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Rechnungshof kritisiert Grundstücksgeschäfte der Stadt Wien

Der Rechnungshof kritisiert die Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien. In einem am Freitag veröffentlichten Bericht wird vor allem die enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private hinterfragt.

In Wien haben zuletzt Umwidmungen in Kleingartenanlagen, durch die SPÖ-Politiker:innen eine deutliche Wertsteigerung ihrer Grundstücke verzeichnen konnten, für Aufregung gesorgt.

Kritik an den Flächenwidmungsverfahren der Stadt kommt auch vom Bundesrechnungshof (RH). In seinem am Freitag veröffentlichten Bericht beanstandete er unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private.

Mehrmals wurden Grundstücke viel zu günstig an Private verkauft, die dann durch - oft zuvor nicht vorgesehene - Umwidmung der betreffenden Grundstücke Millionen erwirtschafteten.

Viel zu billig verkauft, Unternehmen scheffeln Millionen

Konkrete Kritik übt der RH an der Umwidmung eines ehemaligen Marktplatzes in Wien-Donaustadt. 2010 verkaufte die Stadt die Liegenschaft um 261.400 Euro an die Wien Holding GmbH, diese verkaufte sie noch am selben Tag deutlich teurer um 350.000 Euro weiter. Die Stadt war dabei laut RH über die Verkaufsabsicht der Wien Holding und den Preis informiert.

Für die Liegenschaft galt zum Zeitpunkt des Verkaufs eine Bausperre, trotzdem wurden in den folgenden Jahren zwei Bauprojekte genehmigt und der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan geändert. 2012 wurde die Liegenschaft um 1,4 Millionen und 2018 um 7 Millionen Euro durch private Unternehmen weiterverkauft, Ende 2019 bewilligte die Baupolizei schließlich ein elfgeschoßiges Wohn- und Geschäftsgebäude. Nachzahlungsverpflichtung zum Kaufpreis gab es im Vertrag der Stadt allerdings trotz Annahmen zur zukünftigen baulichen Ausnutzbarkeit keine.

Zuerst keine Umwidmung geplant, nach Verkauf dann doch

Speziell geprüft wurde auch der Verkauf einer Liegenschaft in Wien-Liesing. Dort hatte die Stadt 2017 in einem Gutachten angegeben, dass kurzfristig keine Überarbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans geplant sei. Nicht einmal ein Jahr nach dem Verkauf an ein Unternehmen, an dem wiederum über zwei Unternehmen ein ehemaliger Stadtrat beteiligt war, begann sie dann doch mit der Bearbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans.

Sporthalle zu 94 Prozent auf Gründland gebaut

Bei der "Sport & Fun Halle Praterstern" der WIP Wiener Infrastruktur Projekt GmbH, die sich im Eigentum der Stadt Wien befindet, wurde wiederum 2022 eine befristete Bewilligung für die Errichtung erteilt. Dabei stünden 94 Prozent der Halle in einem Bereich, in dem wegen der Widmung als Grünland keine Gebäude errichtet werden dürften.

Der Rechnungshof weist nicht nur auf das Problem der Versiegelung und infolgedessen weiteren Erwärmung der Stadt hin. Die Stadt gehe damit auch ein finanzielles Risiko ein, so der RH, weil der dauerhafte Bestand des Gebäudes unter anderem von der Zustimmung eines künftigen Gemeinderats abhängig sei.

Verfahren aus 4 Jahren geprüft

Konkret hat der Rechnungshof für den Bericht neun der rund 200 Verfahren der Jahre 2017 bis 2021 geprüft, damals waren die grünen Stadträtinnen Maria Vassilakou, Birgit Hebein und SPÖ-Stadträtin Ulli Sima (ab 2020) für das Planungsressort verantwortlich. Dabei stellte der RH fest, dass es - mit Ausnahme von einem Verfahren - bei allen eine enge Abstimmung mit den Grundstückseigentümern oder Projektentwicklern bei der Festsetzung oder Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne gab und jeweils schon konkrete Bauprojekte vorlagen.

Diese enge Zusammenarbeit mit Projektentwicklern kann laut RH einer unabhängigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung allerdings zuwider laufen. Durch die Sonderstellung Wiens als Land und Gemeinde gibt es außerdem in der Bundeshauptstadt anders als in anderen Gemeinden keine Kontrolle durch eine weitere Instanz.

Auch eine kritische Auseinandersetzung des Fachbeirats für Stadtplanung und Stadtgestaltung für die einzelnen Fachgebiete (etwa Architektur) war bei den untersuchten Verfahren nicht dokumentiert.

Was der Rechnungshof fordert

Der RH empfiehlt der Stadt unter anderem, bei Grundstücksverkäufen Stellungnahmen der für Stadtteilplanung und Flächennutzung zuständigen Magistratsabteilungen einzuholen. Bei Festsetzung und Abänderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen solle der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung hinzugezogen werden.

Für zukünftige Wertsteigerungen stadteigener Liegenschaften, die durch Widmungsänderungen entstehen, sollte die Stadt im Vertrag aus Sicht des RH Kaufpreisnachzahlungen vorsehen. Darüber hinaus sollten Gebäude, die auf Dauer ausgelegt sind, nicht mit einer befristeten Bewilligung errichtet werden.

Auch solle die Stadt in ihrem Fachkonzept bei Hochhäusern Einschränkungen für die Standorte sowie konkrete Mindest- beziehungsweise Maximalvorgaben vorsehen.

ribbon Zusammenfassung
  • In Wien haben zuletzt Umwidmungen in Kleingartenanlagen, durch die SPÖ-Politiker:innen eine deutliche Wertsteigerung ihrer Grundstücke verzeichnen konnten, für Aufregung gesorgt.
  • Kritik an den Flächenwidmungsverfahren der Stadt kommt auch vom Bundesrechnungshof (RH).
  • In seinem am Freitag veröffentlichten Bericht beanstandete er unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private.
  • Mehrmals wurden Grundstücke viel zu günstig an Private verkauft, die dann durch - oft zuvor nicht vorgesehene - Umwidmung der betreffenden Grundstücke Millionen erwirtschafteten.