So viele wie nie zuvor: 6.000 Migranten aus Marokko in Ceuta angekommen
6.000 Migranten erreichten die spanische Enklave Ceuta. Bei etwa 1.500 der seit Montag angekommenen Menschen handle es sich um Minderjährige. Auf marokkanischer Seite gebe es immer noch Menschen, die versuchen wollten, illegal nach Ceuta zu kommen, sagte Minister Fernando Grande-Marlaska dem TV-Sender RTVE.
Panzer und Tränengas
Im spanischen Fernsehen war zu sehen, wie Soldaten Migranten einzeln zu einem Tor im Grenzzaun führten, um sie nach Marokko zurückzuschicken. Auf dem Strand vor dem Grenzzaun waren vier Radpanzer aufgefahren. Auf der anderen Seite des Zauns wartete eine große Menschenmenge auf eine Chance, doch noch nach Ceuta zu gelangen. Einige warfen Steine Richtung Grenzzaun, durch den die Spanier sie mit Tränengas beschossen. Eine Postenkette von Soldaten mit Schlagstöcken hinderte Schwimmer daran, in Ceuta vom Meer an Land zu gehen. Nur völlig Erschöpfte wurden auf Tragen zu Krankenwagen gebracht.
Höchstwert
Noch nie zuvor waren so viele Menschen binnen eines Tages in die kleine Exklave mit rund 85.000 Einwohnern gekommen. Marokko hatte die Kontrolle der angrenzenden Strände ohne Erklärung ausgesetzt. Tausende nutzten die Chance, um an der Küste bis an den Grenzzaun zu Ceuta zu gehen. Von dort mussten sie nur um eine Mole herumschwimmen, um nach Ceuta zu gelangen.
Im Stadion untergebracht
Die Behörden der Exklave wurden völlig überwältigt und konnten nicht mehr tun, als Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Bei einem gelang ihnen das nicht. Die Erwachsenen, die zunächst in der Stadt umherirrten, wurden in ein Stadion gebracht. Die Minderjährigen wurden in einem inzwischen völlig überfüllten Auffanglager untergebracht.
EU-Kommission sieht Marokko in der Pflicht
Die EU-Kommission forderte Marokko unterdessen dazu auf, weitere Migranten an der Flucht nach Ceuta zu hindern. Die Situation sei angesichts von mittlerweile mindestens 6.000 Flüchtlingen Besorgnis erregend, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Dienstag. "Das Wichtigste ist jetzt, dass Marokko sich weiter dafür einsetzt, dass irreguläre Ausreisen verhindert werden." Zudem müssten Menschen, "die kein Bleiberecht haben, geordnet und effektiv zurückgeführt werden".
"Autobahn auf dem Meer"
Die spanische Zeitung "El País" beschrieb die Lage vor Ceuta am Vortag als eine "Autobahn auf dem Meer". Die meisten der Ankommenden seien Männer, aber es seien auch Frauen und Familien mit Babys darunter gewesen. Einige hatten Schwimmringe oder kleine Schlauchboote dabei. Nach unbestätigten Medienberichten hatten sich auch in der marokkanischen Hafenstadt Tanger Migranten aus Ländern südlich der Sahara auf den Weg in Richtung Ceuta gemacht.
Spanische Soldaten zur Unterstützung
Spanischen Regierungskreisen zufolge sind inzwischen Soldaten nach Ceuta verlegt worden. Diese würden dort zusammen mit der Polizei an der Grenze patrouillieren, sagte ein Vertreter des spanischen Innenministeriums am Dienstag. Um wie viele Soldaten es sich handle, sagte er nicht. Zudem seien zusätzlich 200 Polizisten nach Ceuta entsandt worden.
Indes erreichten über 80 Flüchtlinge zudem die spanische Exklave Melilla. Nach Angaben der örtlichen Behörden versuchten mehr als 300 Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, von Marokko aus den Grenzzaun zu überwinden. Den Behörden sei es gelungen, rund 200 Menschen zurückzuhalten. 85 Männer und eine Frau konnten die Absperrung überwinden.
Strafaktion Marokkos vermutet
Nach Einschätzung spanischer Medien ließ Marokko die Menschen nach Ceuta passieren, weil es darüber verärgert ist, dass Spanien die medizinische Behandlung des Chefs der Unabhängigkeitsbewegung Polisario für Westsahara, Brahim Ghali, in einem Krankenhaus in Logroño erlaubte. Marokko beansprucht das Gebiet an seiner Südgrenze als Teil seines Staatsgebietes.
Zusammenfassung
- Bei etwa 1.500 der seit Montag angekommenen Menschen handle es sich um Minderjährige.
- Die Behörden der Exklave wurden völlig überwältigt und konnten nicht mehr tun, als Menschen vor dem Ertrinken zu retten.
- Indes erreichten über 80 Flüchtlinge zudem die spanische Exklave Melilla.
- Nach Angaben der örtlichen Behörden versuchten mehr als 300 Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, von Marokko aus den Grenzzaun zu überwinden.