Beate Meinl-Reisinger: "'Koste es, was es wolle' fällt uns allen am Schädel"

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger spricht im PULS 24 Sommergespräch mit Bianca Ambros und Stefan Kaltenbrunner über den Krieg in der Ukraine und die Teuerung. Sie wäre bereit für einen NATO-Beitritt, Österreich aber nicht, sagt sie. Auch Energieversorger sollen einen Beitrag gegen die Teuerung leisten.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger will eine neue Sicherheitsdoktrin für Österreich. Der Grund: Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine. "Neutralität schützt nicht. Und da sind wir die einzigen, die den Österreicher:innen reinen Wein einschenken", sagt sie im PULS 24 Sommergespräch.

Für die Oppositionspolitikerin käme sogar ein NATO-Beitritt Österreichs in Frage: "Wir haben immer gesagt, wir sind offen für einen NATO-Beitritt". Sie merkt aber an: "Aber Österreich wäre nicht bereit für einen NATO-Beitritt – so ehrlich muss man auch sein".

Bundesheer nicht "fit und proper"

Das Bundesheer sei nicht "fit und proper". Auch angesichts einer möglichen Wiederwahl Donald Trumps in den USA würde sich die NEOS-Chefin aber für eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik mit einer Einsatzgruppe mit österreichsicher Beteiligung einsetzen.

Sie habe drei Kinder - auch sie spüre daher beim Einkaufen die Teuerung, erklärt sie. Die Teuerung sei ebenfalls eine Folge des Ukraine-Kriegs. Seit 2014, seit der Annexion der Krim, sei es "besonders verwerflich", dass Österreich "in so einem Ausmaß von Russland abhängig ist". Putin nutze nun den Gashahn als Kriegsinstrument. Das tue er auch mit Weizen und riskiere damit Hungersnöte in Afrika und Asien, sagt Beate Meinl-Reisinger. Man müsse aber Putin verantwortlich machen und nicht der Ukraine sagen, sie solle aufhören zu kämpfen. "Viele haben noch nicht verstanden, dass wir als Europa diesen Krieg gewinnen müssen, um weitere blutige Kriege zu vermeiden".

"Eine Wand an Preissteigerungen"

Für den Herbst stellt die Politikerin düstere Prognosen auf: Das Gas könnte knapp werden - es könnte "eine Wand an Preissteigerungen" auf uns zu kommen. Der Regierung wirft sie vor, sich nicht ausreichend vorzubereiten. Man würde keine alternative Gasquellen suchen und die Inflation nicht ausreichend abfedern. Mit "koste es, was es wolle" habe man die Inflation sogar noch zusätzlich angeheizt. Das falle uns nun "am Schädel", so die NEOS-Chefin. 

Angesichts der Preissteigerungen "müssen wir zusammenhalten. Da muss jeder seinen Beitrag leisten. Und zwar mit jedem mein ich auch die Energieversorger", sagt sie. Auch der Staat, Mieter:innen und Vermieter:innen würden mehr zahlen müssen. 

Preisdeckel hält sie hingegen für nicht sinnvoll - außer beim russischen Unternehmen Gazprom. Ebenfalls wenig hält sie von der Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, wie von der SPÖ gefordert. Die Sozialdemokratie sei bekannt dafür, Maßnahmen zu fordern, die den Steuerzahler:innen und der nächsten Generation "erstens mal viel Geld kosten" und super klingen, aber "nichts bringen" würden, so die NEOS-Chefin. Die Handelsketten hätten die Teuerung teils noch nicht an die Kunden weitergegeben - fällt die Mehrwertsteuer, würden sie die Preise erhöhen. 

Entlastungen mit "Gießkanne" und "von oben herab"

An den Maßnahmen der Regierung kritisiert die Politikerin, dass die kalte Progression erst 2023 abgeschafft werden soll und die Hilfszahlungen mit der "Gießkanne" ausgeschüttet werden. Gutscheine empfindet sie außerdem als Maßnahme "von oben herab".  Die "Gutschein-Politik" diene nur dazu, dass Politiker "ihr Bild drauf kleben können". 

Man müsse gezielt die ärmsten Haushalte entlasten, es brauche "ordentliche Lohnabschlüsse", die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden, fordert Meinl-Reisinger. In Kombination mit einer öko-sozialen Steuerreform mit einem CO2-Preis könne sie sich auch Erbschaftssteuern vorstellen. Auch der Staat müsse aber sparen.

Eine Energiespar-Kampagne, wie von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) für Herbst angekündigt, koste viel, brauche es aber nicht. Die Menschen würden wissen, wo sie sparen müssen. Wenn die Gaspreise steigen, würden Unternehmen von alleine Alternativen suchen. Es brauche aber schnellere Verfahren beim Ausbau von erneuerbaren Energien. Die mögliche Reaktivierung eines Kohlekraftwerks hält Meinl-Reisinger "nicht für den besten aller Wege". 

"Bluthund"-Rhetorik bei der FPÖ

Bezüglich vorgezogener Neuwahlen will die NEOS-Chefin nicht "noch mehr Chaos hineinbringen". Die Regierung müsse sich aber die Frage stellen, ob sie weitermachen könne. Die NEOS seien jedenfalls bereit.

Die ÖVP in der Opposition wäre gut, weil Demut verloren gegangen sei, sagt sie. Ex-Kanzler Sebastian Kurz habe die Institutionen angegriffen und die Demokratie untergaben. Mit dem Politik-Stil der FPÖ könne sie ebenfalls nichts anfangen - sie kritisiert die "Bluthund"-Rhetorik. 

Und was Corona angeht, wünscht sich die NEOS-Politikerin eine Abwägung zwischen Eigenverantwortung und einer Politik, die "das ernst nimmt". Die Regierung aber würde von Pressekonferenz zu Pressekonferenz stolpern und "eigentlich keinen Plan" haben.

Das PULS 24 Sommergespräch 2022 mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Donnerstag, 7. Juli, um 20:15 Uhr auf PULS 4 und in der ZAPPN App.

ribbon Zusammenfassung
  • NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger spricht im PULS 24 Sommergespräch mit Bianca Ambros und Stefan Kaltenbrunner über den Krieg in der Ukraine und die Teuerung.
  • Sie wäre bereit für einen NATO-Beitritt, Österreich aber nicht, sagt sie.
  • Angesichts der Preissteigerungen "müssen wir zusammenhalten. Da muss jeder seinen Beitrag leisten. Und zwar mit jedem mein ich auch die Energieversorger", sagt sie.