NEOS-Kritik an Blindflug bei Sonderpädagogen
Die erwarteten Zahlen an Lehramtsabsolventinnen und -absolventen mit einer Spezialisierung auf Inklusion wären theoretisch hoch genug, um den Bedarf zu decken, betont Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre im Gespräch mit der APA. Sie verweist dabei auf Zahlen aus der aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP).
Laut Bedarfsprognose gibt es bis 2030 voraussichtlich jedes Jahr einen Einstellungsbedarf zwischen knapp 1.400 (2023) und rund 1.000 (2030) Lehrpersonen-Wochenstunden. Bei Vollbeschäftigung (Unterrichtsverpflichtung von 24 Stunden) würden damit rein rechnerisch jährlich zwischen 42 und 58 neue Köpfe benötigt, wobei dabei noch nicht der zunehmende Trend zur Teilzeit berücksichtigt ist.
Demgegenüber werden 2023 im Volksschulbereich 240 bis 250 Bachelorabschlüsse von Lehrerinnen und Lehrern mit Fokus auf Inklusive Pädagogik erwartet, dazu 60 bis 70 Masterabsolventinnen und -absolventen. Insgesamt hat derzeit etwa jeder zehnte Lehramtsstudierende (sowohl im Volksschulbereich als auch den anderen Schularten) einen Ausbildungsschwerpunkt auf Inklusiv- und Sonderpädagogik gewählt.
"Die Frage ist aber, ob die Spezialisierung eine ausreichende Ausbildung ist, ob die Absolvent:innen wirklich in den Inklusions- und Sonderschulbereich gehen, wie lange sie dort bleiben und warum sie in ein anderes Feld wechseln", so Künsberg Sarre. Das werde vom Bildungsministerium aber offensichtlich nicht erhoben. "Die Schulen müssen einen Haufen unnötiger Daten erheben. Aber das, was man für eine effiziente Steuerung bräuchte, fehlt."
Tatsächlich ist im Vergleich zur früheren Sonderschullehrer-Ausbildung schwerer abschätzbar, wie viele Absolventen tatsächlich dem Bereich Sonderpädagogik zur Verfügung stehen werden. Seit der Ausbildungsreform werden Lehrer nämlich nicht mehr für bestimmte Schularten qualifiziert. Stattdessen können sich Volksschullehrer auf "Inklusive Pädagogik" spezialisieren und Lehrer der Sekundarstufe anstelle eines zweiten Unterrichtsfachs eine Vertiefung in "Inklusiver Pädagogik" wählen - in beiden Fällen meist mit dem Schwerpunkt auf Behinderungen. Die Ausbildung dauert dabei mit fünfeinhalb bzw. sechs Jahren deutlich länger als früher. Die Lehrergewerkschaft hat deshalb - auch mit Verweis darauf, dass immer mehr Schüler sonderpädagogische Unterstützung brauchen - wiederholt die Wiedereinführung einer eigenen Ausbildung gefordert.
Dem schließen sich die NEOS nicht an, Inklusion müsse eine Basisausbildung sein und dürfe nicht zur Wahl stehen. Für bestehende Pädagoginnen und Pädagogen brauche es Fort- und Weiterbildungen, vergleichbar mit verpflichtenden Fortbildungen zu Deutsch als Zweitsprache. Darüber hinaus wäre ein Quereinstieg aus anderen Berufen, die mit Kindern mit Behinderung arbeiten, "sicherlich denkbar und sinnvoll", so Künsberg Sarre. Der Quereinsteiger-Lehrgang müsse aber eine entsprechend hohe Qualität haben.
Zusammenfassung
- Die Sonderpädagogik gehört zu einem jener Bereiche, die schon länger mit einem Lehrermangel zu kämpfen haben.
- Zuletzt hat sich dieser weiter verschärft - Lehrervertreter haben deshalb immer wieder gefordert, wieder eine eigene Ausbildung für diesen Bereich zu schaffen.
- Seit der neuen Lehrerausbildung 2015 gibt es stattdessen einen Schwerpunkt Inklusion.
- Die Ausbildung dauert dabei mit fünfeinhalb bzw. sechs Jahren deutlich länger als früher.