Nutzen von Putin-Anschlag ist "fraglich", meint Ex-Botschafter Scherba
Für den ehemaligen ukrainischen Botschafter in Wien, Olexander Scherba, sah der Angriff auf den Kreml nach "einem Sabotageakt" aus dem Inneren Russlands aus. Diese Theorie vertrat auch Militärexperte Gerald Karner im PULS 24 Interview. Einen politischen Effekt eines solchen Manövers stellt er jedoch infrage: "Ob das nützt, so ein Anschlag auf Putin - der sich sonst irgendwo befindet - ist fraglich", meinte er.
Für den Völkerrechtsexperten Ralph Janik ist die ganze Aktion schwer einzuordnen. Eine sogenannte False-Flag-Operation - also einen russischen Angriff auf sich selbst, um eine weitere Eskalation des Krieges zu rechtfertigen, hält Janik für unwahrscheinlich. "Russland braucht das alles nicht", so der Völkerrechtsexperte. Denn Russland finde ohnehin immer einen Grund, um die Situation zu eskalieren.
Völkerrechtlich wäre der Angriff legitim
Obwohl der Krieg auf dem Gebiet der Ukraine stattfindet, wäre ein Angriff auf Ziele in Russland rein rechtlich möglich, wie Janik erklärt. Russland sei Kriegspartei und militärische Ziele seien damit auch auf russischem Gebiet "legitime Angriffsziele".
Das gelte auch für Soldaten, militärische Infrastruktur und sogar den Präsidenten - wenn dieser in die militärische Befehlskette eingebunden sei oder durch die Verfassung zum Oberbefehlshaber der Armee gemacht werde.
Theoretisch könnte jedes Land, das die Ukraine unterstützt, Russland auch selbst angreifen. Das passiere laut Janik aber nicht, weil niemand selbst zur Kriegspartei werden wolle.
Putin vor Gericht?
Der Internationale Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag hatte bereits kurz nach der russischen Invasion Ermittlungen eingeleitet und auch im März einen internationalen Haftbefehl gegen Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen. Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass Putin tatsächlich auch nach Den Haag vor das Gericht gebracht werde.
"Natürlich hätten wir alle heute lieber einen anderen Wladimir hier in Den Haag gesehen", sagte er zu Beginn seiner Rede und verwies damit auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Selenskyjs Vorname ist die ukrainische Form des Namens.
Olexander Scherba glaubt aber nicht so schnell daran, Putin auf der Anklagebank zu sehen. Dafür sei nötig, dass "sein eigenes Land, Russland, ihn ausliefert". "Ich halte das heute für unmöglich", meinte Scherba. Er fügte aber hinzu, dass sich das in Zukunft "rasant" ändern könne.
Zusammenfassung
- Der Drohnenangriff auf den Kreml sorgt weiterhin für Spekulationen. Ist es eine Sabotage aus dem Inland oder sucht Putin gar einen weiteren Grund, den Krieg zu eskalieren?
- Dazu waren im Newsroom LIVE der ehemalige ukrainische Botschafter Olexander Scherba und Völkerrechtsexperte Ralph Janik zu Gast.