Russland soll für Ukraine-Wiederaufbau zahlen
Daher werde die "österreichische Regierung alles tun, um die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen", meinte Schallenberg in der am Mittwochabend der APA übermittelten nationalen Erklärung Österreichs auf der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine. Er zeigte sich erfreut, dass Österreich Mittwochfrüh weitere 18 Millionen Euro zur Bekämpfung der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs bewilligt habe. Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft ist die Alpenrepublik gemessen am BIP die Nummer eins bei der humanitären Hilfe.
Zugleich sei es notwendig, so Schallenberg, langfristig zu denken, und den Wiederaufbau des Landes voranzutreiben. Mit mehr als 200 Unternehmen und 25 Produktionsstätten sei Österreich der sechstgrößte Investor in der Ukraine. Unter anderem seien einige dieser Unternehmen wie Vamed, Primetals Austria, Delta, Strabag, Waagner Biro oder das größte heimische Energiespeicherunternehmen RAG heute hier, betonte der Außenminister, der hinzufügte, dass diese Betriebe bereit seien, ihren Beitrag zum Wiederaufbau des Landes zu leisten.
"Russland verursacht die Zerstörung der Ukraine. Und Russland wird letztlich die Kosten für den Wiederaufbau zahlen müssen", meinte US-Außenminister Antony Blinken. Der britische Premierminister Rishi Sunak sagte, die westlichen Sanktionen würden so lange aufrechterhalten, bis Moskau "voll bezahlt" habe. Die beschlagnahmen russischen Vermögenswerte würden dafür eingesetzt, der Ukraine beim Wiederaufbau zu helfen.
Unterdessen einigten sich die EU-Länder auf weitere Sanktionen gegen Russland, wie der schwedische Ratsvorsitz mitteilte. Im Mittelpunkt des 11. Sanktionspaketes stehen Maßnahmen, die Schlupflöcher schließen sollen. Dazu zählt ein Transit-Verbot durch russisches Gebiet für alle Güter, die Moskau für militärische Zwecke nutzen könnte. Das Paket sieht zudem Einreise- und Vermögenssperren gegen 71 weitere Verantwortliche und 33 Organisationen vor.
Bei der von der Ukraine und Großbritannien ausgerichteten zweitägigen Konferenz beraten Regierungsvertreter aus mehr als 60 Ländern über Wege zur Unterstützung der ukrainischen Wirtschaft. Dabei setzen sie neben staatlichen Hilfsleistungen auch auf private Unternehmen und Investoren. Eine gemeinsame aktuelle Studie von Weltbank, UNO, EU und der ukrainischen Regierung schätzt die Kosten für den Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft auf rund 441 Milliarden US-Dollar (403 Milliarden Euro).
Die Summe dürfte sich angesichts des anhaltenden Krieges noch erhöhen. Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine schätzt die ukrainische Regierung die Schäden für die Umwelt auf 1,5 Milliarden Dollar. Diese "vorläufigen Schätzungen" umfassten keine "Verluste für die Landwirtschaft, Infrastruktur, Unterkünfte, und die Kosten für den Wiederaufbau des Kraftwerks selbst", sagte der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal in London.
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Staudamm am Fluss Dnipro war am 6. Juni zerstört worden, riesige Mengen Wasser traten aus und überschwemmten weitflächige Gebiete. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig vor, für den Dammbruch verantwortlich zu sein.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der per Video zur Konferenz zugeschaltet war, sagte, "jeder Tag der russischen Aggression führt zu neuen Ruinen, zu tausenden und abertausenden zerstörten Häusern, zu vernichteter Industrie, zu niedergebrannten Leben". Trotz der aktuellen Zerstörung sei die Ukraine jedoch reif für Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Landwirtschaft und sauberer Energie.
In einem BBC-Interview betonte Selenskyj die Notwendigkeit langfristiger Unterstützung für sein Land. Zur Gegenoffensive der ukrainischen Truppen sagte Selenskyj, die Fortschritte seien "langsamer als gewünscht". "Manche Leute glauben, das ist ein Hollywood-Film und erwarten jetzt Ergebnisse", sagte er. "Das ist es nicht. Es geht um das Leben von Menschen."
Mehrere Verbündete stellten Kiew eine Aufstockung ihrer Finanzhilfen in Aussicht. Washington kündigte zusätzliche 1,3 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau und die Modernisierung der ukrainischen Infrastruktur an. London versprach für die kommenden drei Jahre Kreditgarantien in Höhe von drei Milliarden Dollar, um vor allem den öffentlichen Dienst zu unterstützen. Berlin sagte für heuer weitere humanitäre Hilfe in Höhe von 381 Millionen Euro zu.
Zusammenfassung
- Die westlichen Verbündeten der Ukraine wollen ihre finanzielle Unterstützung für die ukrainische Wirtschaft erhöhen und Russland für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes zur Verantwortung ziehen.
- Zahlreiche Verbündete sagten Kiew am Mittwoch bei einer internationalen Wiederaufbau-Konferenz in London weitere Hilfen in Milliardenhöhe zu.
- Im Mittelpunkt des 11. Sanktionspaketes stehen Maßnahmen, die Schlupflöcher schließen sollen.