Polaschek widmet Schuljahr dem Gewaltschutz
Nimmt man beispielsweise Wien her, hat sich die Zahl der Straftaten an Schulen von 2021 auf 2023 von 962 auf 1.932 fast verdoppelt. Freilich spielt hier die Corona-Pandemie eine nicht unwesentliche Rolle. Aufgrund der Lockdowns waren die Bildungseinrichtungen im Jahr 2021 etliche Wochen geschlossen, was die Zahlen auch im Vergleich zu den Jahren davor deutlich nach unten gedrückt hat.
Dennoch ist im Vorjahr selbst gegenüber 2022 ein Anstieg merkbar, wenn auch nur um gut 200 Delikte. Auffällig ist, dass dieser vor allem auf die Außenbezirke zurückgeht. Das größte Plus gehört der Donaustadt mit 45 Delikten mehr als 2022, dahinter folgt Floridsdorf mit plus 42. In Ottakring waren es 38 mehr.
Für Polaschek sind die Zahlen jedenfalls "erschreckend", wie er betonte: "Wir haben ein Gewaltproblem an Österreichs Schulen." Er wolle daher alles tun, um die Bildungseinrichtungen sicherer zu machen.
Der Minister wiederholte sein schon am Freitag präsentiertes Konzept, wonach jede Schule ab kommendem Schuljahr ein eigenes Kinderschutzkonzept samt Risikoanalyse wird umsetzen müssen. Zudem ist ein Verhaltenskodex für alle am Schulleben beteiligten Personen vorgesehen.
Natürlich müsse man aber auch konsequent vorgehen, wenn etwas passiere, unterstrich der Minister. Ein Herabsetzen der Strafmündigkeit wäre da ein wichtiges Signal an die Jugend. Rund 450 der Tatverdächtigen in Wien waren im Vorjahr unter 14.
Dass Bildungsminister Polaschek das nächste Problem auf die Schulen abwälze, sei "letztklassig", befand SP-Kinderrechtesprecher Christian Oxonitsch. Vor sieben Monaten seien die Kinderschutzkonzepte beschlossen worden, jetzt sollten sie die Schulen ohne jegliche Unterstützung und zusätzliche Ressourcen im Alleingang ausarbeiten, um damit alle Probleme zu lösen, für die der Minister keine Antworten habe. Ähnlich FP-Bildungssprecher Hermann Brückl: Dass Polaschek die Verantwortung für die Umsetzung des Kinderschutzkonzepts wieder auf die Schulen schiebe, sei "ungeheuerlich".
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bewarb indes eine stärkere Einbindung der Eltern, die dazu auch über Sanktionen gefordert sein sollten. Gesprächsverweigerung von Vätern mit weiblichen Lehrkräften dürften nicht mehr toleriert werden: "Und wenn das ganze gute Zureden nichts nützt, dann muss auch der Strafrahmen erhöht werden, wenn Eltern ihre Mitwirkungspflichten verletzen, von derzeit maximal 440 Euro auf maximal 2.500 Euro. Am Ende wird es ohne Strafen nicht gehen."
"Fassungslos" über den Anstieg der Delikte zeigte sich der Wiener FPÖ-Klubobmann Maximilian Krauss. Statt Suspendierung seien verpflichtende Bootcamps für gewaltbereite, renitente Schüler zu etablieren. Zudem müsse die Strafmündigkeit auf zwölf gesenkt werden. Brückl und der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer sahen in Polascheks Auftritt eine reine PR-Aktion.
Zusammenfassung
- Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) kündigte an, das kommende Schuljahr dem Gewaltschutz zu widmen, um auf die erschreckenden Zahlen der Delikte an Schulen zu reagieren, die in Wien von 962 im Jahr 2021 auf 1.932 im Jahr 2023 fast verdoppelt haben.
- Jede österreichische Schule wird ab dem nächsten Schuljahr verpflichtet, ein eigenes Kinderschutzkonzept inklusive Risikoanalyse zu implementieren, was eine direkte Reaktion auf die gestiegenen Gewaltvorfälle ist.
- Kritik kam von Christian Oxonitsch (SPÖ) und Hermann Brückl (FPÖ), die bemängelten, dass die Schulen ohne zusätzliche Unterstützung die Kinderschutzkonzepte umsetzen sollen, was sie als Abschieben der Verantwortung durch den Minister sehen.