Oman für Gespräche mit Taliban
Wenn die Gelegenheit komme, müsse auch mit den Taliban gesprochen werden, so der omanische Außenminister. Er fügte hinzu: "Regierungen kommen und gehen, das Volk bleibt. Unser Verhältnis zu den Menschen in Afghanistan wird immer warm sein und wir werden sie immer unterstützen." Es gebe in Afghanistan zwar "eine neue Realität", doch sei es Aufgabe der Nachbarn in der Region und der Internationalen Gemeinschaft in einer normalen und friedvollen Atmosphäre das Gespräch zu suchen.
Schallenberg erklärte, das Sultanat sei ein pragmatischer Anker der Sicherheit und Stabilität in einer bewegten Region. "Es ist beeindruckend, dass der Oman mit allen redet", meinte der Außenminister. "Wir sind beide mittelgroße Staaten, die an den Wert des Dialoges und des Multilateralismus glauben." Es sei daher "gut, dass wir wieder hier sind", fügte der Außenminister hinzu und meinte damit die offizielle Wiedereröffnung der österreichischen Botschaft in Maskat.
Deren Vorgängerin war 2011 aus Spargründen geschlossen worden. Es gebe aber viele "politische, wirtschaftliche und kulturelle" Perspektiven, die dazu geführt hätten, dass im Oman nun wieder eine eigene Vertretung installiert worden sei. Die Botschaft hatte 2019 ihre Arbeit wieder aufgenommen, die feierliche Inauguration musste wegen der Corona-Pandemie aber aufgeschoben werden. Gerade im Wirtschaftsbereich gebe es Potenzial, analysierte Schallenberg. "Der Oman ist im Vergleich mit anderen Ländern der Region eine Art weißer Fleck auf der Wirtschaftslandkarte." So werde daran gearbeitet, bald Direktflüge zwischen dem Oman und Österreich zu etablieren. "Das wäre ein Boost für den Tourismus."
Im Jemen-Konftikt tritt der Oman laut Diplomaten als "diskreter Vermittler" auf. Er organisiert demnach etwa Treffen mit in Maskat ansässigen Vertretern der Houthi-Rebellen, die im Jemen mit Backing des Iran gegen die von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi kämpfen. Omans Außenminister Busaidi zeigte sich am Montag beim Treffen mit Schallenberg optimistisch, dass es eine Lösung des Jemen-Konflikts geben wird. "Wir müssen bald Gespräche starten. Der Jemen ist instabil. Es ist Zeit, dass sich alle an den Verhandlungstisch setzen."
Ein entscheidender Punkt ist Diplomaten zufolge die Entwicklung rund um Marib. Die jemenitische Stadt und die umliegenden Ölfelder sind die letzte Hochburg der regierungstreuen Truppen im Nordjemen. Die Houthi-Rebellen versuchen seit Monaten, die Stadt einzunehmen. Wenn dort eine Entscheidung gefallen sei und auch die beteiligten "Foreign Fighters" (etwas aus Saudi-Arabien) das Land verlassen hätten, sei eine Lösung am Verhandlungstisch denkbar. Ein Ansatz könnte dabei nach omanischer Interpretation auch eine Machtaufteilung sein. Der seit 2015 tobende Krieg hat bereits Zehntausende Todesopfer gefordert, Millionen Einwohner mussten flüchten. Die Vereinten Nationen stufen die Lage im Jemen als schwerste humanitäre Krise der Welt ein.
Der rund fünf Millionen Einwohner zählende Wüstenstaat selbst erlebte im Jänner 2020 eine Zeitenwende. Omans Sultan Qaboos bin Said war im Jänner des Vorjahrs nach fast 50 Jahren im Amt im Alter von 79 Jahren gestorben. Er nominierte seinen Cousin Haitham bin Tariq al-Said (66) als Nachfolger. Qaboos hatte das Land modernisiert, indem er die Einnahmen aus dem Ölgeschäft unter anderem in die Infrastruktur investierte. Dennoch ist die Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor nach wie vor sehr groß, sie liegt bei rund 70 Prozent der Staatseinnahmen.
Allerdings ist die Finanzlage nicht zuletzt durch den gesunkenen Ölpreis angespannt, die geringe Diversität und die verhältnismäßig hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen vergleichsweise hoch. Diese betrug schon vor der Corona-Krise rund 13 Prozent. Sie soll insbesondere im staatlichen und staatsnahen Sektor durch eine "Omanisierung" der Arbeitsplätze bekämpft werden. Momentan sind am Arbeitsmarkt rund 40 Prozent Ausländer beschäftigt, mehrheitlich aus Bangladesch, Indien, Pakistan und den Philippinen. Bis 2030 möchte der Oman, den Anteil an erneuerbaren Energien auf rund 30 Prozent steigern. Wie in anderen Ländern der Region wird zudem im Rahmen der sogenannten "Vision 2040" neben dem Bau von Solar- und Windkraftanlagen insbesondere auch die Errichtung von Produktionsstätten von Wasserstoff vorangetrieben.
Aus regionalen Konflikten versuchte sich der Oman schon seit Jahrzehnten herauszuhalten. Er schlug sich beispielsweise nicht auf eine Seite der beiden Erzrivalen in der Region, Iran und Saudi-Arabien. Das später von den USA aufgekündigte Wiener Atomabkommen (JCPO) kam auch dank der diplomatischen Bemühungen des Oman zustande. Bezüglich eines Wiederauflebens des Atomdeals zeigte sich Schallenberg auf seiner Reise an den Arabische Golf, die ihn zuvor auch in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Saudi-Arabien geführt hatte, "weniger optimistisch als noch vor einem halben Jahr."
Schallenberg traf am Montag in Maskat auch den "Minister für den Königlichen Hof", General Sultan al-Nu'amani und den Minister für Handel und Industrie, Qais al-Yousef. Zudem besuchte der österreichische Außenminister ein Maritimes Sicherheitszentrum. In der Nacht auf Dienstag war die Rückkehr nach Wien vorgesehen.
Zusammenfassung
- Omans Außenminister Sayyid Badr al-Busaidi tritt für Gespräche mit den radikalislamistischen Taliban in Afghanistan ein.
- Schallenberg lobte die Vermittlerrolle, die der Oman schon längere Zeit im arabischen Raum einnimmt.
- Im Jemen-Konftikt tritt der Oman laut Diplomaten als "diskreter Vermittler" auf.
- Omans Außenminister Busaidi zeigte sich am Montag beim Treffen mit Schallenberg optimistisch, dass es eine Lösung des Jemen-Konflikts geben wird.