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Slowakische Regierung vor dem Zerfall

Die slowakische Regierung steht vor dem Zerfall. Ministerpräsident Igor Matovic will trotz einer ultimativen Rücktrittsaufforderung von zwei seiner drei Koalitionspartner weiter im Amt bleiben.

Matovic sicherte sich am Montagabend die Rückendeckung seiner Abgeordneten im Parlament. Vizepremier Richard Sulik hatte zuvor den Ausstieg seiner rechtsliberalen Partei SaS angekündigt, sollte Matovic nicht zurücktreten.

Den Forderungen nach einer Regierungsumbildung habe man mit der Demission von Gesundheitsminister Marek Krajci am Freitag entsprochen, hieß es von der größten Regierungspartei am Montagabend. Man bedauere, dass lediglich die Partei Sme Rodina (Wir sind Familie) sich diesem Aufruf angeschlossen habe, indem Arbeitsminister Milan Krajniak seine Demission erklärte.

Schnellste Lösung der Koalitionskrise

Der Sme-Rodina-Politiker bezeichnete seine Demission als Beitrag zu einer schnellstmöglichen Lösung der Koalitionskrise. Parteichef Boris Kollar schloss sich indes den Forderungen nach einem Rücktritt von Premier Matovic nicht an. Der Parlamentspräsident argumentierte, dass sich die Konflikte zwischen den vier Koalitionspartnern dann nur von der Regierung ins Parlament verlagern würden. Die Vorgänge in der Regierungskoalition kommentierte er scharf. "Der Zirkus geht weiter", sagte Kollar.

Sputnik-Lieferung als Auslöser

Auslöser der Regierungskrise war die eigenmächtige Entscheidung des Premiers, eine Lieferung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V entgegenzunehmen. Der Chef der größten Regierungspartei "Einfache Bürger" (Olano) hatte dabei gegen den erklärten Willen der Koalitionspartner gehandelt. Zusätzlich vergiftet wurde das Koalitionsklima durch Verbalangriffe von Matovic auf SaS-Chef Richard Sulik. Dieser forderte den EVP-Politiker am Montag ultimativ zum Rücktritt auf. Als möglicher Nachfolger wurde Finanzminister Eduard Heger gehandelt, der bereits interimistisch das Amt des Gesundheitsministers übernommen hatte.

Auch die kleinste Koalitionspartei "Für die Menschen" (Za ludi) forderte einen Rückzug des Regierungschefs. Die Koalitionskrise lasse sich nur durch einen Rücktritt von Matovic lösen, sagte Parteichefin Veronika Remisova am Montag. Es wäre auch hilfreich, wenn auch Vizepremier Sulik zurückträte, fügte sie hinzu. Justizministerin Maria Kolikova machte indes klar, dass sie nicht mehr mit dem umstrittenen populistischen Premier zusammenarbeiten möchte. "Wenn Igor Matovic sein Amt als Premier nicht aufgibt, verlasse ich die Regierung", sagte die Politikerin von "Za ludi".

Matovic seit einem Jahr im Amt

Unterdessen schaltete sich auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova in die Regierungskrise ein. Wie am Montagnachmittag bekannt wurde, setzte sie für Dienstag ein Treffen mit Matovic an. Dieses solle unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, hieß es. In slowakischen Medien wurden bereits Vergleiche zwischen Matovic und dem langjährigen Regierungschef Robert Fico gezogen, der nach dem Mord am Journalisten Jan Kuciak auf Druck der Koalitionspartner den Hut nehmen musste. Fico blieb zwar Chef der größten Regierungspartei, das Amt des Ministerpräsidenten übernahm sein Stellvertreter Peter Pellegrini.

Matovic ist erst seit einem Jahr im Amt. Er hatte bei der Parlamentswahl im Februar 2020 einen historischen Sieg gegen die lange Jahre dominierende sozialdemokratische Smer (Richtung) errungen. In Umfragen ist der wegen seines erratischen Regierungsstils umstrittene Rechtspopulist aber mittlerweile auf den dritten Platz zurückgefallen, hinter die neue Partei Hlas (Stimme) Pellegrinis und die SaS Suliks.

Matovic Bündnispartner von Kurz

Matovic zählt auch zu den Bündnispartnern von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Konflikt um die Impfstoffverteilung in Europa. Obwohl die Slowakei bereits mehr Impfdosen erhalten hat als ihr nach der Bevölkerung zustehen würden, unterzeichnete Matovic ein Schreiben von Kurz und vier weiteren EU-Regierungschefs an die EU-Spitze, in dem Gipfelberatungen zum Thema gefordert werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Ministerpräsident Igor Matovic will trotz einer ultimativen Rücktrittsaufforderung von zwei seiner drei Koalitionspartner weiter im Amt bleiben.
  • Matovic sicherte sich am Montagabend die Rückendeckung seiner Abgeordneten im Parlament.
  • Zusätzlich vergiftet wurde das Koalitionsklima durch Verbalangriffe von Matovic auf SaS-Chef Richard Sulik.
  • Dieser forderte den EVP-Politiker am Montag ultimativ zum Rücktritt auf.