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Pro-russische Separatisten bitten um Anschluss an Russland

Nach Abschluss der Scheinreferenden in vier russisch besetzten Regionen der Ukraine haben die Separatisten in Luhansk und Cherson Russland um die Annexion dieser Gebiete gebeten.

Der Separatisten-Anführer in Luhansk, Leonid Passetschnik, nannte Russland den "Heimathafen", in den die Bevölkerung zurückkehren wolle. Das russische Außenministerium verteidigte die Referenden als "im Einklang mit internationalem Recht".

Moskau: Werden bald Maßnahmen ergreifen

Man werde bald Maßnahmen ergreifen, um den Wunsch der vier Regionen nach einem Anschluss an Russland zu erfüllen, hieß es in Moskau. Die Duma in Moskau will Anfang nächster Woche über die Annexionen entscheiden. Die Ukraine forderte unterdessen weitere Militärhilfen vom Westen.

Passetschnik sagt ein einer Botschaft an Putin, er bitte diesen, "die Frage eines Anschlusses der Volksrepublik Luhansk an Russland als Mitglied der Russischen Föderation zu prüfen". In der im Onlinedienst Telegram verbreiteten Erklärung führte Passetschnik aus: "Wir sind uns der historischen, kulturellen und spirituellen Verbindung zum multinationalen Volk Russlands bewusst."

Die Bewohner seiner Region hätten den "Traum", in den "Heimathafen" Russland zurückzukehren. Er werde mit dem pro-russischen Anführer in der Region Donezk, Denis Puschilin, nach Moskau reisen, um den Anschluss an Russland zu formalisieren.

Separatisten-Chef in Cherson spricht von "historischer Entscheidung"

Ähnlich wie Passetschnik äußerte sich der Separatisten-Chef in Cherson, Wladimir Saldo. Die Bewohner in Cherson hätten eine "historische Entscheidung" getroffen und beschlossen, "Teil der multinationalen Bevölkerung der Russischen Föderation zu werden". Saldo sprach von einem "vollkommen legalen" Wahlprozess und berief sich auf das in der UN-Charta festgeschriebene Selbstbestimmungsrecht der Völker.

Die beiden russischen Parlamentskammern wollen schon am Montag und Dienstag über die Annexionen entscheiden. Die Duma habe ihren Terminkalender geändert und komme an beiden Tagen zu Plenarsitzungen zusammen, sagte Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin.

Russischer Angriff auf Donezk wird fortgesetzt

Auch nach den Scheinreferenden will Russland den Krieg in der Ukraine jedenfalls bis zur Eroberung des gesamten Gebiets Donezk fortsetzen. Das sei das Mindestziel, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Bisher kontrollieren die russischen Truppen und die Separatistenverbände rund 58 Prozent des ostukrainischen Gebiets Donezk. "Sie wissen ja, dass nicht das gesamte Territorium der Donezker Volksrepublik befreit ist", sagte Peskow. Das russische Verteidigungsministerium hatte eingeräumt, dort viel langsamer voranzukommen als geplant.

"Wie auch im Falle der ukrainischen Krim bleiben die Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson souveräne Territorien der Ukraine", betonte hingegen Kiew am Mittwoch. Die Ukraine habe das volle Recht, ihre territoriale Integrität mit militärischen und diplomatischen Methoden wiederherzustellen. "Die Ukraine wird niemals irgendwelchen Ultimaten Russlands zustimmen", hieß es weiter.

Ukrainische Regierung fordert Verstärkung des Westens

Die ukrainische Regierung forderte daher vom Westen erneut eine "bedeutende" Verstärkung seiner militärischen Unterstützung. Konkret forderte das ukrainische Außenministerium Kampfjets, Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie mit hoher Reichweite sowie Ausrüstung zur Luft- und Raketenabwehr.

Ehemaligen Einwohnern zufolge haben die Referenden zu einer Fluchtbewegung aus den betroffenen Gebieten geführt. Die größte Angst sei, dass dort sofort mit der Einberufung von Männern in die russische Armee begonnen werde, sobald die Regionen zu russischem Territorium erklärt würde, erklärte ein 43-jähriger Mann aus Dorf Golo Pristan in Cherson, der mit seiner Familie geflüchtet war. "Viele Leute lassen einfach alles hinter sich. Es gibt Orte, die komplett verlassen sind." Zudem herrsche in den besetzten Gebieten Gesetzlosigkeit. "Ganze Dörfer brechen auf."

Völkerrecht erkennt Annexionen nicht an 

Zu erwarten ist, dass ähnlich wie im Fall der von Russland 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim das Vorgehen Moskaus auch jetzt völkerrechtlich nicht anerkannt wird. Die Europäische Union betonte bereits, den Ausgang der Scheinreferenden nicht anzuerkennen. "Die EU verurteilt die Abhaltung illegaler "Referenden" und deren gefälschte Ergebnisse", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch auf Twitter. "Das ist eine weitere Verletzung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine, die mit systematischen Menschenrechtsverletzungen einhergeht."

Österreich verurteilt Scheinreferenden "aufs Schärfste"

Auch Österreich verurteilte die Abhaltung der Scheinreferenden "aufs Schärfste". "Sie sind ein weiterer, schwerwiegender Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine", schrieb das Außenministerium in einer Stellungnahme von Mittwoch. Österreich erkenne daher selbstverständlich weder die völkerrechtswidrigen Scheinreferenden noch eine Annexion ukrainischer Gebiete an.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach den "so genannten "Referenden" jegliche Legitimität" ab. Das ganze Verfahren, das nach internationalem Recht illegal sei, sei "nichts anderes als ein weiterer bedauerlicher Akt in Russlands Aggressionsstrategie gegen die Ukraine", sagte Denis Krivosheev, stellvertretender Direktor von Amnesty International für Osteuropa und Zentralasien.

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  • Nach Abschluss der Scheinreferenden in vier russisch besetzten Regionen der Ukraine haben die Separatisten in Luhansk und Cherson Russland um die Annexion dieser Gebiete gebeten.