Assad-Sturz: Alle laufenden Asylverfahren von Syrern gestoppt
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) damit beauftragt, die laufenden Asylverfahren von syrischen Staatsbürger:innen auszusetzen beziehungsweise alle Asylgewährungen zu überprüfen. Das teilte das Innenministerium auf Anfrage von PULS 24 mit.
„In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten“, sagt Innenminister Gerhard Karner. Gleichzeitig wird auch der Familiennachzug ausgesetzt.
-
Mehr lesen. Assad und Familie bekamen "Asyl" in Moskau
Betroffen sind laut dem Innenministerium in erster Instanz rund 7300 offene Verfahren. Eine "Neubewertung des Lagebilds" in Syrien sei für die weitere Bearbeitung der Fälle notwendig.
Syrien eines der Haupt-Herkunftsländer
Syrien ist eines der Haupt-Herkunftsländer von Geflüchteten - nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Auch bei der Flüchtlingsbewegung 2015 machten Syrer:innen einen großen Teil jener Menschen aus, die hierzulande Schutz suchten.
Viele von ihnen haben volles Asyl erhalten und nicht nur subsidiären Schutz, erklärt Judith Kohlenberger, Migrationsexpertin von der WU Wien. "Die Schutzquote unter Syrern war auch in den letzten Jahren sehr hoch."
Rückführungen nach Syrien?
Nach dem Sturz des Assad-Regimes wird sich die Debatte um Rückführungen nun verschärfen, ist sich Kohlenberger sicher.
Zentral sei dabei die Frage, ob Syrien ein sicheres Herkunftsland ist oder nicht. "Derzeit, wir sehen ja auch gerade die Bilder, wohl nicht. Aber man wird abwarten."
Es gehe etwa um Menschen, die in den letzten fünf Jahren Asyl oder subsidiären Schutz in Österreich erhalten und sich dabei auf die Argumentation auf die Verfolgung durch das Assad-Regime berufen haben.
-
Mehr lesen: Assad gestürzt: Rund 30.000 Syrer feiern in Wien
In diesem Fall bestünde "natürlich" die Möglichkeit, dass Schutzgründe wegfallen und es zu einem Aberkennungsverfahren kommt, so Kohlenberger. Sofern dieses Verfahren negativ ausgeht, müssten die Menschen wieder zurückkehren. Das sei jedoch "alles nur hypothetisch gesprochen und hängt ganz stark, wie gesagt, von den Entwicklungen der nächsten Tage und Wochen ab".
Video: Asyl-Debatte um Syrien könnte sich verschärfen
Außenministerium: "EU-Politik gegenüber Syrien neu bewerten"
Vom Außenministerium hieß es am Sonntag, derzeit sei "alles im Fluss". Es gelte abzuwarten, "bis sich der Stau gelegt hat". Man beobachte die Situation "sehr genau".
"Die aktuellen Entwicklungen bestärken uns in der Forderung, dass wir unsere EU-Politik gegenüber Syrien neu bewerten müssen. Das muss auch beim nächsten Rat der EU-Außenminister auf der Tagesordnung stehen."
Es brauche eine "realistische und pragmatische Diskussion ohne Scheuklappen." Oberstes Ziel müsse sein, dass die syrische Zivilbevölkerung "wieder Perspektiven vor Ort hat und eine Rückkehr Geflüchteter möglich ist."
Keine Unterstützung zu erwarten
Laut Migrations-Expertin Kohlenberger, sei zum jetzigen Zeitpunkt auch unklar, wie viele neue Flüchtlinge nach der Entmachtung von Bashar al-Assad nach Österreich kommen. Die Situation sei eine andere als 2015, Europa könne nicht mehr "auf diese große Unterstützung, beispielsweise der Türkei" zählen. Diese hatte zu Spitzenzeiten fast vier Millionen syrische Geflüchtete aufgenommen.
Nun befänden sich allerdings der Libanon, Jordanien oder die Türkei, die in der Vergangenheit einen Großteil der Flüchtlinge aufgenommen haben, entweder selbst in einer instabilen Situation oder hätten "starke antisyrische Ressentiments herausgebildet". Ob Geflüchtete dort bleiben können, sei deshalb fraglich.
Ein anderer Punkt, sei, ob sich die Menschen eine Flucht überhaupt noch finanziell leisten können und Zugang zu Transportmöglichkeiten haben. Auch wenn die Absicht bestehe, zu fliehen, könnten viele Menschen das gar nicht in die Tat umsetzen.
"Derzeit wirkt es so, es würden die meisten Menschen noch abwarten, wie sich die Situation entwickelt."
Zusammenfassung
- Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad stellt sich vielen die Frage, ob Geflüchtete nun in ihr Heimatland zurückkehren können.
- Wie am Montag bekannt wurde, sollen alle laufenden Asylverfahren von Syrer:innen ausgesetzt werden.