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Nehammer: Migrationsbekämpfung wird "viel Geld kosten"

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat seine ablehnende Haltung gegenüber einem höheren EU-Budget bekräftigt, sieht aber zugleich einen massiven Finanzbedarf im Kampf gegen illegale Migration.

"Es heißt auch, es würde viel Geld kosten", sagte Nehammer am Mittwoch im EU-Hauptausschusses des Parlaments mit Blick auf Außengrenzschutz, Verfahrenszentren und Rückführungsabkommen. Dies sei aber "mit Sicherheit eine besser investierte Summe als das Geld, das wir sonst ausgeben."

Nehammer äußerte sich im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag, bei dem es seinen Angaben zufolge um die Ukraine, die illegale Migration sowie die Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehen wird. In seinem Eingangsstatement bekräftigte er diesbezüglich seine politischen Positionen, lobte die jüngste Vereinbarung der EU-Innenminister auf ein Asyl- und Migrationspaket und drängte darauf, dieses nun konkret umzusetzen, etwa durch Vereinbarungen mit nordafrikanischen Staaten über Verfahrenszentren.

"Das Geschäftsmodell der organisierten Kriminalität ist in der Sekunde erloschen, wenn das Asylverfahren in Drittstaaten das zentrale Verfahren wird", betonte er.

Gegen schnellen Ukraine-Beitritt

Der ÖVP-Chef wandte sich gegen "Fast-Track"-Beitrittsgespräche mit der Ukraine und betonte, dass er bei den militärischen Beschlüssen für die Ukraine eine explizite Berücksichtigung der österreichischen Neutralität in die Gipfelschlussfolgerungen hineinreklamiert habe. "Die Ukraine unterstützen wir weiterhin in jenen Bereichen, wo uns dies als neutrales Land möglich ist", sagte er. Mit 150 Millionen Euro habe Österreich pro Kopf so viel humanitäre Hilfe für die Ukraine geleistet wie kein anderes Land.

Mehrere Abgeordnete sprachen in der Debatte, die jüngste Festlegung Nehammers an, der von der EU-Kommission gewünschten Erhöhung des EU-Budgets nicht zustimmen zu wollen.

Kritik von Opposition und Grünen

SPÖ-Abgeordnete Eva-Maria Holzleitner bezeichnete die ins Spiel gebrachten Umschichtungen innerhalb des EU-Budgets als "höchst problematisch", weil davon auch von Österreich eingebrachte Projekte betroffen wären. NEOS-Mandatar Niki Scherak wertete es als "amüsant", dass gerade jene Regierung, die in Österreich "das Füllhorn auspackt und alle Menschen sehr intensiv mit Geld bewirft", nun auf EU-Ebene sehr zurückhaltend sein möchte.

Widerspruch kam auch vom Koalitionspartner. Nehammer würde "jetzt eine Position beziehen, von der man weiß, dass sie sich nicht ausgeht, um sich dann von der FPÖ Wortbruch vorwerfen zu lassen", sagte Grün-Mandatar Jakob Schwarz. Ähnlich äußerte sich auch sein Klubkollege Michel Reimon. "Der Bundeskanzler wird am Schluss nicht umfallen. Er hat eine ganz klare Verhandlungsposition, von der er weiß, dass er sie am Ende nicht halten kann."

Dagegen bezeichnete FPÖ-Abgeordnete Petra Steger die zusätzlichen Finanzforderungen der Kommission als "gewaltige Unverschämtheit" und kritisierte insbesondere die zusätzlichen Milliarden für die Ukraine. Diesbezüglich äußerte sie sogar die Befürchtung, dass das Geld "in den Sold von Soldaten" gehen würde, was "klar neutralitätswidrig" wäre. Steger untermauerte ihre Position mit einem Antrag, der Nehammer zu einem Nein auf höhere EU-Beitragszahlungen festlegen sollte. Dieser wurde ebenso abgelehnt wie zwei weitere Anträge, gegen den 500 Millionen Euro schweren Fonds für Munitionslieferungen an die Ukraine sowie ein Antrag gegen die im EU-Asyl- und Migrationspaket vorgesehenen Verteilungsquoten und "Zwangszahlungen" für Staaten, die keine Migranten aufnehmen. Genauso wie beim EU-Budget sei die ÖVP auch in dieser Frage "umgefallen", kritisierte sie.

Nehammer will Vorschläge von EU

Nehammer äußerte in der Debatte kein kategorisches Nein zu einem höheren EU-Budget. Er verteidigte aber seine Position, dass er "hier jetzt keiner Erhöhung zustimmen" werde und verwies darauf, dass noch 400 Milliarden EU im EU-Kohäsionsfonds sowie 80 Milliarden Euro im Darlehensfonds liegen würden. Die EU-Kommission solle diesbezüglich "konstruktive Vorschläge unterbreiten". "Wir sind Nettozahler, wir haben die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu vertreten", betonte der ÖVP-Chef.

FPÖ will in Gas-Verträgen bleiben

Steger und ihr Klubkollege Axel Kassegger brachten auch zwei Mal das Thema des im kommenden Jahr auslaufenden russisch-ukrainischen Gas-Transitvertrags auf. Angesichts der Weigerung Kiews, diesen Vertrag zu verlängern, schlug Kassegger vor, die EU-Zahlungen an die Ukraine als Druckmittel einzusetzen. Wenn nämlich kein russisches Gas mehr über die Druschba-Pipeline komme, "wird es kalt für die europäischen Haushalte", sagte der FPÖ-Mandatar.

"Es ist unklug, einer Kriegsnation wie der Russischen Föderation zu signalisieren, dass wir ohne sie nicht überlebensfähig sind", gab Nehammer den FPÖ-Abgeordneten zurück. Er plädierte dafür, zunächst noch mehr Informationen zu sammeln, um sich dann eine Strategie zu überlegen, wie man in dieser Frage auf die Ukraine einwirken kann. Zugleich hob er die Erfolge bei der Diversifizierung der Gasversorgung hervor.

So seien im Vorjahr die Speicher gefüllt worden, obwohl nur 30 Prozent des russisches Gases geflossen sei. Nehammer berichtete, dass Russland auch durch Überlieferungen versucht habe, Druck auszuüben, weil die OMV dann wegen fehlender Kapazitäten das Gas günstiger habe loswerden müssen. Der Kanzler bekräftigte die Absicht zur Prüfung von rechtlichen Schritten, "wie man aus dieser langjährigen Verbindung aussteigen kann".

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat seine ablehnende Haltung gegenüber einem höheren EU-Budget bekräftigt, sieht aber zugleich einen massiven Finanzbedarf im Kampf gegen illegale Migration.
  • "Es heißt auch, es würde viel Geld kosten", sagte Nehammer am Mittwoch im EU-Hauptausschusses des Parlaments mit Blick auf Außengrenzschutz, Verfahrenszentren und Rückführungsabkommen.
  • Ähnlich äußerte sich auch sein Klubkollege Michel Reimon.