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Salzburg-Wahl: Erobert die KPÖ das nächste Bundesland?

In der Steiermark ist die Kommunistische Partei seit 2005 im Landtag. In Salzburg könnte sie am 23. April nachziehen. Rückenwind gibt es aus Graz – und von Aktivist:innen aus dem ganzen Land. Eine PULS 24 Reportage.

"Wir holen gerade alles, was die KPÖ besitzt", lacht ein junges Parteimitglied. Vor dem Volksheim, dem Zentrum der kommunistischen Partei in Salzburg, versammeln sich am Freitagabend die Aktivist:innen. Viele von ihnen sind aus dem ganzen Land zum Wahlkämpfen nach Salzburg gekommen – und haben dort alle Hände voll zu tun. Auf der Terrasse sollen vor Einbruch der Dunkelheit noch Plakatständer neu beklebt werden. Über den arbeitenden Wahlkampfhelfer:innen thront ein großer Banner "Wohnräume statt Investoren-Träume", steht darauf. Das Volksheim selbst teilt sich die Partei mit einem Jazzclub im Keller, draußen ist der Soundcheck einer Band zu hören.

Wahlkampfauftakt bei der KPÖ plus

Ein klassischer Wahlkampfauftakt ist es nicht, den die KPÖ plus vergangenes Wochenende gemeinsam mit der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) beging. Dass die Partei statt auf große Wahlkampf-Partys auf Do-It-Yourself Aktionen auf der eigenen Terrasse setzt, liege vor allem am wenigen Geld, erklärt Natalie Hangöbl. Die 31-jährige Mittelschul-Lehrerin kandidiert auf Listenplatz 2. Mit Kahr fand am Freitag eine Podiumsdiskussion im Volksheim statt, der kleine Raum war bis zum letzten Steh-Platz gefüllt. Aus Graz reisen dafür über zehn Genoss:innen an. Die Stimmung ist gut.

Die Motivation der Partei kommt nicht von ungefähr. Einer Umfrage der "Salzburger Nachrichten" zufolge, steht die KPÖ plus derzeit bei sechs Prozent und könnte somit den Einzug in den Landtag schaffen. Das hat vom Spitzenkandidaten bis zu den Aktivist:innen im Straßenwahlkampf alle überrascht. In den Köpfen macht die Umfrage für alle, die für die KPÖ plus laufen, einen großen Unterschied.

"Es besteht eine echte Chance", erklärt Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl im PULS 24-Gespräch in seinem kleinen Büro im Salzburger Gemeinderat im Schloss Mirabell. Ausruhen möchte er sich jedoch nicht auf dieser Umfrage. Der finanzielle Nachteil gegenüber den anderen Parteien könnte gerade im Wahlkampf-Endspurt zum Problem werden. Mit rund 30.000 Euro Wahlkampf-Budget kalkulierte die KPÖ plus zu Beginn. Nach den positiven Umfragen erhöhte man auf 80.000 Euro. Zum Vergleich: Die ÖVP hat sich eine Obergrenze von einer Million gesetzt. Dankls Optimismus ist trotzdem spürbar. "Unser größter Verbündeter ist die Realität", betont er.

Thema: Wohnen und Soziales

Die Realität, die Dankl anspricht, zeigt sich vor allem auf dem Wohnungsmarkt. Salzburg ist die zweitteuerste Stadt Österreichs. 17,10 Euro Miete kostete ein Quadratmeter 2022 im Median, sieben Prozent mehr als noch im Vorjahr. Schon im Gemeinderatswahlkampf setzte Dankl auf das Thema Wohnen – und zog damit 2019 als Gemeinderat der KPÖ plus in Salzburg-Stadt ein. Seine Partei fordert etwa den Bau leistbarer Mietwohnungen und die Rückkehr zum Darlehensmodell bei der Wohnbauförderung.

KPÖ-Kandidat Dankl: "Wir wollen Haslauers größte Nervensäge sein"

Für den Journalisten Jonas Vogt – er hat mit "Der Kernöl-Kommunismus" ein Buch über die KPÖ Steiermark geschrieben – betreibt die KPÖ plus in Salzburg damit so etwas wie "Markenpflege". Die erfolgreiche KPÖ Steiermark habe sich mit ihren Mieterberatungen jahrzehntelang Glaubwürdigkeit erarbeitet. Daran würden sich andere Landesorganisationen wie Salzburg orientieren.

Aber nicht nur inhaltliche, sondern auch personelle Glaubwürdigkeit spielen eine Rolle. So gibt Dankl, wie die Grazer Bürgermeister Kahr, monatlich einen Teil seines Gehalts für Menschen in Not ab. "Abgehobene Gehälter führen zu einer abgehobenen Politik", ist dabei das Motto. Menschen in Problemlagen können sich bei ihm für eine Sprechstunde anmelden und sich zu den Themen Soziales und Wohnen beraten lassen. Das sei der entscheidende Unterschied zur Sozialdemokratie, so auch Vogt. "Parlamentarisch ist der Unterschied zwischen SPÖ und KPÖ meist gar nicht so groß. Die außerparlamentarischen Aktivitäten wie die Beratung und die Integrität der Kandidat:innen sind wichtiger." Außerdem wisse die KPÖ, im Gegensatz zur SPÖ, wo es Sinn ergibt, Kompromisse einzugehen – und wo man damit seine Glaubwürdigkeit verrate.

Wer geht für die KPÖ auf die Straße?

Dankl spricht davon, dass sich für KPÖ plus von der Pflegekraft bis zum Biologen alle engagieren würden. Da ist etwa Nova, ein 19-jähriger IT-Techniker aus einem Tiroler Dorf, einer von denen, die auch im strömenden Regen am Freitag weiter auf der Volksheim-Terrasse Plakate bekleben. "Ich habe das schon bei schlechterem Wetter gemacht", lacht er. Am Ende ist sein Karl-Marx-Shirt durchnässt.

Für ihn und viele andere Wahlkämpfende ist die Partei ein Hoffnungsschimmer. "Das Beste, was Salzburg passieren konnte", wie es ein anderer Salzburger beim Flyer-Verteilen vor dem Interspar Lehen zusammenfasst. Und ein Vorbild für andere Bundesländer? Nova selbst möchte in seinem Tiroler Heimatdorf mit der KPÖ in den Gemeinderat einziehen. 2027 sind dort die nächsten regulären Wahlen.

Handeln aus Überzeugung

Viele von denen, die für die KPÖ plus in Salzburg laufen, standen früher der Sozialdemokratie oder den Grünen nah – und sind heute von deren Politik enttäuscht. Auch der 61-jährige Spediteur Alfred Auer, der lange in Deutschland gelebt hat. Bei der SPD habe er nach dem Mauerfall eine "totale Selbstbereicherung" erlebt, die dazu führte, dass er sich jahrelang nicht mehr engagieren wollte. Erst mit dem Andocken bei den Kommunst:innen in Österreich habe er Leute gefunden, "die aus ihrer Überzeugung sozial gehandelt hätten."

Für Auer und viele andere geht es jedoch nicht nur um soziales Handeln, sie und die KPÖ plus wollen eine andere Gesellschaftsordnung. So sieht das auch Dankl. "Wer bei der KPÖ ist, ist Kommunist", stellt er klar. "Für uns heißt das, dass wir für ein anderes, nicht-kapitalistisches Wirtschaftssystem eintreten, in dem Wohnen, Licht, Wärme, Energie nicht zu einer Ware gemacht wird. Die Grundbedürfnisse der Bevölkerung müssen im Vordergrund stehen."

Krammer: "Grazer Bürgermeisterin Kahr unterstützt Salzburger KPÖ"

Bei eben diesen Grundbedürfnissen setzt Dankl auch im Straßenwahlkampf an. Der Wahlkampfort am Samstag, der große Interspar in Salzburg Lehen, ist nicht zufällig gewählt. Die Partei konzentriert sich vor allem auf die Bezirke mit vielen Nichtwähler:innen. Und davon leben in Salzburg eine Menge, bei der letzten Gemeinderatswahl hat nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten in Salzburg-Stadt eine Stimme abgegeben. In Lehen waren es gerade einmal 32,5 Prozent.

Gerade ältere Personen nutzten die Gelegenheit, um persönlich mit Kay-Michael Dankl ins Gespräch zu kommen. Eine von ihnen ist die Pensionistin Monika. "Ich kenn den Dankl", sagt sie. "Die restliche Politik ist so weit weg von den Menschen und der Basis." Zum Infostand kam sie, um sich vom Spitzenkandidaten direkt davon überzeugen zu lassen, nicht taktisch SPÖ zu wählen. Die Chance dafür sei aber ohnehin eher gering, betont sie.

Kritik?

In der medialen Debatte wird die KPÖ oft skeptisch beäugt. Kritisiert wird dabei etwa ein angebliches Nahe-Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Kay-Michael Dankl kann damit nichts anfangen, wie er im Gespräch mit PULS 24 Reporter Christoph Isaac Krammer betont: "Es gibt in Österreich bei der OMV, in der Wirtschaftskammer, bei einigen Parlamentsparteien mehr Putin-Freunde als in der KPÖ." Er setze sich etwa dafür ein, dem russischen Oligarchen-Vermögen in Österreich genauer nachzuspüren. Das sei gerade in Salzburg ein großes Problem.

Diese Fragen spielen im Salzburger Landtagswahlkampf nur eine geringe Rolle. "Wir machen Kommunalpolitik", betont auch Listenzweite Hangöbl. "Was uns vereint, ist eine Grundhaltung, bei der es darum geht, Politik von unten zu machen für die Leute, die politisch nicht vertreten sind."

Nur einmal im Landtag vertreten

Sollte die KPÖ plus tatsächlich in den Landtag einziehen, wäre das historisch. Am 23. April könnte das Ergebnis der KPÖ Steiermark – knapp unter 6 Prozent im Jahr 2019 – sogar überholt werden. Ein einziges Mal schafften die Kommunist:innen nach dem Zweiten Weltkrieg den Sprung in den Salzburger Landtag – und auch da nur mit einem einzigen Mandat. Das war im Jahr 1945, bei den ersten Wahlen in der Zweiten Republik.

ribbon Zusammenfassung
  • In der Steiermark ist die Kommunistische Partei seit 2005 im Landtag.
  • Rückenwind gibt es aus Graz – und von Aktivist:innen aus dem ganzen Land.
  • Eine PULS 24 Reportage.