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Rechtsextreme NPD bekommt kein Geld mehr vom deutschen Staat

Weil die rechtsextreme NPD verfassungsfeindlich ist, hat das deutsche Verfassungsgericht die in "Die Heimat" umbenannte Partei für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. "Die Antragsgegnerin missachtet nach wie vor die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet", erklärte Verfassungsrichterin Doris König am Dienstag in Karlsruhe.

Es war das erste Verfahren dieser Art am höchsten deutschen Gericht. Diskutiert werden dürfte das Urteil in Bezug auf die rechtspopulistische Parlamentspartei AfD. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte das Karlsruher Urteil und kündigte an, mögliche Auswirkungen auf andere Fälle zu prüfen. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts bestätige, "dass man den Feinden der Freiheit nicht viel Raum bieten darf", sagte Scholz am Dienstag in Berlin. Man werde sich nun genau anschauen, "was uns das in anderen Zusammenhängen sagt, die uns interessieren können".

Auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die Entscheidung. von der Entscheidung des Gerichts gehe ein klares Signal aus: "Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde." Die verfassungsrechtlichen Hürden für künftige Verfahren blieben zwar hoch, sagte Faeser laut Mitteilung. Doch "haben wir jetzt ein weiteres Instrument zum Schutz unserer Demokratie".

Vertreter der Koalitionsparteien und der Union begrüßten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls. SPD-Chefin Saskia Esken sprach von einem "Signal" in der Auseinandersetzung mit der AfD: "Dieses richtungsweisende Urteil wird uns in der Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Gefahr von heute hilfreich sein", sagte sie am Dienstag den Funke-Zeitungen. "Das Urteil macht deutlich, dass und unter welchen klar definierten Voraussetzungen unsere Demokratie sich derer erwehren darf, die ihre Mittel missbrauchen wollen, um sie zu zerstören."

FDP-Chef Christian Lindner mahnte derweil Zurückhaltung bei der Frage an, ob auch der AfD die staatliche Parteienfinanzierung beschnitten werde solle. "Man sollte beim Umgang mit der AfD ganz exakt auf das verfassungsrechtlich Notwendige und Mögliche schauen", sagte Lindner dem Sender "Welt". "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Parteien des demokratischen Zentrums sich einer unliebsamen Konkurrenz erwehren wollen, indem sie auf Mittel des Parteienrechts zurückgreifen."

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann betonte, dass es sich um ein Urteil zur NPD handle. Es sei "nicht einfach übertragbar", sagte sie. "Wir werden gründlich prüfen, welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind", kündigte sie weiter an.

Der Ministerpräsident des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), wertete das NPD-Urteil als Vorbild für ein mögliches Verfahren gegen die AfD. "Die AfD ist keine Protestpartei, sie ist eine gefährliche Nazipartei", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Wüst wies auf die hohen rechtlichen Hürden hin - "eine Option aber bleibt es", sagte er.

AfD-Vizechef Stephan Brandner sieht in dem Karlsruher Urteil nach eigenen Worten keine Vorlage für das Vorgehen gegen seine Partei. Statt der AfD müssten die anderen Parteien ins Visier genommen werden - etwa jene, die durch Corona-Schutzmaßnahmen "das Grundgesetz mit Füßen getreten" hätten, sagte er zu t-online.

Verfassungsrichterin König erläuterte, das politische Konzept der Partei Die Heimat sei weiterhin nicht mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne des Grundgesetzes vereinbar. So halte sie am ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen "Volksgemeinschaft" als Abstammungsgemeinschaft fest. Zur Verwirklichung der "deutschen Volksgemeinschaft" fordere sie die Trennung von Kulturen und Ethnien, eine umfassende rechtliche Besserstellung aller dieser Gemeinschaft Zugehörigen und die Abwertung des rechtlichen Status' aller nicht Zugehörigen.

"Die Propagierung der ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" hat eine gegen die Menschenwürde und das Gebot elementarer Rechtsgleichheit verstoßende Missachtung von Ausländern, Migranten und Minderheiten zur Folge", sagte König. Darüber hinaus wende sich die Partei gegen das Demokratieprinzip. "Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der 'ethnischen Volksgemeinschaft' ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen", sagte König. Das bestehende parlamentarische System mache sie verächtlich und rufe zu dessen Überwindung auf.

Die Möglichkeit zum Finanzierungsausschluss hat der Gesetzgeber nach dem zweiten erfolglosen NPD-Verbotsverfahren 2017 geschaffen. Ein Verbot hatte das Verfassungsgericht damals abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchsetzen könne.

Der Gesetzgeber schuf daraufhin die Möglichkeit zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung beantragten dann, die NPD und mögliche Ersatzparteien für sechs Jahre von der Teilfinanzierung auszuschließen. Der Zeitraum ist gesetzlich vorgegeben. Mit dem 129 Seiten langen Urteil entfallen auch steuerliche Begünstigungen der Partei und der Zuwendungen an sie.

Parteien können gemäß Parteiengesetz Geld vom Staat für ihre Arbeit bekommen. Die Summe wird nach einem bestimmten Schlüssel berechnet, wobei unter anderem Wählerstimmen eine Rolle spielen. Um berechtigt zu sein, müssen Parteien Mindestanteile bei den jeweils jüngsten Wahlen auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene erreichen. Da das der NPD zuletzt nicht gelang, bekam sie nach Zahlen des Bundestags seit 2021 kein Geld mehr.

Der Parteivorsitzende Frank Franz räumte schriftlich ein, das Urteil sei nicht schön für Die Heimat. "Aber wer glaubt, das würde uns aus dem Spiel werfen und uns aufhalten, der täuscht sich gewaltig." Gestärkt durch die Unterstützung ihrer Mitglieder und Spender werde die Partei ihren Weg gehen. Laut einem Sprecher hat die Partei rund 3.000 Mitglieder.

Aus Sicht der Ex-NPD wurde mit der Entscheidung "eine missliebige Konkurrenz von dieser Förderung verbannt". Es sei ein Exempel gegen eine "volkstreue Partei" statuiert worden, hieß es. "Hat es jetzt Die Heimat getroffen, steht jetzt erwartungsgemäß die AfD im Fokus."

ribbon Zusammenfassung
  • Weil die rechtsextreme NPD verfassungsfeindlich ist, hat das deutsche Verfassungsgericht die in "Die Heimat" umbenannte Partei für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen.
  • Es war das erste Verfahren dieser Art am höchsten deutschen Gericht.
  • Da das der NPD zuletzt nicht gelang, bekam sie nach Zahlen des Bundestags seit 2021 kein Geld mehr.
  • "Hat es jetzt Die Heimat getroffen, steht jetzt erwartungsgemäß die AfD im Fokus."