Jetzt sei Söder am Zug. "Ich möchte von Markus Söder wissen, ob ihm die Erklärungen Hubert Aiwangers ausreichen, um die Zusammenarbeit fortzusetzen. Da kann er jetzt nicht auf Tauchstation gehen."

Noch weiter ging die SPD: Sie hält auch weiterhin einen Rücktritt oder eine Entlassung des Wirtschaftsministers für unausweichlich - und blieb deshalb bei ihrer Forderung nach einer Sondersitzung im Landtag. Das Flugblatt sei keine Jugendsünde, sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. "Es ist für mich unvorstellbar, dass Markus Söder weiter mit jemandem kooperiert und koaliert, der den Besitz bestätigt und die Verbreitung nicht leugnen kann."

Mitten im Wahlkampf vor der Landtagswahl hatte Aiwanger am Samstag schriftlich zurückgewiesen, als Minderjähriger zu Schulzeiten das Flugblatt verfasst zu haben. Wenig später räumte Aiwangers Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben.

In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Söders konservative CSU hatte stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies auch möglich sein wird - wobei die Freien Wähler zuletzt bei 11 bis 14 Prozent lagen. Die CSU regiert im Freistaat seit der Wahl 2018 zusammen mit den Freien Wählern.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach dem Wirbel um ein antisemitisches Flugblatt zu Schulzeiten stehen Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger und dessen Koalitionspartner und bayrischer Ministerpräsident Markus Söder weiter in der Kritik.
  • Der Freie-Wähler-Chef Aiwanger hatte am Samstag zurückgewiesen, in den 1980er Jahren das Flugblatt verfasst zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte.
  • In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt.