Kurz' erster Tag als Klubobmann
ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat wieder in der ersten Reihe Platz genommen - nach seinem Rückzug als Kanzler diesmal als Klubobmann im Nationalrat. Zuvor war er begleitet von einem medialen Spektakel in den Plenarsaal eingezogen, wo er zu Beginn der Sitzung als Abgeordneter angelobt wurde. Vor Journalisten wies er einmal mehr die Korruptionsvorwürfe gegen ihn zurück.
Kurz hatte sich ja nach Bekanntwerden der Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht komplett aus der Politik zurückgezogen, sondern lediglich aus dem Kanzleramt. Parteichef bleibt er, Anfang der Woche wurde er außerdem einstimmig zum Klubobmann gewählt.
Die Sondersitzung wegen der aktuellen Skandale am Dienstag und die gestrige Sitzung mit der Budgetrede und dem Einbringen eines Untersuchungsausschusses zur ÖVP hatte Kurz noch ausgelassen. Am Donnerstag wählte er nun, wie man es vom Kopf der Türkisen gewöhnt ist, die Show - und nahm den prominenten Weg ins Parlamentsausweichquartier in der Hofburg.
Lob und Kritik am Budget
Dutzende Medienvertreter warteten bereits auf den Auftritt des neuen prominenten Abgeordneten am roten Teppich, der zum Plenarsaal führt. Kurz kam mit Krawatte, Maske und seinem Vize August Wöginger im Schlepptau, der wohl auch künftig die Mühen der parlamentarischen Alltagsarbeit übernehmen wird.
Betont entspannt wünschte der Altkanzler den Journalisten "einen schönen guten Morgen", bevor er die Gelegenheit nutzte, einmal mehr darzulegen, dass er einen Schritt zur Seite gemacht habe, damit die Regierungsarbeit fortgesetzt werden könne. Er werde nun als Parteiobmann und Klubobmann die Regierungsarbeit "bestmöglich" unterstützen und auch alles dafür tun, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften.
Herzliche Begrüßung mit Sobotka
Der Neo-Parlamentarier bahnte sich seinen Weg in den Plenarsaal, wo seine Klubkollegen bereits auf ihn warteten, um Hände geschüttelt zu bekommen und ein Schwätzchen mit ihrem neuen Fraktionschef zu halten. Die eintrudelnden Mandatare der anderen Fraktionen beäugten das Spektakel amüsiert, andere wie die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer vertieften sich in Unterlagen. Das hielt Kurz freilich nicht davon ab, zum Willkommensgruß schnell vorbeizuschauen. "Herr Präsident! Wolfgang!", wurde auch der Nationalratspräsident von Kurz begrüßt. NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger kam von sich aus auf ein schnelles Hallo vorbei.
Punkt 9 Uhr nahm Kurz dann in der ersten Reihe zwischen Wöginger und Peter Haubner Platz, in die zweite Reihe weichen musste dafür Michaela Steinacker. Lange hielt es Kurz freilich fürs erste nicht am Sitz: Als der Kameraschwenk für beendet erklärt worden war und die Journalisten gerade dabei waren, den Saal zu verlassen, huschte Kurz für eine Begrüßung auch noch schnell zur mittlerweile eingetroffenen SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner und auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl.
Fünf Minuten später war es dann tatsächlich soweit: Mit den Worten "ich gelobe" wurde Kurz offiziell zum Abgeordneten - unter Applaus teils auch aus anderen Fraktionen, aber längst nicht aller Kollegen im Hohen Haus.
Kritik von der Opposition
Heftige Attacken ritt neben der SPÖ - die sich an Kurz' Abwesenheit am Ende der Debatte stieß - vor allem FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er nutzte die erste Hälfte seiner Budget-Wortmeldung, um Kurz an die Gelöbnisformel zu erinnern, laut der er die Gesetze und Verfassung der Republik zu beobachten habe - "nicht mit dem Fernrohr", so Kickl.
Auch die Treue zur Republik sei enthalten: "Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass diese Republik etwas anderes ist als der tiefe Staat der Volkspartei." Und generell: "Es ist halt so, dass nicht jede Abwesenheit, die nach drei Tagen endet, auch gleich eine Auferstehung ist."
Erste Rede mit viel Lob
Sebastian Kurz trat auch erstmals als Mandatar (und neuer Klubobmann) ans Rednerpult. In seiner Rede verteidigte er das Budget - und verlor kein Wort zu den Ermittlungen gegen ihn und die ÖVP oder seinen Rücktritt als Bundeskanzler. Eine leichte Spitze gegen das Parlament konnte er sich aber nicht verkneifen: Nach zehn Jahren Regierungserfahrung wisse er, dass die Debatten und Abstimmungen im Hohen Haus eine klare Struktur hätten, die Regierungsfraktionen pro, die Opposition contra. "Das schöne an der Steuerreform ist aber, sie wird am Ende des Tages für die Menschen spürbar."
PULS 24 Politik-Chefreporterin Manuela Raidl analysiert die erste Rede von Sebastian Kurz als Abgeordneter im Nationalrat.
Kurz äußert sich in Video
Vor seiner Angelobung in der Früh hatte Kurz auch ein Video auf Facebook veröffentlicht. Darin betonte er einmal mehr, "kein Schattenkanzler" sein zu wollen. Die vergangenen Tage seien für viele im Land eine "emotionale Achterbahnfahrt" gewesen, so auch für ihn.
Zu den veröffentlichten Chatnachrichten meinte Kurz, er "verstehe absolut", dass man an den Bundeskanzler besondere Erwartungen habe, was die Wortwahl betreffe. Er sei aber "kein Roboter sondern ein Mensch mit Fehlern, mit Emotionen und ja leider manchmal auch mit Formulierungen, die ich öffentlich nicht verwenden würde".
Er behauptete, sich ohnehin bereits für die Formulierungen entschuldigt zu haben, "und ich bedauere sie auch". Diese seien aber gezielt an die Öffentlichkeit gespielt worden, um der Volkspartei und ihm zu schaden. Zudem werde derzeit vieles vermischt, so Kurz, dem eine "klare Trennung" zwischen SMS-Nachrichten und strafrechtlichen Vorwürfen fehlt. "Ich habe mir in meinem ganzen Leben noch nicht strafrechtlich irgendetwas zuschulden kommen lassen", so Kurz: "Das werde ich am Ende des Tages auch beweisen."
Zusammenfassung
- Am Donnerstag wurde Sebastian Kurz im Nationalrat als Abgeordneter und türkiser Klubchef angelobt und sprach auch erstmals als Mandatar im Plenum. Zuvor wandte er sich in einer emotionalen Videobotschaft an seine Anhänger.