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Österreich nimmt ukrainische Flüchtlinge auf: Kleine Quartiere und Privatpersonen gefragt

Österreich bereitet sich auf die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge vor. Die Gemeinden und Städte haben heute einhellig ihre Bereitschaft dazu erklärt. In den Ländern tagen Krisenstäbe und in den Bundesbetreuungseinrichtungen Asylsuchende in kleinere Quartiere verlegt, um in den großen Häusern Kapazitäten frei zu bekommen.

Wien bereitet ein Ankunftszentrum vor. Zudem wurde von der Bundesbetreuungsagentur (BBU) eine Plattform geschaffen, über die Privatpersonen Schlafplätze für Flüchtlinge aus der Ukraine anbieten können. Über nachbarschaftsquartier@bbu.gv.at können Private kundtun, für wie viele Menschen Platz für eine Unterkunft zur Verfügung wäre. Diese Quartierplätze gehen quasi ins normale Kontingent über. Bund und Länder verteilen die Flüchtlinge dann koordiniert.

Wie ein Sprecher der BBU auf APA-Anfrage betonte, schaue man, Platz für möglichst viele Menschen zu schaffen. Konkretere Angaben vermied er. Derzeit sei jedenfalls in den Bundesbetreuungseinrichtungen - die bekanntesten davon sind die Erstaufnahmezentren Traiskirchen und Thalham - Platz zur Verfügung. Noch heute, Montag, wird es weitere Gespräche mit NGOs und Blaulicht-Organisationen geben.

Vorbereitungen getroffen werden auch in den Bundesländern. Das Land Salzburg hat zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine Ende der Vorwoche einen Planungsstab eingerichtet, dem unter Federführung der Sozialabteilung Vertreter des Militärkommandos, des Roten Kreuzes und der Katastrophenabteilung des Landes angehören.

Salzburg

Derzeit geht man im Bundesland Salzburg von bis zu 5.000 Flüchtlingen aus. Daher werden aktuell alle möglichen Unterkünfte geprüft, das reicht von bereits bestehenden Quartieren bis zu Containerunterkünften. Ein Teil jener Unterkünfte, die bei der Flüchtlingswelle 2015 genutzt wurden, stehen inzwischen nicht mehr zur Verfügung, sagte Gerhard Feichtner, der in Schellhorns Büro für die Grundversorgung zuständig ist. Als echtes Notquartier könnten auch relativ kurzfristig Messehallen in Salzburg zur ersten Unterbringung von Kriegsflüchtlingen verwendet werden, so Feichtner.

Kärnten

Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit. Unter anderem erfolgt durch das Land eine Wohnungsleerstandsmeldung bei der Landeswohnbau Kärnten und anderen gemeinnützigen Wohnbauträgern. Aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Sara Schaar (SPÖ) hieß es auf APA-Anfrage, da Kärnten seine Unterbringungsquote seit Monaten zu annähernd 100 Prozent erfülle, gebe es derzeit in den Landesquartieren kaum Kapazitäten im Rahmen der Grundversorgung. Deshalb würden aktuell zusätzliche Vorhaltekapazitäten eruiert. Ob die Notwendigkeit des Öffnens von Notunterkünften wie Turnsäle oder Feuerwehrhäuser bestehe, hängt von der Entscheidung der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates ab.

Oberösterreich

In Oberösterreich beraten am frühen Nachmittag Bundesheer, Polizei, Rotes Kreuz, Arbeitersamariterbund, Freiwillige Feuerwehr sowie Caritas und Volkshilfe mit LH Thomas Stelzer und Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (beide ÖVP) in einer Videokonferenz, wie man die Aufnahme von Flüchtlingen am besten koordiniert. Kurzfristig könne man jedenfalls 1.000 Personen aufnehmen, hieß es aus dem Büro Hattmannsdorfer. Wo diese untergebracht werden können, ist noch offen. Zu Beginn der Flüchtlingswelle 2015 war in Oberösterreich u.a. ein großes Notquartier im ehemaligen Postverteilzentrum am Linzer Hauptbahnhof eingerichtet. Dieses Gebäude gibt es nach wie vor, ob es wieder reaktiviert wird, ist aber offen.

Wien

In der Bundeshauptstadt Wien wird ein Ankunftszentrum für geflüchtete Menschen eingerichtet. Das haben Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) am Montag bekanntgegeben. Umgesetzt wird die Anlaufstelle in der "Sport & Fun Halle Leopoldstadt" in der Engerthstraße. Dort soll zusätzlich zur Beratung auch eine medizinische und psychosoziale Betreuung angeboten werden.

"Wiens Stadtregierung sagte den Menschen in der Ukraine von Beginn an rasche Hilfe zu. Und diese Hilfe wollen wir weiter verstärken: sowohl vor Ort, indem wir Hilfsorganisationen finanziell unterstützen, als auch für jene, die aus dem Land flüchten müssen und nach Wien kommen", erklärte Ludwig in einer Aussendung. Die völkerrechtliche Neutralität sei ein Fundament Österreichs, aber "Wien ist nicht neutral, wenn es um Menschlichkeit geht", betonten Ludwig und Wiederkehr. Man habe auch gleich nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine erste Hilfslieferungen von medizinischem Material losgeschickt.

Wien, so wurde angekündigt, werde auch weitere finanzielle Hilfe leisten. So wird vorerst ein Betrag von 429.020 Euro zur Verfügung gestellt. Abgewickelt werde dies über die Austrian Development Agency (ADA), die mit dem Geld wiederum das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und österreichische Nichtregierungsorganisationen beauftrage, um Hilfe vor Ort zu leisten, hieß es.

Auch die Kapazitäten der Wiener Flüchtlingsunterkünfte werden bereits evaluiert. Wie im Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf APA-Anfrage am Montag mitgeteilt wurde, gibt es in den Einrichtungen der Grundversorgung noch Platz für rund 300 Personen. Geprüft wird zudem, welche Quartiere darüber hinaus verfügbar sind.

Aus dem Büro der steirischen Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) hieß es am Montag, dass die Steiermark zu ihrer humanitären Verantwortung stehe: "Grundsätzlich ist zwar für die Erstaufnahme von Flüchtlingen der Bund und das Innenministerium zuständig, aber auch in der Steiermark sind die Vorbereitungen für die Ankunft von Ukrainerinnen und Ukrainern angelaufen. Dazu stehen wir in ständigem Austausch mit dem Innenministerium, dem Roten Kreuz und der Caritas", so Kampus. Der Landeskoordinationsausschuss ist von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) für Mittwoch einberufen worden, um die weitere Vorgangsweise zu beraten. Man gehe davon aus, "dass Österreich und die Steiermark nicht das Hauptziel der Flüchtenden sein werden. Wir bereiten uns dennoch gut auf alle Eventualitäten vor."

Tirol zurückhaltend

Im Büro von Tirols Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) zeigte man sich vorerst zurückhaltend. Wie viele Personen in Österreich oder in Tirol aufgenommen werden, welche Quartiere zu Verfügung stünden und wie die rechtlichen Bedingungen sein werden, sei gerade "Thema interner Abstimmungen auf Bundesebene", hieße es auf APA-Anfrage. Unabhängig vom Ukraine-Krieg seien die Tiroler Sozialen Dienste (TSD) im Auftrag der Landesregierung aber laufend dabei, die "jeweils notwendigen Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen im Rahmen der Grundversorgung zu planen und anzupassen". Dazu gehöre auch eine gewisse "Vorhaltekapazität", um im Ernstfall sehr rasch Menschen aufnehmen zu können. Sollte klarwerden, dass Menschen aus der Ukraine bis nach Österreich flüchten, würden zusätzliche Kapazitäten aufgebaut bzw. genutzt werden, wurde betont.

ribbon Zusammenfassung
  • Österreich bereitet sich auf die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge vor. In den Ländern tagen Krisenstäbe und in den Bundesbetreuungseinrichtungen Asylsuchende in kleinere Quartiere verlegt, um in den großen Häusern Kapazitäten frei zu bekommen.
  • Wien bereitet ein Ankunftszentrum vor. Zudem wurde von der Bundesbetreuungsagentur (BBU) eine Plattform geschaffen, über die Privatpersonen Schlafplätze für Flüchtlinge aus der Ukraine anbieten können.
  • Über nachbarschaftshilfe@bbu.gv.at können Private kundtun, für wie viele Menschen Platz für eine Unterkunft zur Verfügung wäre. Diese Quartierplätze gehen quasi ins normale Kontingent über. Bund und Länder verteilen die Flüchtlinge dann koordiniert.
  • Wie ein Sprecher der BBU auf APA-Anfrage betonte, schaue man, Platz für möglichst viele Menschen zu schaffen. Konkretere Angaben vermied er.
  • Derzeit sei jedenfalls in den Bundesbetreuungseinrichtungen - die bekanntesten davon sind die Erstaufnahmezentren Traiskirchen und Thalham - Platz zur Verfügung.
  • Noch heute, Montag, wird es weitere Gespräche mit NGOs und Blaulicht-Organisationen geben.