Russisch-ukrainische Spionage in Albanien?
Das albanische Verteidigungsministerium teilte mit, Soldaten hätten die drei Personen daran gehindert, die Gramsh-Fabrik, in der ausgediente Waffen demontiert werden, zu betreten.
Die zwei festgenommenen Männer und eine Frau sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums 24, 25 und 33 Jahre alt. Der 24-Jährige soll versucht haben, das Gelände zu fotografieren. Ein russischer Staatsbürger hätte sich mit einer Art Spray gegen die Festnahme gewehrt. Militärpolizei, Geheimdienste und Anti-Terror-Experten nahmen vor Ort Ermittlungen auf.
Ministerpräsident Rama spricht von Spionage
Beim Versuch die drei Personen aufzuhalten, sind zwei Soldaten verletzt worden. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama sagte dazu, die Festgenommenen würden der Spionage verdächtigt.
https://twitter.com/ediramaal/status/1561101617251975168
Karner: Russischer Geheimdienst an Waffenproduktionen interessiert
PULS 24 Militärexperte Gerald Karner meint im Interview, dass es zu früh für ein "endgültiges Urteil" sei. In der Vergangenheit sei es bereits vorgekommen, dass tschechische Personen die Fabrik fotografieren wollten. Dies habe den Hintergrund, dass Tschechien in der Vergangenheit ein wichtiges Zentrum für die russische Außenspionage war.
Laut Karner interessiere sich der russische Geheimdienst aufgrund von Waffenproduktionen für die Fabrik. Man habe dort Informationen sammeln wollen und dachte die Fabrik wäre weniger gut bewacht.
Grund für Einbruch unbekannt
Franziska Tschinderle, Journalistin beim "Profil", betont im PULS 24 Interview, dass bisher nicht geklärt sei, was diese Personen auf dem Gelände gesucht hätten. Gerüchten nach handle es sich um Touristen bzw. Personen aus der Urbex-Szene (Urban Exploration).
In Internetforen gebe es laut Tschinderle zwei Lager hinsichtlich dieser Annahme: Die eine Seite meint, die drei festgenommen Personen hätten lediglich ihren Beruf bzw. ihr Hobby ausgeübt. Die andere Seite sei jedoch der Ansicht, es würde sich um ein "gutes Cover" für den Geheimdienst handeln.
Letztere Szene würde sich jedoch zwei Dinge fragen: Warum bricht man in eine bewachte Fabrik ein, die offensichtlich nicht leer steht, und warum greift man Soldaten an?
Gerüchte um Produktion neuartiger Patrone
Die Fabrik war in der Zeit des Kommunismus wichtig. Doch als sich Albanien in den 1990er Jahren immer mehr dem Westen zugewandt hat, wurde die Fabrik dazu verwendet, sowjetische Militärausrüstung und Patronen unbrauchbar zu machen, sagt die Journalistin.
Laut lokalen Medien arbeite die Fabrik jedoch weiterhin für die Verteidigungsindustrie, so Tschinderle. Gerüchten zufolge würden dort neue Patrone für die NATO entwickelt werden. Dies würde auch erklären, warum Russland ein Interesse an der Fabrik habe.
Albanien wichtig für die NATO
Das Westbalkan-Land sei aufgrund seiner geografischen Lage für die NATO immer wichtiger. Zudem habe die NATO stark nach Albanien expandiert, indem sie einen Luftwaffenstützpunkt für 55 Millionen Dollar errichtet hat. Gerüchten zufolge soll auch ein Marinestützpunkt geplant sein, sagt Tschinderle.
Russland versuche, in alten Staaten des Westbalkans seinen Einfluss weiter auszubauen. Dies geschehe, laut der Journalistin, anhand von Desinformationskampagnen oder Putschversuchen. Russland wolle damit verhindern, dass sich Albanien weiter dem Westen oder der EU annähert.
Zusammenfassung
- Im NATO-Mitgliedsland Albanien sind zwei russische und ein ukrainischer Staatsbürger in der Nähe einer militärischen Produktionsstätte festgenommen worden.
- Ein russischer Staatsbürger soll versucht haben Fotos vom Gelände zu machen. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama sagte dazu, die drei Festgenommenen würden der Spionage verdächtigt.
- PULS 24 Militärexperte sagt im Interview der russische Nachrichtendienste wolle Informationen für die Waffenproduktion sammeln.
- Profil-Journalistin Franziska Tschinderle meint es wird derzeit noch diskutiert, ob es sich um Touristen oder ein "gutes Cover" handle.