Österreich und Dänemark drängen auf Asylzentren außerhalb EU
Dänemark hat in der EU-Migrationspolitik eine Sonderrolle, weil ihm nach dem gescheiterten ersten Referendum über den EU-Vertrag von Maastricht im Jahr 1992 ein "Opt Out" im Bereich der Inneren Sicherheit gewährt wurde. Dies ermöglicht es dem nordischen Land, etwa mit Ruanda Gespräche über die Errichtung von Asylzentren zu führen. Allerdings wird dieser Plan aktuell nicht weiterverfolgt.
Dybvad betonte, dass "eine Reihe von westlichen Staaten" entsprechende Pläne habe. Konkret nannte er Großbritannien, die USA oder auch Australien. Der dänische Minister räumte zugleich ein, dass immer noch "viele Länder skeptisch" seien, "Aber sogar Staaten, die dagegen sind, schauen sich das jetzt an." Deshalb setze man weiterhin auf eine europäische Lösung, sagte der sozialdemokratische Politiker. Sollte es aber "unmöglich sein, etwas auf europäischer Ebene zu machen", werde man sich wieder der Möglichkeit einer bilateralen Vereinbarung mit Ruanda widmen.
Die Bemühungen für eine europäische Lösung werden von Karner unterstützt. Sein Ziel sei es, in den EU-Asyl- und Migrationspakt die Möglichkeit "hineinzuverhandeln", dass Gespräche wie jene Dänemarks mit Ruanda geführt werden können. "Derzeit haben wir nicht die Möglichkeit, weil es im EU-Vertrag nicht vorgesehen ist", sagte Karner in der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem dänischen Kollegen.
Karner äußerte die Hoffnung auf deutliche Fortschritte bei der EU-Innenministertagung am 8. Juni. Er wies darauf hin, dass sich in der Migrationsdiskussion auf EU-Ebene in den vergangenen Monaten "doch einiges bewegt" hat. Konkret nannte er etwa die Vereinbarung, dass der Außengrenzschutz gemeinsam finanziert werden müsse. Auch die Notwendigkeit von schnellen Verfahren an den Außengrenzen sei "fast schon Mainstream". "Genauso ist das Thema mit dem dänischen Weg etwas, das auch intensiver diskutiert und besprochen wird", so Karner mit Blick auf die umstrittenen Asylzentren außerhalb Europas. Dybvad lobte die Unterstützung Österreichs in den Bemühungen für eine Reform der EU-Asylpolitik. "Österreich ist der älteste und stärkste Partner in diesem Kampf auf europäischer Ebene", betonte er.
Dänemark gilt europaweit als Vorzeigeland, was den Kampf gegen illegale Migration betrifft. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies erst diese Woche bei einem Besuch in Kopenhagen auf die strikten Regelungen im Sozialbereich. Karner wiederholte auf die Frage, warum Österreich nicht die dänischen Maßnahmen umsetze, aber lediglich seinen bekannten Forderungskatalog an Brüssel.
Dybvad sagte, dass sein Land von der Verschärfung der Asylpolitik in den Nachbarländern profitiere. Doch "gibt es auch interne Gründe für die niedrigeren (Asylbewerber-)Zahlen", fügte er auf eine entsprechende Frage hinzu. "Es ist nicht sehr attraktiv, nach Dänemark zu kommen", nannte er konkret die hohe Zahl an Außerlandesbringungen abgelehnter Asylbewerber. Dies betrifft auch Länder wie Syrien, in die aktuell gar nicht abgeschoben werden darf. Während Karner von "über 20" Syrern sprach, die im vergangenen halben Jahr freiwillig von Österreich in ihr Heimatland zurückgekehrt sind, berichtete Dybvad von 400 bis 500 freiwilligen Rückkehrern aus Dänemark im vergangenen Jahr.
Einer der Gründe dafür sind finanzielle Anreize. "Wir geben ihnen 5.000 Euro, wenn sie freiwillig zurückkehren, um sich ein Leben aufzubauen", sagte Dybvad. Als weitere Maßnahme, die in Richtung freiwilliger Rückkehr wirke, nannte er die Einschränkung der Bewegungsfreiheit abgelehnter Asylbewerber. Sie müssten sich nämlich in "Rückkehrzentren" aufhalten, solange eine Abschiebung wegen der Sicherheitslage in ihrem Heimatland nicht möglich sei.
Beide Minister zeigten sich interessiert an einer europaweiten Diskussion über die Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Syrien. Dabei soll es aber zunächst nur um bestimmte Regionen gehen, die als sicher angesehen werden. Dybvad nannte konkret die Hauptstadtregion Damaskus. "Das ist eine Diskussion, die sensibel ist", räumte Karner ein.
Nach ihrem Treffen in Wien reisten die beiden an die burgenländisch-ungarische Grenze. Am Grenzübergang Nickelsdorf wollte Karner seinem dänischen Gast am Nachmittag die österreichischen Grenzschutzmaßnahmen zeigen. Karner bekräftigte mit Blick auf das östliche Nachbarland seine Irritation über die Schlepperfreilassungen und wies darauf hin, dass in der gemeinsamen österreichisch-ungarischen "Operation Fox" über 60 Schlepper festgenommen worden seien. Wie das Innenministerium der APA am Abend unter Berufung die ungarische Regierung mitteilte, sind diese entgegen ursprünglichen Informationen nicht freigelassen worden. Karner unterstrich, dass die Kooperation im Kampf gegen Menschenschmuggler weiterhin "unerlässlich" sei.
Auf eine Frage nach dem Vorstoß des ÖVP-Europaabgeordneten Othmar Karas für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland wegen der jüngsten Pushback-Vorwürfe vermied Karner neuerlich direkte Kritik an seinem Parteikollegen, wie sie am Vortag von anderen ÖVP-Spitzenvertretern geübt worden war. Vielmehr bekräftigte er, dass die Vorwürfe von Griechenland und der EU-Kommission untersucht werden müssten und das auch passiere. "Das halte ich für den richtigen Weg", sagte Karner.
Zusammenfassung
- Dies betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Freitag nach einem Treffen mit dem dänischen Migrationsminister Kaare Dybvad Bek in Wien mit Blick auf die aktuellen Gespräche über den EU-Asyl- und Migrationspakt.
- Dybvad sagte, dass sein Land ebenfalls eine europäische Lösung präferiere.
- Am Grenzübergang Nickelsdorf wollte Karner seinem dänischen Gast am Nachmittag die österreichischen Grenzschutzmaßnahmen zeigen.