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Regierung will mehr "Work-Life-Balance" per Gesetz

Die Bundesregierung möchte mehr Beteiligung der Väter in der Kinderbetreuung, haben die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Freitag unisono betont. Erreicht werden soll das durch einen am Mittwoch eingebrachten Gesetzesantrag, der vorsieht, dass zwei Monate der Karenzzeit vom Vater in Anspruch genommen werden müssen, sofern man die vollen 24 Monate nutzen möchte. Außerdem soll der Familienzeitbonus auf 1.480 Euro verdoppelt werden.

Die Dauer des gesetzlichen Karenzanspruchs bis zum zweiten Lebensjahr ändert sich damit nicht. "Eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme der Karenz gibt es für den anderen Elternteil natürlich nicht. Will man als Elternpaar allerdings die volle bisherige Karenzdauer bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes ausschöpfen, sind zumindest zwei Monate für den anderen Teil vorbehalten", betonte Arbeitsminister Martin Kocher bei einer Pressekonferenz am Freitag. Alleinerziehende bleiben davon unberührt. Finanziell hätten die Eltern keine Kürzungen zu befürchten, da die absolute Höhe des Kinderbetreuungsgeldes unabhängig von der Bezugsdauer gleich bleibe. Dadurch soll die Väterkarenz häufiger in Anspruch genommen und die partnerschaftliche Aufteilung der Betreuung gefördert werden.

Der von Grünen und ÖVP eingebrachte Initiativantrag soll die europäische Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige, die auch als "Work-Life-Balance-Richtlinie" bekannt ist, umsetzen. "Wir arbeiten damit gegen die Ist-Situation, das Frauen immer noch den Großteil der Care-Arbeit leisten", betonte Maurer. Erfreulicherweise würden immer mehr Männer mehr Betreuungszeit übernehmen wollen, auch diese hätten es auf Grund von Vorurteilen aber oft schwer. Deshalb werde der Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsgesetz erweitert und könne so auch von Eltern und pflegenden Angehörigen leichter in Anspruch genommen werden. "Davon profitieren beide Elternteile und die Kinder", fasste Maurer den Antrag zusammen.

Das Gesetz solle so gestaltet sein, dass Männer auch mehr als diese beiden Monate in Anspruch nehmen. Deshalb werde der Familienzeitbonus während des "Papamonats" von 740 Euro auf über 1.480 Euro pro Monat erhöht.

"Wir entbürokratisieren das Kinderbetreuungsgeld und schaffen neue Härtefallregelungen für Familien in besonders schwierigen Situationen", ergänzte Familien- und Frauenministerin Susanne Raab in einer Aussendung. So werde die Kulanzfrist bei der verspäteten Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an der Wohnadresse auf 14 Tage ausgedehnt und beim Partnerschaftsbonus werde die Antragsfrist auf 124 Tage verlängert. Dieser steht in Höhe von 500 Euro (insgesamt für beide Elternteile somit 1.000 Euro) als Einmalzahlung zu, wenn beide Eltern das Kinderbetreuungsgeld zu annähernd gleichen Teilen bezogen haben.

Der Familienzeitbonus werde künftig auch dann gewährt, wenn aufgrund eines medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthaltes des anderen Elternteils kein gemeinsamer Haushalt vorliegt. Hier werde auch die Anspruchsdauer und Verlängerung der Antragsfrist auf 121 Tage nach der Geburt geändert. Weiters sieht die neue Regelung einen Verzicht auf Rückforderung bei Tod des Kindes oder des Elternteils vor, wenn dadurch die Anspruchsvoraussetzung der Einhaltung der Mindestbezugsdauer nicht erfüllt werden kann.

Bisher gab es in Härtefällen nur beim pauschalen Kinderbetreuungsgeld eine Verlängerung des Kinderbetreuungsgeld-Bezuges. Künftig soll dies auch beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld möglich sein. In Härtefällen, in denen ein Elternteil aus bestimmten, schwerwiegenden Gründen am Bezug des Kinderbetreuungsgeldes verhindert ist, wie z.B. bei Tod oder einer schwerwiegenden Erkrankung, wird die Härtefallverlängerung im Ausmaß von maximal 61 Tagen beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld eingeführt.

Änderungen bringt das Gesetz auch für pflegende Angehörige. So müsse ab Inkrafttreten, des Gesetzes kein Verwandtschaftsverhältnis mehr vorliegen, um Pflegefreistellung in Anspruch zu nehmen.

Es ist eine Ausschussbegutachtung geplant, um Stellungnahmen berücksichtigen zu können. Wann diese Maßnahmen in Kraft treten können, hänge vom parlamentarischen Prozess ab, angestrebt sei aber Anfang November, antwortete Kocher auf eine entsprechende Journalistenfrage.

"Zu wenig und zu spät" kommt die geplante Umsetzung der EU-Richtlinien für SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner. "Einmal mehr zeigt sich, welch geringe Priorität dieses Thema bei unserer Bundesregierung hat." Sie fordert in einer Aussendung eine "Halbe-Halbe-Regelung": "Dafür müssen wir endlich den Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr für jedes Kind umsetzen. Solange dieser wichtige Schritt nicht angegangen wird, solange Politik für Unternehmer gemacht wird und das Selbstbestimmungsrecht von Arbeitnehmerinnen missachtet wird, kann von einer tatsächlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie keine Rede sein."

Wenig Positives in den Plänen der Regierung sah auch die Gewerkschaft. "Beim Ausbau der Kinderbetreuung sehen wir vollkommenes Versagen, gleichzeitig soll Müttern zwei Monate Karenz geraubt werden. Das ist ein Anschlag auf Frauen, der von der ÖVP erwartbar ist. Dass gerade die Grünen dabei mitgehen, ist unfassbar", sagte Barbara Teiber, Vorsitzende der GPA in einer Aussendung. Und weiters: "Frauen, deren Männer einfach nicht in Karenz gehen wollen, hilft diese Maßnahme nichts, sondern macht ihnen nur das Leben schwer."

Anstatt diesem "Schnellschuss zum Schaden der Arbeitnehmerinnen" hätte man "zum Beispiel längst den Partnerschaftsbonus erhöhen müssen", betonte auch ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Korinna Schumann. Es gäbe genug zu tun, was Familien wirklich helfen würde, etwa die Wochengeldfalle zu reparieren oder den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem für unter 3-Jährige, endlich voranzutreiben. Das grundsätzliche Ziel, die Väterbeteiligung zu erhöhen, würden Schumann und Teiber begrüßen.

Unterstützung kam indes vom Familienbund. Auch die NEOS begrüßen die Umsetzung der "Work-Life-Balance-Richtlinie" als ersten Schritt, fordern aber weitere. Familien müssten endlich die Entscheidungsfreiheit bekommen, wie sie ihr Leben leben wollen, sagte Familiensprecher Michael Bernhard in einer Aussendung am Freitagnachmittag. "Dazu müssen sich die Karenzmodelle dem Alltag der Familien anpassen, nicht umgekehrt." Konkret brauche es flächendeckende Kinderbetreuung und Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Darüber hinaus fordert Bernhard einen individuellen Karenz- und Kinderbetreuungsgeld-Anspruch. "Damit könnte jeder Elternteil - unabhängig vom Geschlecht - innerhalb von drei Jahren für bis zu neun Monate in Karenz gehen. Damit wäre es auch möglich, Karenzzeiten auch gleichzeitig und damit als hochqualitative Familienzeit zu nutzen."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Bundesregierung möchte mehr Beteiligung der Väter in der Kinderbetreuung, haben die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Freitag unisono betont.
  • Erreicht werden soll das durch einen am Mittwoch eingebrachten Gesetzesantrag, der vorsieht, dass zwei Monate der Karenzzeit vom Vater in Anspruch genommen werden müssen, sofern man die vollen 24 Monate nutzen möchte.
  • Unterstützung kam indes vom Familienbund.