APA/APA (AFP)/SEBASTIAN SCHEINER

Pompeo besprach in Israel mögliche Annexionen

Einen Tag vor der Vereidigung der neuen Regierung in Israel hat US-Außenminister Mike Pompeo am Mittwoch das Land zu Gesprächen über israelische Annexionspläne für Teile des besetzten Westjordanlands besucht. Die Koalitionsvereinbarung zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und dem neuen Regierungspartner Benny Gantz enthält ein entsprechendes Konzept für die Annexionen.

Einen Tag vor der Vereidigung der neuen Regierung in Israel hat US-Außenminister Mike Pompeo am Mittwoch das Land zu Gesprächen über israelische Annexionspläne für Teile des besetzten Westjordanlands besucht. Die Koalitionsvereinbarung zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und dem neuen Regierungspartner Benny Gantz enthält ein entsprechendes Konzept für die Annexionen.

Diese sind im umstrittenen Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump vorgesehen. Im Westjordanland wurde unterdessen ein junger Palästinenser bei Zusammenstößen erschossen.

Während die USA die geplanten Annexionen jüdischer Siedlungen und strategisch wichtiger Gebiete im Westjordanland bereits gebilligt haben, sehen weite Teile der internationalen Gemeinschaft in den Gebietsanschlüssen einen Verstoß gegen das Völkerrecht und warnen Israel davor.

Die Koalitionsvereinbarung von Netanyahu und Gantz sieht vor, dass die Regierung ab dem 1. Juli die Umsetzung von Trumps Nahost-Plan in Erwägung ziehen kann. Die Palästinenser lehnen Trumps Plan vehement ab und beendeten bereits 2017 wegen der pro-israelischen Haltung der Trump-Regierung die Beziehungen zu Washington.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte, Pompeo habe vor seinem Israel-Besuch am Mittwoch keinen Kontakt mit den Palästinensern gesucht. "Die Trump-Regierung kollaboriert bei den Annexionsplänen mit Israel", sagte Erekat. "Das ist sowohl ein Versuch, die Rechte der Palästinenser zu begraben, als auch ein unverhohlener Angriff auf das auf Rechten basierende internationale System."

Israel kontrolliert das Westjordanland seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967. Neben den knapp drei Millionen dort lebenden Palästinensern leben in den jüdischen Siedlungen auf dem Gebiet mehr als 400.000 Israelis. Die Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal. Für die Palästinenser und große Teile der internationalen Gemeinschaft würden israelische Annexionen jegliche Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung zunichtemachen.

Im Westjordanland dauerte die Gewalt am Mittwoch an: Dort wurde nach palästinensischen Angaben ein Jugendlicher bei Zusammenstößen von der israelischen Armee erschossen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium kurz nach Pompeos Ankunft mitteilte. Der 15-jährige Palästinenser sei mit einem Kopfschuss in der Nähe von Hebron getötet worden, hieß es. Vier weitere Palästinenser wurden demnach bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee verletzt. Die israelische Armee erklärte, sie habe auf "gewaltsame Ausschreitungen" reagiert und untersuche palästinensische Berichte über Opfer.

Es war bereits der zweite Todesfall bei Auseinandersetzungen im Westjordanland binnen zwei Tagen. Am Dienstag hatte ein Palästinenser einen israelischen Soldaten bei einer Razzia nahe Jenin getötet.

Eine Messerattacke vor einem israelischen Krankenhaus, bei der am Mittwoch ein Wachmann verletzt wurde, hatte indes offenbar einen kriminellen Hintergrund. Die Polizei gehe nicht von einem Anschlag aus, hieß es. Ein Wächter des Sheba-Krankenhauses bei Tel Aviv habe während des Vorfalls auf den Angreifer geschossen, teilte ein Polizeisprecher mit. Dieser sei später an seinen Verletzungen gestorben, teilte das Krankenhaus mit. Polizisten sperrten den Tatort ab.

Erst vor zwei Wochen war bei der Messerattacke eines Palästinensers in der israelischen Stadt Kfar Saba eine 62-jährige Frau verletzt worden. Seit Oktober 2015 kam es mehrfach zu Messerattacken von Palästinensern auf israelische Soldaten oder Zivilisten. Zuletzt waren solche Angriffe in israelischen Städten jedoch selten geworden.

Inmitten der neuen Gewalt machten Pompeo und Netanyahu vor Beginn ihres Treffens hinter verschlossenen Türen zunächst keine Angaben zu den Annexionsplänen. Vor seinem Jerusalem-Besuch hatte Pompeo aber der israelischen Zeitung "Israel Hayom" gesagt, die Entscheidung liege bei Israel. Er wolle wissen, wie die neue Regierung darüber denke.

Der ehemalige US-Botschafter in Israel, Daniel Shapiro, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Trump-Regierung wolle die Annexion, um pro-israelische US-Wähler vor der US-Präsidentschaftswahl im November an Trump zu binden. Netanyahu wiederum könnte dies unterstützen, um einen für Israel ungünstigen Wechsel im Weißen Haus zu verhindern. Allerdings würden israelische Annexionen internationale Risiken bedeuten, zudem könnten sie zu einer Spaltung innerhalb der israelischen Regierung führen.

Pompeo und Netanyahu verurteilten in Jerusalem unterdessen den gemeinsamen Erzfeind Iran: "Selbst während dieser Pandemie, selbst während das iranische Volk selbst so zu kämpfen hat, nutzen die Iraner die Ressourcen des Ayatollah-Regimes, um Terror in aller Welt zu schüren", sagte Pompeo mit Blick auf die Corona-Pandemie, die auch den Iran schwer getroffen hat. Dies sage viel aus über "die Seele der Menschen, die das Land führen".

Netanyahu lobte den anhaltenden Druck der USA auf den Iran - ein Land, welches seine "aggressiven Darstellungen und seine aggressiven Handlungen gegen Amerikaner, Israelis und alle anderen in der Region" fortsetze.

ribbon Zusammenfassung
  • Einen Tag vor der Vereidigung der neuen Regierung in Israel hat US-Außenminister Mike Pompeo am Mittwoch das Land zu Gesprächen über israelische Annexionspläne für Teile des besetzten Westjordanlands besucht.
  • Die Koalitionsvereinbarung zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und dem neuen Regierungspartner Benny Gantz enthält ein entsprechendes Konzept für die Annexionen.
  • Die Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal.