Rauch kooperiert für Pfleger aus dem Ausland mit Deutschland
Es gebe in Österreich einen "Wettbewerbsnachteil mit anderen europäischen Staaten, weil wir in diesem Land 15 Jahre Politik gemacht haben, zum Teil jedenfalls, die so getan hat, dass alles was von außen kommt und zuwandert potenziell gefährlich und böse ist, das rächt sich jetzt", erläuterte Rauch. "Wenn manche davon träumen und reden, eine 'Festung' errichten zu wollen, eine 'Festung Österreich', wie die FPÖ das tut, dann muss man den Menschen auch dazu sagen, in dieser Festung wird keine angemessene Pflege mehr stattfinden", betonte der Gesundheitsminister.
Er sei "überrascht", wie schnell der Beinahe-Kollaps in der Pflege vonstattengeht, erklärte EHFG-Präsident Clemens Martin Auer. Kernproblem im Krankenhauswesen und in den Pflegeeinrichtungen "ist das hierarchische System". Die Politik könne in erster Linie mehr Geld hineinpumpen. Eine bessere Work-Life-Balance und mehr Urlaub für das Personal dagegen, "das ist eine Managementaufgabe" der Kranken- und Pflegeeinrichtungen, sagte der frühere Sektionschef im Gesundheitsministerium.
Auer empfahl "jedem Landeshauptmann und jeder Landeshauptfrau", sich mindestens einmal im Monat die Spitze des Krankenhausmanagements zu sich zu holen und zu fragen, "was sie getan haben im letzten Monat, dass es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kranken- und Pflegeeinrichtungen besser geht. Und wenn sie nach einem halben Jahr keine Erfolge aufzuweisen haben, sollen sie sie rausschmeißen".
Es sei überprüfbar, dass Häuser die gut geleitet sind, "besser funktionieren, weniger Fluktuation haben, höhere Arbeitszufriedenheit da ist, das trifft sowohl auf Alters- und Pflegeheime wie auf Spitäler zu", sagte Rauch auf APA-Nachfrage zu den Ausführungen von Auer. "Natürlich kann die Politik Rahmenbedingungen schaffen", betonte der Gesundheitsminister. Zudem gebe es "frisches Geld" nur gegen Reformen. Milliarden Euro hineinzupumpen "ohne einen Effekt für die Patientinnen und Patienten zu erzielen, das ist nicht unsere Absicht und das ist nicht unsere Zielsetzung", betonte er.
Mehr als 90 Prozent der Pflegepersonen sind weiblich, aber nur die Hälfte in Führungspositionen sind Frauen, berichtete Sabine Ludwig, Professorin für Diversität in der Medizin von der MedUni Innsbruck. Dabei haben Frauen in Gesundheitsberufen u.a. einen weniger patriarchalen Blick auf Patientinnen, nehmen sich mehr Zeit für Patientinnen und verschreiben weniger Antibiotika, erläuterte sie. Daher wurde auf dem EHFG der Startschuss für eine Österreich-Sektion des internationalen Netzwerks Women in Global Health gegeben. Dieses habe das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen und die Arbeitsbedingungen von Frauen in Gesundheitsberufen zu verbessern, erläuterte Ludwig.
Von Dienstag bis Freitag kommen europäische Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesundheitsbranche zum 26. Mal zum European Health Forum Gastein zusammen. Hauptthema in Bad Hofgastein ist die Krise des Gesundheitssystems samt nachwirkender Schockwellen und Erschöpfung des Personals durch die Corona-Pandemie. Themen von Sitzungen sind etwa auch Antibiotikaresistenzen, der Medikamentenengpass und mögliche Warnhinweise auf alkoholischen Getränken in der EU. Zu den Vortragenden zählen neben Rauch u.a. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides und WHO-Europadirektor Hans Kluge.
( S E R V I C E - European Health Forum Gastein (EHFG) von 26. bis 29. September als hybride Veranstaltung unter dem Titel "Health systems in crisis. Countering shockwaves and fatigue" - www.ehfg.org )
Zusammenfassung
- Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vertraut bei der geplanten Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland auf eine enge Kooperation mit Deutschland.
- "Deutschland ist uns einen wesentlichen Schritt voraus", etwa bei der Definition von Zielländern und dem dortigen Aufbau von Ausbildungsstrukturen, sagte Rauch zum Start des European Health Forum Gastein (EHFG) am Dienstagnachmittag.