Rosa Lila VillaAPA/HERBERT NEUBAUER

Rechte Demo gegen Kinder-Lesung: Tretgitter, Sperren aber keine Schutzzone

Eine Kombination aus den rechtsextremen Identitären, der FPÖ und christlichen Fundamentalist:innen will am Sonntag gegen die Kinderbuch-Lesung einer Dragqueen in Wien demonstrieren. Die Polizei kündigte an, die Veranstaltung unter anderem mit Tretgittern und Sperren zu sichern. Eine Schutzzone wird es nicht geben. Die Organisatoren zeigen sich von diesem Vorgehen enttäuscht.

Kommenden Sonntag findet in der Türkis Rosa Lila Villa an der Linken Wienzeile eine Dragqueen-Lesung für Kinder statt. Die Villa ist ein Szenelokal der Wiener LGBTIQA*-Community. Schon länger agitiert die FPÖ gegen Dragqueen-Lesungen. Für Sonntag hat die Partei gemeinsam mit den rechtsextremen Identitären und christlichen Fundamentalist:innen eine Demonstration gegen den Auftritt angemeldet.

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Gegen diese angekündigte Demonstration regt sich der Widerstand. So riefen linke Gruppen dazu auf, die Villa gegen rechtsextreme Angriffe zu verteidigen. Unter dem Motto "Drag is not a crime" ("Drag ist kein Verbrechen") wird am Sonntag eine Kundgebung abgehalten. "Die LGBTIQA* Community ist in ihrer Vielfalt und mit ihren Unterschieden ein Teil der Gesellschaft, der sich nicht einfach aus dem öffentlichen Leben verdrängen lässt", heißt es dazu auf dem offiziellen Instagram-Account der Türkis Rosa Lila Villa.

Achtung, Drag Queen!?

Nachdem Aktivist:innen, Grüne und SPÖ eine Schutzzone um den Veranstaltungsort gefordert hatten, reagierte die Polizei. Auf Twitter erklärte die LPD Wien, man werde für "einen geordneten Ablauf des Versammlungsgeschehens und den Schutz der Veranstaltung sorgen". Dafür werde die Polizei wie gewöhnlich einen Schutzbereich von 50 Metern einrichten, "der unter anderem mit Tretgittern gesichert wird, um ein Aufeinandertreffen etwaiger Konfliktparteien im Rahmen der Kundgebungen zu verhindern". Die Linke Wienzeile wird zu diesem Zweck bis circa 7.00 Uhr gesperrt.

Eine Schutzzone wird es demnach nicht geben.

Es gibt bereits Kritik an diesem Vorgehen. So schreibt etwa die Landtagsabgeordnete der Wiener Grünen Viktoria Spielmann, die Polizei würde statt den anwesenden Kindern, queeren Personen und Bewohner:innen "lieber die rechtsextreme Demo" schützen. "Es ist fahrlässig, nicht zu erkennen, dass die Polizei hier einen klaren Schutzauftrag gegenüber schutzbedürftigen Gruppen wie Kindern, Minderjährigen, Regenbogenfamilien und queeren Menschen hat", so Spielmann auf Twitter. 

Auch Denise Van de Cruze vom Villa Vida, dem Lokal, in dem die Lesung stattfindet, und dem zivilgesellschaftlichen Bündnis "Wien ist queer. Drag is not a crime" kritisierte die Entscheidung der Polizei gegen ein Platzverbot. Statt einer großflächigen Schutzzone werde es nur eine Trennung der beiden gleichzeitig stattfindenden Demos durch eine Sperre geben. "Es zeigt, wo die Prioritäten bei der Polizei liegen: Nämlich die rechtsextreme Demo zu schützen und nicht die Villa, die Lesung/Show für Kinder, Regenbogenfamilien oder queeren Safespaces." Auch sie betonte den besonderen Schutzauftrag der Polizei gegenüber schutzbedürftigen Gruppen wie etwa Kindern und Minderjährigen. "Für uns ist zudem nicht nachvollziehbar, warum die Behörden die aufgehetzte Stimmung in den rechtsextremen Telegram Kanälen nicht als Eskalationspotential und Gefahr betrachtet."

Appell von Wiederkehr

Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr erklärte indes die Störung der Veranstaltung sei "ein Zeichen von Intoleranz" und habe in Wien "keinen Platz". Er fordert die Demonstrant:innen auf, sich zurückzunehmen und erwartet von der Polizei, "dass die Veranstaltungsteilnehmer:innen, allen voran die Kinder, umfassend geschützt werden."

ÖVP verlangt Streichung aller Förderungen

Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer hingegen kritisierte am Samstag per Aussendung die Lesung, die er als nicht "unschuldig" bezeichnet. Kinder würden "in ihrer Geschlechtsidentität verunsichert". Er verlangt von Stadtrat Wiederkehr die Einstellung aller Förderungen der Stadt Wien für Projekte und Vereine einstellen, "die Kinder und Jugendliche einseitig beeinflussen". 

Rechte Störaktionen

Dragqueen-Lesungen und auch die Türkis Rosa Lila Villa selbst waren in der Vergangenheit immer wieder Ziel von An- und Übergriffen. Mutmaßliche Rechtsextreme klettern in der Nacht auf den 29. März auf ein Baugerüst und brachten ein Plakat mit einer gegen die Community gerichteten Parole an der Villa an.  Im Juni 2022 wurde der Zugang zur Bücherei Mariahilf zugemauert, um die Lesung der Dragqueen Candy Licious zu verhindern. Zuvor hatten rechtsradikale Gruppen gegen die Veranstaltung gehetzt.

Vorbild USA

Inspiration gibt es dafür aus den USA. In den republikanisch dominierten US-Staaten wurden in den vergangenen Jahren sukzessive Anti-LGBTQIA*-Gesetze eingeführt, die besonders trans Personen kriminalisieren. 

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ribbon Zusammenfassung
  • Eine Kombination aus den rechtsextremen Identitären, der FPÖ und christlichen Fundamentalist:innen will am Sonntag gegen die Lesung einer Drag-Queen für Kinder demonstrieren.
  • Die Polizei kündigte an, die Veranstaltung unter anderem mit Tretgittern und Sperren zu sichern.
  • Eine Schutzzone, wie von mehreren Seiten gefordert, wird es aber nicht geben.
  • Die Organisatoren zeigen sich von diesem Vorgehen enttäuscht.