Popper glaubt an baldigen Peak und Reduktion durch Lockdown
Ein offensichtlicher Trend zur Reduktion lässt sich aus den aktuellen Infektionszahlen - am Mittwoch meldeten Innen- und Gesundheitsministerium 15.365 Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden - nicht herauslesen. "Wir gehen aber im Modell davon aus, dass wir regional unterschiedlich jetzt einen Peak erreichen werden", erklärte der Wissenschafter von der Technischen Universität (TU) Wien und dem TU-Spin-off dwh, das Teil des Prognosekonsortiums ist. Ausgehend von einer derart hohen Zahl an positiven Tests wie aktuell liege es aber nahe, dass Infektionszahlen nicht innerhalb nur weniger Tage stark zurückgehen können. Man sehe aber schon "zarte" Hinweise, dass dem so sein dürfte. Dies scheint derzeit aber wohl noch vor allem durch "Vorwegeffekte" vor dem Lockdown begründet zu sein.
"Im Modell sehen wir eine Stabilisierung auf Basis von Kontaktreduktion, reduzierter Mobilität und Immunisierung", so Popper. Man müsste aber von dem bisher hierzulande ungekannt hohen Plateau herunterkommen und das werde man bis Anfang nächster Woche sehen. "Es reicht uns ja nicht, wenn wir auf den aktuellen Zahlen bleiben, denn das führt ja zu einer weiteren Be- und Überlastung des Systems." Klar sei leider, dass die Zahlen der Intensivpatienten jetzt noch eine Zeit lang "weiter steigen werden", sagte Popper.
Entscheidend sei nun die Frage, wie schnell die Infektionszahlen gedrückt werden können. Hier schauen die Forscher besonders auf die weitere Reduktion der Mobilität, den Betrieb in den Schulen - inklusive der Frage, wie gut das Monitoring österreichweit funktioniert bzw. wie man es verbessern kann - und die Nutzung von Homeoffice. Ein Problem für die Modellrechner ist, dass in vielen Gegenden Österreichs das zuvor bei weitem nicht flächendeckend aufgebaute PCR-Testsystem gehörig unter Druck steht.
Wohin die Reise geht, soll dann spätestens Anfang bis Mitte der nächsten Woche deutlich klarer werden. Mit sieben weiteren Tagen an Infektionsentwicklung gehe sich dann voraussichtlich auch jene Evaluation der Wirksamkeit des Lockdowns aus, die laut den Plänen der Bundesregierung zehn Tage nach Beginn erfolgen soll. Popper: "Das ist genau das, wo wir in solchen Phasen versuchen beizutragen, möglichst frühzeitig die Dynamik einzuordnen." Wäre bis dahin kaum etwas zu sehen "müssten wir die jetzt - auf Basis aktueller Daten und bisheriger Effektivität von Lockdowns - angenommene Einschätzung der Wirksamkeit im Modell allerdings reduzieren", so Popper.
Dass einige Österreicher schon vor der Bekanntgabe des harten Lockdowns am Ende der vergangenen Woche ihre Mobilität eingeschränkt haben, zeigen der APA vorliegende Auswertungen von Forschern des Complexity Science Hub (CSH) Vienna um Peter Klimek auf Basis von anonymisierten Daten von Mobiltelefonen. Demnach habe ab dem "Lockdown für Ungeimpfte" (ab 15. November) bereits eine Entwicklung eingesetzt, in der Menschen ihren Bewegungsradius merklich eingeschränkt haben. Dies sei in etwa vergleichbar mit der Reduktion, die sich im vergangenen Herbst mit Beginn der Ausgangsbeschränkungen ab 3. November eingestellt hat.
Allerdings ist die nun aufgezeichnete Reduktion in den verschiedenen Bundesländern recht unterschiedlich ausgeprägt. Im Vergleich zu denselben Wochentagen im Vormonat (von 11. bis 17. Oktober 2021) stellte sich die deutlichste Mobilitätsreduktion in den besonders stark von Covid-19-Neuinfektionen geplagten Bundesländern ein. In Salzburg verzeichnete man ein Minus von 16,9 Prozent, in Oberösterreich ging die Mobilität um 14,7 Prozent zurück. Im Burgenland gab es ein Minus von 13,6 Prozent. Bei Werten etwas über zwölf Prozent lagen Tirol, Niederösterreich und die Steiermark. In Wien (minus 10,7 Prozent), Vorarlberg (minus 8,5 Prozent) und Kärnten (minus 8,3 Prozent) waren diese "Vorwegeffekte" am geringsten.
Aktuell stellt sich freilich auch die Frage, wie die angestrebte Kontaktreduktion in der Bevölkerung seit Beginn des harten Lockdowns am Montag (22. November) umgesetzt wird. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 bremste sich das öffentliche Leben bekanntlich deutlich ein. Damals reduzierte sich die Mobilität österreichweit um rund 40 Prozent gegenüber den Durchschnittswerten vor Pandemiebeginn im Jänner 2020. Am ersten Tag des aktuellen harten Lockdowns betrug die Reduktion aber lediglich 18 Prozent gegenüber dem Referenzwert, wie die "Kleine Zeitung" am Mittwoch unter Berufung auf Daten der Grazer Firma Invenium berichtet. Zum Vergleich: In den Lockdowns im vergangenen Herbst und im Frühjahr lag das Minus bei der Mobilität bei rund 25 Prozent.
Zusammenfassung
- Zum Vergleich: In den Lockdowns im vergangenen Herbst und im Frühjahr lag das Minus bei der Mobilität bei rund 25 Prozent.