Rumänischer Präsidentschaftskandidat gegen europäische Armee
Simion, der bei der Amtseinführung Trumps persönlich anwesend gewesen war, gab im APA-Interview in Wien indirekt auch der Führung der Europäischen Union die Schuld an den Spannungen mit Washington: "Die ungewählten Brüsseler Bürokraten sprechen nicht die MAGA-Sprache (Make America Great Again, Anm.). Sie haben nicht die Telefonnummern der wichtigsten Personen in Washington." Die EKR-Führung habe hingegen diese Kontakte, "und ja, wir versuchen die Beziehungen zu verbessern, um die Einheit zwischen den USA und der EU zu bewahren". Die EKR sei derzeit "die transatlantischste Partei in Europa", betonte er. "Ich bin ein Vereiniger, kein Zerstörer."
Der EKR-Vizepräsident erteilt daher dem Aufbau einer von der NATO unabhängigen europäischen Armee eine Absage. "Ich glaube nicht, dass das funktionieren kann." Die EU solle vor allem ein freier Wirtschaftsraum bleiben, betonte er, und "sich nicht in den militärischen Aspekt, in den kulturellen Aspekt einmischen". Vielmehr plädiert Simion für eine Beibehaltung der bisherigen europäischen Verteidigungsstrukturen, die auf einem engen Bündnis mit den USA basieren. Die NATO-Mitglieder sollten nichtsdestotrotz den Forderungen von Trump entsprechen und ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen: "Wir sollten mehr in Sicherheit investieren."
Gemeinsamer Kandidat der rumänischen Rechtsaußen-Kräfte
Simion tritt bei der Wiederholung der rumänischen Präsidentschaftswahl am 4. Mai als gemeinsamer Kandidat verschiedener Rechtsaußen-Kräfte an, die sich selbst als "souveränistische Bewegung" bezeichnen. Im APA-Gespräch betonte der 38-Jährige seine enge Verbindung zum von der Wahl ausgeschlossenen Ex-Wahlsieger Călin Georgescu, dessen Unterstützer er für sich zu gewinnen hofft. "Ich kandidiere für die Wiederherstellung der Demokratie in Rumänien", betonte er in Anspielung auf die umstrittene Aufhebung des Wahlergebnisses im Vorjahr nach dem Sieg des pro-russischen, rechtsextremen Georgescu. "Es geht nicht um die Person, sondern um das Prinzip der Demokratie."
Frühere Attacken Georgescus gegen ihn, etwa die Bezeichnung "Mann des Systems", seien im Kontext des vergangenen Wahlkampfs zu sehen, in dem sie Konkurrenten gewesen seien, erläuterte Simion gegenüber der APA. Er selbst hatte sich selbst zuvor als Georgescus "Erbe und Sohn" bezeichnet.
Der Chef der rumänischen rechtspopulistischen Partei AUR kam auf Einladung des in Rechtsaußen-Kreisen gut vernetzten Wiener Veranstalters und Unternehmers Ronald Schwarzer nach Wien. Dieser hatte ihn zu einem Barock-Konzert im Ferdinandihof nach Wien-Margareten eingeladen, bei dem Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) an der Gitarre zu hören war. Der rumänische Politiker berichtete der APA, er habe in Wien zwar "keine offiziellen Termine" gehabt, wohl aber "private Gespräche mit Politikern aller wesentlichen Parteien", bis auf die NEOS und die Grünen, geführt. In Österreich ist keine Partei EKR-Mitglied, die FPÖ gehört den Patrioten für Europa (PfE) an, wo auch der französische Rassemblement National von Marine Le Pen oder die Fidesz von Ungarns Premier Viktor Orbán vertreten sind.
Wiedervereinigung mit Moldau "nur nach deutschem Vorbild"
Der studierte Historiker Simion hatte seine politische Karriere als Aktivist für die Wiedervereinigung Rumäniens mit der Republik Moldau (Moldawien) begonnen. Er war im Nachbarland deshalb zur "persona non grata" erklärt worden, ebenso in der Ukraine. Im APA-Gespräch - bei dem er eine Anstecknadel trug, die Rumänien in den Grenzen der Zwischenkriegszeit darstellte -, betonte der AUR-Chef, dieses Ziel dürfe nur freiwillig und auf friedliche Weise erreicht werden. "Der einzige Weg, auf dem wir die Wiedervereinigung erhoffen können, ist nach dem Vorbild von Ost- und Westdeutschland und unter Beachtung der geltenden internationalen Abkommen."
Bezüglich früherer rumänischer Gebiete, die heute in der Ukraine oder in Bulgarien liegen, unterstrich er wiederum, es gehe ihm nicht um eine Wiedererlangung dieser Territorien: "Wir können nicht zu den Grenzen der Zwischenkriegszeit zurückkehren." Wichtig sei aber der Schutz der Rechte der rumänischen Minderheit. In diesem Zusammenhang übte er deutliche Kritik an der ukrainischen Minderheitenpolitik: "Die Regierung in Kiew benimmt sich manchmal so, wie ihre Cousins, die Russen. Sie haben sowjetische Reflexe."
Über die ethnischen Minderheiten in Rumänien, darunter als größte Gruppe rund eine Million ethnische Ungarn, äußerte sich Simion positiv. "Ethnische Minderheiten bereichern unsere Länder nur, sie bringen Wohlstand und kulturelle Vielfalt." Rumänien sei "ein Vorbild, wie man die Rechte der Minderheiten respektiert". Als Beispiel nannte er die Wahl des früheren Staatspräsidenten Klaus Johannis (2014-2025), eines deutschsprachigen Siebenbürger Sachsen. Diese habe gezeigt, "dass die Rumänen kein chauvinistisches, fremdenfeindliches Volk sind". Einen derartigen Respekt erwarte er im Gegenzug auch von jenen Staaten, in denen Rumänen als Minderheit leben, so Simion.
(Das Gespräch führte Petra Edlbacher/APA)
ZUR PERSON: George Simion (38) ist Chef der 2019 von ihm mitbegründeten rumänischen rechtspopulistischen Partei AUR ("Allianz für die Vereinigung der Rumänen"; die Abkürzung bedeutet zudem "Gold"), die bei den jüngsten Parlamentswahlen im Dezember 2024 als zweitstärkste Partei ins rumänische Parlament einzog. Er ist seit Jänner einer der Vizepräsidenten der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), deren stärksten Kräfte die italienische Regierungspartei Fratelli d'Italia (FdI) von Premierministerin Giorgia Meloni und die polnische Oppositionspartei PiS sind.
Bei der rumänischen Präsidentenwahl Ende 2024, wo überraschend der wenig bekannte pro-russische, rechtsextreme Kandidat Georgescu siegte, erreichte Simion bloß den vierten Platz. Das Verfassungsgerichtshof hob anschließend das Wahlergebnis wegen des Verdachts der Wahleinmischung Russlands auf. Auch von der Wahlwiederholung wurde Georgescu ausgeschlossen, was Simion auf Facebook zu der Aussage veranlasste, die Verantwortlichen sollten "öffentlich gehäutet werden". Nun tritt der AUR-Chef als gemeinsamer Kandidat der rumänischen Rechtsaußen-Kräfte an. Laut Umfragen dürfte er die erste Wahlrunde am 4. Mai gewinnen. In der Stichwahl am 18. Mai könnte demnach das Resultat je nach Gegenkandidaten unterschiedlich ausfallen.
Zusammenfassung
- George Simion, 38, rumänischer Präsidentschaftskandidat, lehnt eine unabhängige europäische Armee ab und setzt auf enge NATO-Bündnisse.
- Er kandidiert für die Wiederholung der rumänischen Präsidentschaftswahl am 4. Mai als Vertreter der Rechtsaußen-Kräfte.
- Simion plädiert für die friedliche Wiedervereinigung Rumäniens mit Moldau nach deutschem Vorbild.
- Er kritisiert die ukrainische Minderheitenpolitik und lobt Rumäniens Umgang mit ethnischen Minderheiten.
- Die AUR, von Simion 2019 mitbegründet, ist bei den letzten Parlamentswahlen als zweitstärkste Partei ins Parlament eingezogen.