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Serbien: Massenproteste gegen Regierung weiten sich aus

Serbien wird seit Wochen von massiven landesweiten Studentenprotesten erschüttert, die sich immer mehr ausweiten.

Zum ersten Mal seit 2012, als die Serbische Fortschrittliche Partei (SNS) an die Macht gekommen war, sieht sich der autoritäre Präsident Serbiens, Aleksandar Vučić, in einer Situation, aus der er noch keinen Ausweg gefunden hat.

Landesweite Massenproteste

Studenten, die landesweit alle staatliche Universitäten blockieren, ignorieren nämlich völlig die bisher unantastbare Autorität des Staatschefs und weiten die Proteste aus.

Mit dem Versuch, dem Protest von Gymnasiasten, die sich ebenfalls den Studierenden angeschlossen haben, ein Ende zu setzen, will die Regierung am heutigen Freitag die Weihnachtsferien in den Volks- und Mittelschulen auf 23. Dezember vorverlegen.

Plangemäß beginnen sie im Großteil Serbiens erst am 30. Dezember, weil die serbisch-orthodoxe Kirche Weihnachten erst am 7. Jänner feiert. Traditionell starten die Winterferien nur in der nordserbischen Provinz Vojvodina, wo viele ungarischsprachige Katholiken leben, schon vor dem 24. Dezember.

Aktivisten werfen Regierung Korruption vor

Den Anlass für die Protestwelle hatte der Einsturz des Bahnhofvordaches in der nordserbischen Stadt Novi Sad am 1. November geliefert. 15 Personen kamen dabei ums Leben. Das Gebäude war erst im Sommer nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder eröffnet worden.

Studenten, verschiedene Aktivistengruppen sowie die Opposition vermuten Korruption hinter den mangelhaft durchgeführten Renovierungsarbeiten, die zum Teil auch von etlichen, den Behörden wohl nahestehenden Firmen durchgeführt worden waren, auch wenn für die Renovierung des Gebäudes eigentlich zwei chinesische Firmen zuständig waren.

Dokumentation zu Renovierung veröffentlicht

Während Vučić und Regierungsvertreter behaupten, dass von den Behörden alle Studentenforderungen erfüllt worden seien, sehen dies die protestierenden Studenten offenbar anders. Die Regierung veröffentlichte inzwischen einen Teil der Dokumentation zu Renovierungsarbeiten. Experten stellten jedoch sogleich fest, dass es sich dabei nicht um die gesamte Dokumentation handle.

Wie der Sender TV N1 am Freitag berichtete, seien nun weitere Dokumente auf dem Regierungsportal erschienen. Zunächst ist noch unklar, ob es sich dabei um die vollständigen Unterlagen handelt.

Vučić: "Wird keine Revolution geben"

"Es wird keine bunte Revolution in Serbien geben, auch keine gewaltsame Machtübernahme", versicherte Vučić hingegen am Dienstag bei einer Sitzung der Regierung von Premier Milos Vučević.

Inzwischen gibt es jedoch praktisch keinen Tag ohne 15-minutige Verkehrsblockaden, bei denen der Opfer von Novi Sad gedacht wird und die Behörden an ihre Verantwortung diesbezüglich erinnert werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Zum ersten Mal seit 2012, als die Serbische Fortschrittliche Partei (SNS) an die Macht gekommen war, sieht sich der autoritäre Präsident Serbiens, Aleksandar Vučić, in einer Situation, aus der er noch keinen Ausweg gefunden hat.
  • Studenten, die landesweit alle staatliche Universitäten blockieren, ignorieren nämlich völlig die bisher unantastbare Autorität des Staatschefs und weiten die Proteste aus.
  • Den Anlass für die Protestwelle hatte der Einsturz des Bahnhofvordaches in der nordserbischen Stadt Novi Sad am 1. November geliefert. 15 Personen kamen dabei ums Leben.
  • Studenten, verschiedene Aktivistengruppen sowie die Opposition vermuten Korruption hinter den mangelhaft durchgeführten Renovierungsarbeiten.